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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.

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Sechstes Buch.

Völkerrechtliche Verträge.
1. Erfordernisse und Wirksamkeit der völkerrechtlichen Verträge.
402.

Die Staten können als selbständige Personen ihre besondern Rechts-
verhältnisse auch durch Verträge unter einander ordnen, so daß daraus
eigentliches Vertragsrecht entsteht.

Verschieden von diesen Verträgen, welche besonderes Vertragsrecht unter
den Vertragsparteien
begründen, ist eine völkerrechtliche Uebereinkunft mehrer
Staten, welche eine allgemeine Rechtsregel ausspricht. Im letztern Fall ist
das pactum instar legis, und es entsteht ein Gesetz, wenn auch in der
vielköpfigen Form der Vereinbarung. Sehr viele Bestimmungen der völkerrechtlichen
Congresse haben diesen letztern und nicht den ersteren Charakter und begründen da-
her nicht conventionelles, sondern nothwendiges Recht. Vgl. oben § 12.
13. In diesem Buch ist nur die Rede von dem eigentlichen Vertragsrecht.

403.

Jeder Stat kann als Person auch Vertragspartei werden, und jede
unabhängige Macht gilt im Völkerverkehr im Zweifel als vertragsfähig.
Wenn aber ein Stat in der Ausübung des Vertragsrechts verfassungs-
mäßig beschränkt erscheint, so ist solche Beschränkung auch im Verkehr der
Staten zu beachten.

Sechstes Buch.

Völkerrechtliche Verträge.
1. Erforderniſſe und Wirkſamkeit der völkerrechtlichen Verträge.
402.

Die Staten können als ſelbſtändige Perſonen ihre beſondern Rechts-
verhältniſſe auch durch Verträge unter einander ordnen, ſo daß daraus
eigentliches Vertragsrecht entſteht.

Verſchieden von dieſen Verträgen, welche beſonderes Vertragsrecht unter
den Vertragsparteien
begründen, iſt eine völkerrechtliche Uebereinkunft mehrer
Staten, welche eine allgemeine Rechtsregel ausſpricht. Im letztern Fall iſt
das pactum instar legis, und es entſteht ein Geſetz, wenn auch in der
vielköpfigen Form der Vereinbarung. Sehr viele Beſtimmungen der völkerrechtlichen
Congreſſe haben dieſen letztern und nicht den erſteren Charakter und begründen da-
her nicht conventionelles, ſondern nothwendiges Recht. Vgl. oben § 12.
13. In dieſem Buch iſt nur die Rede von dem eigentlichen Vertragsrecht.

403.

Jeder Stat kann als Perſon auch Vertragspartei werden, und jede
unabhängige Macht gilt im Völkerverkehr im Zweifel als vertragsfähig.
Wenn aber ein Stat in der Ausübung des Vertragsrechts verfaſſungs-
mäßig beſchränkt erſcheint, ſo iſt ſolche Beſchränkung auch im Verkehr der
Staten zu beachten.

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[[231]/0253] Sechstes Buch. Völkerrechtliche Verträge. 1. Erforderniſſe und Wirkſamkeit der völkerrechtlichen Verträge. 402. Die Staten können als ſelbſtändige Perſonen ihre beſondern Rechts- verhältniſſe auch durch Verträge unter einander ordnen, ſo daß daraus eigentliches Vertragsrecht entſteht. Verſchieden von dieſen Verträgen, welche beſonderes Vertragsrecht unter den Vertragsparteien begründen, iſt eine völkerrechtliche Uebereinkunft mehrer Staten, welche eine allgemeine Rechtsregel ausſpricht. Im letztern Fall iſt das pactum instar legis, und es entſteht ein Geſetz, wenn auch in der vielköpfigen Form der Vereinbarung. Sehr viele Beſtimmungen der völkerrechtlichen Congreſſe haben dieſen letztern und nicht den erſteren Charakter und begründen da- her nicht conventionelles, ſondern nothwendiges Recht. Vgl. oben § 12. 13. In dieſem Buch iſt nur die Rede von dem eigentlichen Vertragsrecht. 403. Jeder Stat kann als Perſon auch Vertragspartei werden, und jede unabhängige Macht gilt im Völkerverkehr im Zweifel als vertragsfähig. Wenn aber ein Stat in der Ausübung des Vertragsrechts verfaſſungs- mäßig beſchränkt erſcheint, ſo iſt ſolche Beſchränkung auch im Verkehr der Staten zu beachten.

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. [231]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/253>, abgerufen am 25.04.2024.