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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.

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Siebentes Buch.
auch das zuweilen geschehen ist. Ein Beispiel bei Laurent Etudes sur l'hist. de
l'humanite XI.
380.

486.

Daraus, daß die Parteien die Vorschläge des Vermittlers annehmen,
folgt nicht seine Gewährleistung der Uebereinkunft.

Die Gewährleistung des Vermittlers setzt einen besondern Garantievertrag
voraus. Vgl. § 430 f.

487.

Auch wenn eine Vermittlung angenommen worden ist, besteht kein
rechtliches Hinderniß für die Parteien, unmittelbar zu verhandeln und sich
unter einander zu vereinbaren.

Die Vermittlung tritt nur hinzu, um die Verständigung der Parteien zu
befördern. Sie darf nicht zum Hinderniß dieser werden. Der Vermittler
kann sich nur dann über Mißachtung seiner Vermittlung beschweren, wenn er durch
die Parteien getäuscht wird oder ihm die Erfolge der unmittelbaren Verständigung
verheimlicht werden. Denn als anerkannter Vermittler hat er einen berechtigten
Anspruch auf das Vertrauen der Parteien, so lange er sein übernommenes
Amt unparteiisch und mit Um- und Einsicht verwaltet.


4. Schiedsrichterliches Verfahren.
488.

Die streitenden Parteien können auch die Erledigung ihres Streits
einem Schiedsgericht übertragen.

1. Ist der Rechtsgrundsatz nicht streitig, aber eine Thatfrage bestritten, auf
welche jener Grundsatz Anwendung findet, so nennt man das arbitratio. Z. B. Die
Entschädigungsflicht wird anerkannt, aber das Maß des wirklich eingetretenen Scha-
dens und daher das Maß der Entschädigung ist streitig. Zu derartigen Schieds-
gerichten eignen sich dann gewöhnlich sachverständige Schätzer. Das Verfahren wird
daher zum Schätzungsverfahren.

2. Wenn dagegen das Recht selber streitig ist, also z. B. die Entschädigungs-

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auch das zuweilen geſchehen iſt. Ein Beiſpiel bei Laurent Études sur l’hist. de
l’humanité XI.
380.

486.

Daraus, daß die Parteien die Vorſchläge des Vermittlers annehmen,
folgt nicht ſeine Gewährleiſtung der Uebereinkunft.

Die Gewährleiſtung des Vermittlers ſetzt einen beſondern Garantievertrag
voraus. Vgl. § 430 f.

487.

Auch wenn eine Vermittlung angenommen worden iſt, beſteht kein
rechtliches Hinderniß für die Parteien, unmittelbar zu verhandeln und ſich
unter einander zu vereinbaren.

Die Vermittlung tritt nur hinzu, um die Verſtändigung der Parteien zu
befördern. Sie darf nicht zum Hinderniß dieſer werden. Der Vermittler
kann ſich nur dann über Mißachtung ſeiner Vermittlung beſchweren, wenn er durch
die Parteien getäuſcht wird oder ihm die Erfolge der unmittelbaren Verſtändigung
verheimlicht werden. Denn als anerkannter Vermittler hat er einen berechtigten
Anſpruch auf das Vertrauen der Parteien, ſo lange er ſein übernommenes
Amt unparteiiſch und mit Um- und Einſicht verwaltet.


4. Schiedsrichterliches Verfahren.
488.

Die ſtreitenden Parteien können auch die Erledigung ihres Streits
einem Schiedsgericht übertragen.

1. Iſt der Rechtsgrundſatz nicht ſtreitig, aber eine Thatfrage beſtritten, auf
welche jener Grundſatz Anwendung findet, ſo nennt man das arbitratio. Z. B. Die
Entſchädigungsflicht wird anerkannt, aber das Maß des wirklich eingetretenen Scha-
dens und daher das Maß der Entſchädigung iſt ſtreitig. Zu derartigen Schieds-
gerichten eignen ſich dann gewöhnlich ſachverſtändige Schätzer. Das Verfahren wird
daher zum Schätzungsverfahren.

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[272/0294] Siebentes Buch. auch das zuweilen geſchehen iſt. Ein Beiſpiel bei Laurent Études sur l’hist. de l’humanité XI. 380. 486. Daraus, daß die Parteien die Vorſchläge des Vermittlers annehmen, folgt nicht ſeine Gewährleiſtung der Uebereinkunft. Die Gewährleiſtung des Vermittlers ſetzt einen beſondern Garantievertrag voraus. Vgl. § 430 f. 487. Auch wenn eine Vermittlung angenommen worden iſt, beſteht kein rechtliches Hinderniß für die Parteien, unmittelbar zu verhandeln und ſich unter einander zu vereinbaren. Die Vermittlung tritt nur hinzu, um die Verſtändigung der Parteien zu befördern. Sie darf nicht zum Hinderniß dieſer werden. Der Vermittler kann ſich nur dann über Mißachtung ſeiner Vermittlung beſchweren, wenn er durch die Parteien getäuſcht wird oder ihm die Erfolge der unmittelbaren Verſtändigung verheimlicht werden. Denn als anerkannter Vermittler hat er einen berechtigten Anſpruch auf das Vertrauen der Parteien, ſo lange er ſein übernommenes Amt unparteiiſch und mit Um- und Einſicht verwaltet. 4. Schiedsrichterliches Verfahren. 488. Die ſtreitenden Parteien können auch die Erledigung ihres Streits einem Schiedsgericht übertragen. 1. Iſt der Rechtsgrundſatz nicht ſtreitig, aber eine Thatfrage beſtritten, auf welche jener Grundſatz Anwendung findet, ſo nennt man das arbitratio. Z. B. Die Entſchädigungsflicht wird anerkannt, aber das Maß des wirklich eingetretenen Scha- dens und daher das Maß der Entſchädigung iſt ſtreitig. Zu derartigen Schieds- gerichten eignen ſich dann gewöhnlich ſachverſtändige Schätzer. Das Verfahren wird daher zum Schätzungsverfahren. 2. Wenn dagegen das Recht ſelber ſtreitig iſt, alſo z. B. die Entſchädigungs-

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/294>, abgerufen am 19.04.2024.