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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.

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Widerlegung der Relig. Essent.
le auf seinem unrichtigen Begriffe von der Offen-
barung der Ehre Gottes, so daß wer nur ver-
steht, der Sinn des Sazes, Gott hat die Of-
fenbarung seiner Ehre zum Zweke gehabt,
sey,
er habe wollen daß seine Vollkommenheiten er-
kannt, und seine Geschöpfe dadurch glüklich werden,
sich nicht darüber aufzuhalten hat; sie fallen von
sich selbst weg. Wir wollen sie darum nicht anfüh-
ren sondern glauben, der Gegner werde obigen Be-
weis dieser Sache um so viel eher müssen gelten
lassen, als er aus desselben eigenen Systema zu
ziehen ist. Gott hat nach demselben bey der Er-
schaffung der Menschen nichts als seine Güte kön-
nen zu Rath ziehen. Die Menschen werden glük-
lich, wann sie diese Güte Gottes erkennen, preisen,
ihre Pflichten daraus herleiten etc. Weil Gott der
Menschen Glück will, so hat er hiemit auch wol-
len, daß sie seine Güte erkennen. Kan nun die
Offenbarung dieser Eigenschaft Gottes mit dem
Begriff eines sich selbst genugsamen Wesens wohl
bestehen, warum nicht auch andrer Eigenschaften,
die in Gott sind, und nach welchen (die Güte
mit eingeschlossen) allen zusammen die Art und Wei-
se der Handlungen Gottes hat müssen bestimmet
werden.

XIII.

Gott hat nach des Unbekannten Meinung kein
ander Fundament seiner Handlungen als die Gü-
tigkeit, und keine andre Absicht, als des Men-
schen Glück. Daraus schließt er, Gott werde hie-
mit seinen Endzweck erreichen und der Mensch un-

fehlbar

Widerlegung der Relig. Eſſent.
le auf ſeinem unrichtigen Begriffe von der Offen-
barung der Ehre Gottes, ſo daß wer nur ver-
ſteht, der Sinn des Sazes, Gott hat die Of-
fenbarung ſeiner Ehre zum Zweke gehabt,
ſey,
er habe wollen daß ſeine Vollkommenheiten er-
kannt, und ſeine Geſchoͤpfe dadurch gluͤklich werden,
ſich nicht daruͤber aufzuhalten hat; ſie fallen von
ſich ſelbſt weg. Wir wollen ſie darum nicht anfuͤh-
ren ſondern glauben, der Gegner werde obigen Be-
weis dieſer Sache um ſo viel eher muͤſſen gelten
laſſen, als er aus deſſelben eigenen Syſtema zu
ziehen iſt. Gott hat nach demſelben bey der Er-
ſchaffung der Menſchen nichts als ſeine Guͤte koͤn-
nen zu Rath ziehen. Die Menſchen werden gluͤk-
lich, wann ſie dieſe Guͤte Gottes erkennen, preiſen,
ihre Pflichten daraus herleiten ꝛc. Weil Gott der
Menſchen Gluͤck will, ſo hat er hiemit auch wol-
len, daß ſie ſeine Guͤte erkennen. Kan nun die
Offenbarung dieſer Eigenſchaft Gottes mit dem
Begriff eines ſich ſelbſt genugſamen Weſens wohl
beſtehen, warum nicht auch andrer Eigenſchaften,
die in Gott ſind, und nach welchen (die Guͤte
mit eingeſchloſſen) allen zuſammen die Art und Wei-
ſe der Handlungen Gottes hat muͤſſen beſtimmet
werden.

XIII.

Gott hat nach des Unbekannten Meinung kein
ander Fundament ſeiner Handlungen als die Guͤ-
tigkeit, und keine andre Abſicht, als des Men-
ſchen Gluͤck. Daraus ſchließt er, Gott werde hie-
mit ſeinen Endzweck erreichen und der Menſch un-

fehlbar
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[159/0175] Widerlegung der Relig. Eſſent. le auf ſeinem unrichtigen Begriffe von der Offen- barung der Ehre Gottes, ſo daß wer nur ver- ſteht, der Sinn des Sazes, Gott hat die Of- fenbarung ſeiner Ehre zum Zweke gehabt, ſey, er habe wollen daß ſeine Vollkommenheiten er- kannt, und ſeine Geſchoͤpfe dadurch gluͤklich werden, ſich nicht daruͤber aufzuhalten hat; ſie fallen von ſich ſelbſt weg. Wir wollen ſie darum nicht anfuͤh- ren ſondern glauben, der Gegner werde obigen Be- weis dieſer Sache um ſo viel eher muͤſſen gelten laſſen, als er aus deſſelben eigenen Syſtema zu ziehen iſt. Gott hat nach demſelben bey der Er- ſchaffung der Menſchen nichts als ſeine Guͤte koͤn- nen zu Rath ziehen. Die Menſchen werden gluͤk- lich, wann ſie dieſe Guͤte Gottes erkennen, preiſen, ihre Pflichten daraus herleiten ꝛc. Weil Gott der Menſchen Gluͤck will, ſo hat er hiemit auch wol- len, daß ſie ſeine Guͤte erkennen. Kan nun die Offenbarung dieſer Eigenſchaft Gottes mit dem Begriff eines ſich ſelbſt genugſamen Weſens wohl beſtehen, warum nicht auch andrer Eigenſchaften, die in Gott ſind, und nach welchen (die Guͤte mit eingeſchloſſen) allen zuſammen die Art und Wei- ſe der Handlungen Gottes hat muͤſſen beſtimmet werden. XIII. Gott hat nach des Unbekannten Meinung kein ander Fundament ſeiner Handlungen als die Guͤ- tigkeit, und keine andre Abſicht, als des Men- ſchen Gluͤck. Daraus ſchließt er, Gott werde hie- mit ſeinen Endzweck erreichen und der Menſch un- fehlbar

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung01_1741/175>, abgerufen am 18.04.2024.