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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.

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Uebersetzung aus einer Handsch.
Ein Richter über euer Leben.
Jch hab ihn euch auf euer Flehn gegeben,
Dem müsset ihr ietzt unterthänig seyn.
Will er, so tödtet er so groß, als klein.
Dadurch geschieht euch lauter Recht;
Wer Herr mag seyn, der sey nicht Knecht.
V.
Der Weih und die
Dauben.
DEr Weih stritt mit dem Volck der Dauben.
Er griff es feindlich an mit morden und mit rauben.
Die Dauben sahen das mit Schmertzen,
Und plagten sich in ihrem Hertzen.
Sie hielten einen Rath, und kamen überein,
Daß sie ohn' einen Vogt nicht sicher mögten seyn;
Zu diesem wollten sie den Habicht nehmen,
Der wäre starck genug, des Weihen Grimm zu zähmen.
Da dieser nun ihr Pfleger ward,
Verjagt er zwar den Weih, doch ließ er nicht von Art.
Da er der Dauben Freund
Und Schirmer sollte seyn, war er ihr gröster Feind.
Der
Ueberſetzung aus einer Handſch.
Ein Richter uͤber euer Leben.
Jch hab ihn euch auf euer Flehn gegeben,
Dem muͤſſet ihr ietzt unterthaͤnig ſeyn.
Will er, ſo toͤdtet er ſo groß, als klein.
Dadurch geſchieht euch lauter Recht;
Wer Herr mag ſeyn, der ſey nicht Knecht.
V.
Der Weih und die
Dauben.
DEr Weih ſtritt mit dem Volck der Dauben.
Er griff es feindlich an mit morden und mit rauben.
Die Dauben ſahen das mit Schmertzen,
Und plagten ſich in ihrem Hertzen.
Sie hielten einen Rath, und kamen uͤberein,
Daß ſie ohn’ einen Vogt nicht ſicher moͤgten ſeyn;
Zu dieſem wollten ſie den Habicht nehmen,
Der waͤre ſtarck genug, des Weihen Grimm zu zaͤhmen.
Da dieſer nun ihr Pfleger ward,
Verjagt er zwar den Weih, doch ließ er nicht von Art.
Da er der Dauben Freund
Und Schirmer ſollte ſeyn, war er ihr groͤſter Feind.
Der
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[60/0060] Ueberſetzung aus einer Handſch. Ein Richter uͤber euer Leben. Jch hab ihn euch auf euer Flehn gegeben, Dem muͤſſet ihr ietzt unterthaͤnig ſeyn. Will er, ſo toͤdtet er ſo groß, als klein. Dadurch geſchieht euch lauter Recht; Wer Herr mag ſeyn, der ſey nicht Knecht. V. Der Weih und die Dauben. DEr Weih ſtritt mit dem Volck der Dauben. Er griff es feindlich an mit morden und mit rauben. Die Dauben ſahen das mit Schmertzen, Und plagten ſich in ihrem Hertzen. Sie hielten einen Rath, und kamen uͤberein, Daß ſie ohn’ einen Vogt nicht ſicher moͤgten ſeyn; Zu dieſem wollten ſie den Habicht nehmen, Der waͤre ſtarck genug, des Weihen Grimm zu zaͤhmen. Da dieſer nun ihr Pfleger ward, Verjagt er zwar den Weih, doch ließ er nicht von Art. Da er der Dauben Freund Und Schirmer ſollte ſeyn, war er ihr groͤſter Feind. Der

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743/60>, abgerufen am 25.04.2024.