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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.

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Zweites Buch.
Völkerrechtliche Personen.
I. Die Staten.
A. Statspersönlichkeit.
17.

Die Staten sind völkerrechtliche Personnen.

Die Persönlichkeit ist eine nothwendige Eigenschaft der Staten.
Person im rechtlichen Sinne des Worts heißt ein Wesen, welches fähig ist, Rechte zu
erwerben und zu behaupten und Verpflichtungen auf sich zu nehmen. Indem der
Stat innerhalb seines Gebietes die Rechtsordnung selbständig ordnet, ist er die
höchste Rechtsperson. Indem der Stat nach außen mit andern Staaten in
Rechtsverhältnisse eintritt, bewährt sich seine völkerrechtliche Persönlichkeit.

18.

Das Völkerrecht verbindet die verschiedenen Staten zu einer gemein-
samen Rechtsordnung, sowohl repräsentative als absolute, monarchische,
wie republikanische, große und kleine Staten. Es fordert keine bestimmte
Verfassungsform oder Größe. Wo immer eine Völkerschaft zu einem regie-
rungsmäßig geordneten Ganzen in einem bestimmten Lande dauernd ver-
bunden ist, da wird sie völkerrechtlich als Stat betrachtet.

Die Verfassung des States wird zunächst nach den innern Verhältnissen eines
Volks bestimmt. Sie ist die Organisation des politischen Körpers des betreffenden
Volks, und bildet die Grundlage des Statsrechts. Erst wenn der schon organi-
sirte Stat nach außen als Person erscheint und sich geltend macht, beginnt für
ihn die völkerrechtliche Beziehung. Vgl. §§. 39 f. 115 f.

Zweites Buch.
Völkerrechtliche Perſonen.
I. Die Staten.
A. Statsperſönlichkeit.
17.

Die Staten ſind völkerrechtliche Perſonnen.

Die Perſönlichkeit iſt eine nothwendige Eigenſchaft der Staten.
Perſon im rechtlichen Sinne des Worts heißt ein Weſen, welches fähig iſt, Rechte zu
erwerben und zu behaupten und Verpflichtungen auf ſich zu nehmen. Indem der
Stat innerhalb ſeines Gebietes die Rechtsordnung ſelbſtändig ordnet, iſt er die
höchſte Rechtsperſon. Indem der Stat nach außen mit andern Staaten in
Rechtsverhältniſſe eintritt, bewährt ſich ſeine völkerrechtliche Perſönlichkeit.

18.

Das Völkerrecht verbindet die verſchiedenen Staten zu einer gemein-
ſamen Rechtsordnung, ſowohl repräſentative als abſolute, monarchiſche,
wie republikaniſche, große und kleine Staten. Es fordert keine beſtimmte
Verfaſſungsform oder Größe. Wo immer eine Völkerſchaft zu einem regie-
rungsmäßig geordneten Ganzen in einem beſtimmten Lande dauernd ver-
bunden iſt, da wird ſie völkerrechtlich als Stat betrachtet.

Die Verfaſſung des States wird zunächſt nach den innern Verhältniſſen eines
Volks beſtimmt. Sie iſt die Organiſation des politiſchen Körpers des betreffenden
Volks, und bildet die Grundlage des Statsrechts. Erſt wenn der ſchon organi-
ſirte Stat nach außen als Perſon erſcheint und ſich geltend macht, beginnt für
ihn die völkerrechtliche Beziehung. Vgl. §§. 39 f. 115 f.

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[[63]/0085] Zweites Buch. Völkerrechtliche Perſonen. I. Die Staten. A. Statsperſönlichkeit. 17. Die Staten ſind völkerrechtliche Perſonnen. Die Perſönlichkeit iſt eine nothwendige Eigenſchaft der Staten. Perſon im rechtlichen Sinne des Worts heißt ein Weſen, welches fähig iſt, Rechte zu erwerben und zu behaupten und Verpflichtungen auf ſich zu nehmen. Indem der Stat innerhalb ſeines Gebietes die Rechtsordnung ſelbſtändig ordnet, iſt er die höchſte Rechtsperſon. Indem der Stat nach außen mit andern Staaten in Rechtsverhältniſſe eintritt, bewährt ſich ſeine völkerrechtliche Perſönlichkeit. 18. Das Völkerrecht verbindet die verſchiedenen Staten zu einer gemein- ſamen Rechtsordnung, ſowohl repräſentative als abſolute, monarchiſche, wie republikaniſche, große und kleine Staten. Es fordert keine beſtimmte Verfaſſungsform oder Größe. Wo immer eine Völkerſchaft zu einem regie- rungsmäßig geordneten Ganzen in einem beſtimmten Lande dauernd ver- bunden iſt, da wird ſie völkerrechtlich als Stat betrachtet. Die Verfaſſung des States wird zunächſt nach den innern Verhältniſſen eines Volks beſtimmt. Sie iſt die Organiſation des politiſchen Körpers des betreffenden Volks, und bildet die Grundlage des Statsrechts. Erſt wenn der ſchon organi- ſirte Stat nach außen als Perſon erſcheint und ſich geltend macht, beginnt für ihn die völkerrechtliche Beziehung. Vgl. §§. 39 f. 115 f.

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. [63]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/85>, abgerufen am 28.03.2024.