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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.

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Drittes Buch.
152.

Ebenso ist das Quartier, welches der Exterritoriale auf Reisen be-
zogen hat und ist der Wagen, in dem er fährt, zu Ehren seiner Sicher-
heit und Unabhängigkeit vor policeilicher oder gerichtlicher Gewaltübung
gefreit.

153.

Die Exemtion erstreckt sich auch auf das dem Exterritorialen gehörige
Mobiliar, welches zu seinem Gebrauche dient, wie insbesondere Arbeits-
tische, Schränke, Kisten und Kasten, die Ausstattung seiner Wohnung,
Wagen und Pferde.

Der alte technische Ausdruck für die Befreiung ist: "Legatus instructus
et cum instrumento".
Die Ausdehnung der Befreiung auch auf die Mobilien
sichert besonders auch die Acten und Correspondenzen des Exterritorialen. Vgl.
unten Abschnitt 8 dieses Buches.

4. Die Familiengenossen der souveränen Personen.
154.

Die Ehegatten, Kinder und andere Anverwante einer souveränen
Person haben als solche kein Recht der Souveränetät, sondern sind Unter-
thanen.

Sie haben daher auch, wenn sie in fremdem Lande sind, keinen
Rechtsanspruch auf Exemtion von der dortigen Statsgewalt noch auf Ex-
territorialität.

Alle diese Personen, selbst der Gemal einer regierenden Königin, der nicht
zugleich Mitregent ist, oder die Gemalin eines Königs, obwohl sie den Titel Köni-
gin führt, sind nicht Repräsentanten des States selbst, noch Träger der Souveränetät,
also völkerrechtlich ohne Anrecht auf jene Privilegien, welche um der Souveränetät
oder Repräsentation des States willen zugestanden werden. Die Courtoisie geht
aber hier zuweilen über die Rechtsnothwendigkeit hinaus und befreit zu-
weilen auch solche hohe Personen von manchen Belästigungen, deren andere Reisende
ausgesetzt sind.

155.

Das Statsrecht bestimmt zunächst die Titel und den Rang, welche
diesen Personen zukommen. Aber damit diese Titel und Rangstufen im
völkerrechtlichen Verkehr beachtet werden, müssen dieselben dem herkömm-
lichen Gebrauche entsprechen oder, wenn sie erhöht werden die Erhöhung
von den Mächten anerkannt worden sein.

Drittes Buch.
152.

Ebenſo iſt das Quartier, welches der Exterritoriale auf Reiſen be-
zogen hat und iſt der Wagen, in dem er fährt, zu Ehren ſeiner Sicher-
heit und Unabhängigkeit vor policeilicher oder gerichtlicher Gewaltübung
gefreit.

153.

Die Exemtion erſtreckt ſich auch auf das dem Exterritorialen gehörige
Mobiliar, welches zu ſeinem Gebrauche dient, wie insbeſondere Arbeits-
tiſche, Schränke, Kiſten und Kaſten, die Ausſtattung ſeiner Wohnung,
Wagen und Pferde.

Der alte techniſche Ausdruck für die Befreiung iſt: „Legatus instructus
et cum instrumento“.
Die Ausdehnung der Befreiung auch auf die Mobilien
ſichert beſonders auch die Acten und Correſpondenzen des Exterritorialen. Vgl.
unten Abſchnitt 8 dieſes Buches.

4. Die Familiengenoſſen der ſouveränen Perſonen.
154.

Die Ehegatten, Kinder und andere Anverwante einer ſouveränen
Perſon haben als ſolche kein Recht der Souveränetät, ſondern ſind Unter-
thanen.

Sie haben daher auch, wenn ſie in fremdem Lande ſind, keinen
Rechtsanſpruch auf Exemtion von der dortigen Statsgewalt noch auf Ex-
territorialität.

Alle dieſe Perſonen, ſelbſt der Gemal einer regierenden Königin, der nicht
zugleich Mitregent iſt, oder die Gemalin eines Königs, obwohl ſie den Titel Köni-
gin führt, ſind nicht Repräſentanten des States ſelbſt, noch Träger der Souveränetät,
alſo völkerrechtlich ohne Anrecht auf jene Privilegien, welche um der Souveränetät
oder Repräſentation des States willen zugeſtanden werden. Die Courtoiſie geht
aber hier zuweilen über die Rechtsnothwendigkeit hinaus und befreit zu-
weilen auch ſolche hohe Perſonen von manchen Beläſtigungen, deren andere Reiſende
ausgeſetzt ſind.

155.

Das Statsrecht beſtimmt zunächſt die Titel und den Rang, welche
dieſen Perſonen zukommen. Aber damit dieſe Titel und Rangſtufen im
völkerrechtlichen Verkehr beachtet werden, müſſen dieſelben dem herkömm-
lichen Gebrauche entſprechen oder, wenn ſie erhöht werden die Erhöhung
von den Mächten anerkannt worden ſein.

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[124/0146] Drittes Buch. 152. Ebenſo iſt das Quartier, welches der Exterritoriale auf Reiſen be- zogen hat und iſt der Wagen, in dem er fährt, zu Ehren ſeiner Sicher- heit und Unabhängigkeit vor policeilicher oder gerichtlicher Gewaltübung gefreit. 153. Die Exemtion erſtreckt ſich auch auf das dem Exterritorialen gehörige Mobiliar, welches zu ſeinem Gebrauche dient, wie insbeſondere Arbeits- tiſche, Schränke, Kiſten und Kaſten, die Ausſtattung ſeiner Wohnung, Wagen und Pferde. Der alte techniſche Ausdruck für die Befreiung iſt: „Legatus instructus et cum instrumento“. Die Ausdehnung der Befreiung auch auf die Mobilien ſichert beſonders auch die Acten und Correſpondenzen des Exterritorialen. Vgl. unten Abſchnitt 8 dieſes Buches. 4. Die Familiengenoſſen der ſouveränen Perſonen. 154. Die Ehegatten, Kinder und andere Anverwante einer ſouveränen Perſon haben als ſolche kein Recht der Souveränetät, ſondern ſind Unter- thanen. Sie haben daher auch, wenn ſie in fremdem Lande ſind, keinen Rechtsanſpruch auf Exemtion von der dortigen Statsgewalt noch auf Ex- territorialität. Alle dieſe Perſonen, ſelbſt der Gemal einer regierenden Königin, der nicht zugleich Mitregent iſt, oder die Gemalin eines Königs, obwohl ſie den Titel Köni- gin führt, ſind nicht Repräſentanten des States ſelbſt, noch Träger der Souveränetät, alſo völkerrechtlich ohne Anrecht auf jene Privilegien, welche um der Souveränetät oder Repräſentation des States willen zugeſtanden werden. Die Courtoiſie geht aber hier zuweilen über die Rechtsnothwendigkeit hinaus und befreit zu- weilen auch ſolche hohe Perſonen von manchen Beläſtigungen, deren andere Reiſende ausgeſetzt ſind. 155. Das Statsrecht beſtimmt zunächſt die Titel und den Rang, welche dieſen Perſonen zukommen. Aber damit dieſe Titel und Rangſtufen im völkerrechtlichen Verkehr beachtet werden, müſſen dieſelben dem herkömm- lichen Gebrauche entſprechen oder, wenn ſie erhöht werden die Erhöhung von den Mächten anerkannt worden ſein.

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/146>, abgerufen am 28.03.2024.