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Boeck, Josef Phileas: Marmorirkunst. 2. Aufl. Wien u. a., 1896.

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sie noch so ausführlich, werden von einigen Stunden eigener
Arbeit weitaus überholt.

Marmoriren der Bücherschnitte.

Mit Recht kann die Herstellung eines schönen Marmorschnittes
eine Kunst genannt werden, welche ihrem Meister
außerordentlich leicht und einfach erscheint, während sie dem
Anfänger manche Schwierigkeiten entgegenstellt, ihn zur Auf-
merksamkeit und Genauigkeit zwingt und sich nur durch be-
sonderen Fleiß die nöthige Uebung erlangen läßt.

Wir möchten daher einige Worte an den angehenden
Marmorirer richten, deren Wichtigkeit und Nothwendigkeit
ihm, wenn auch nicht gleich, so doch zuversichtlich im Ver-
laufe der Arbeit einleuchten werden.

Diese Worte sollen sich nun auf die Befangenheit beim
Beginne der Arbeit beziehen.

Wir haben häufig die Wahrnehmung gemacht, daß auch
ältere Selbstlernende, Männer in reifen Jahren und von sonst
ruhigem Temperament, wenn sie sich auch das Theoretische
eines Lehrgegenstandes so fest ins Gedächtniß eingeprägt
hatten, daß sie die Reihenfolge der Operationen auswendig
wußten, beim beginnen der praktischen Arbeit dennoch so
befangen wurden, daß selbst ganz richtig angefangene und
Erfolg verheißende Erstlingsarbeiten ihnen mißriethen.

Längere Beobachtungen überzeugten uns, daß diese Be-
fangenheit sich äußerst selten im Zögern, vielmehr und in
fast allen Fällen im heftigen und überstürzten Hantiren
zeigte.

Wie bei jeder Arbeit, so ist auch beim Marmoriren
Hast und Ueberstürzung das sicherste Mittel zum Verderben
der Arbeit, und darum wollen wir unsere Leser, respective
Lernenden, eindringlich um Ruhe, Kaltblütigkeit, reifliches
Ueberlegen und Beobachten während der Arbeit ersucht haben.
Also "Eile mit Weile" nie außer Acht lassen.


sie noch so ausfuͤhrlich, werden von einigen Stunden eigener
Arbeit weitaus uͤberholt.

Marmoriren der Buͤcherschnitte.

Mit Recht kann die Herstellung eines schoͤnen Marmorschnittes
eine Kunst genannt werden, welche ihrem Meister
außerordentlich leicht und einfach erscheint, waͤhrend sie dem
Anfaͤnger manche Schwierigkeiten entgegenstellt, ihn zur Auf-
merksamkeit und Genauigkeit zwingt und sich nur durch be-
sonderen Fleiß die noͤthige Uebung erlangen laͤßt.

Wir moͤchten daher einige Worte an den angehenden
Marmorirer richten, deren Wichtigkeit und Nothwendigkeit
ihm, wenn auch nicht gleich, so doch zuversichtlich im Ver-
laufe der Arbeit einleuchten werden.

Diese Worte sollen sich nun auf die Befangenheit beim
Beginne der Arbeit beziehen.

Wir haben haͤufig die Wahrnehmung gemacht, daß auch
aͤltere Selbstlernende, Maͤnner in reifen Jahren und von sonst
ruhigem Temperament, wenn sie sich auch das Theoretische
eines Lehrgegenstandes so fest ins Gedaͤchtniß eingepraͤgt
hatten, daß sie die Reihenfolge der Operationen auswendig
wußten, beim beginnen der praktischen Arbeit dennoch so
befangen wurden, daß selbst ganz richtig angefangene und
Erfolg verheißende Erstlingsarbeiten ihnen mißriethen.

Laͤngere Beobachtungen uͤberzeugten uns, daß diese Be-
fangenheit sich aͤußerst selten im Zoͤgern, vielmehr und in
fast allen Faͤllen im heftigen und uͤberstuͤrzten Hantiren
zeigte.

Wie bei jeder Arbeit, so ist auch beim Marmoriren
Hast und Ueberstuͤrzung das sicherste Mittel zum Verderben
der Arbeit, und darum wollen wir unsere Leser, respective
Lernenden, eindringlich um Ruhe, Kaltbluͤtigkeit, reifliches
Ueberlegen und Beobachten waͤhrend der Arbeit ersucht haben.
Also „Eile mit Weile‟ nie außer Acht lassen.


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[12/0022] sie noch so ausfuͤhrlich, werden von einigen Stunden eigener Arbeit weitaus uͤberholt. Marmoriren der Buͤcherschnitte. Mit Recht kann die Herstellung eines schoͤnen Marmorschnittes eine Kunst genannt werden, welche ihrem Meister außerordentlich leicht und einfach erscheint, waͤhrend sie dem Anfaͤnger manche Schwierigkeiten entgegenstellt, ihn zur Auf- merksamkeit und Genauigkeit zwingt und sich nur durch be- sonderen Fleiß die noͤthige Uebung erlangen laͤßt. Wir moͤchten daher einige Worte an den angehenden Marmorirer richten, deren Wichtigkeit und Nothwendigkeit ihm, wenn auch nicht gleich, so doch zuversichtlich im Ver- laufe der Arbeit einleuchten werden. Diese Worte sollen sich nun auf die Befangenheit beim Beginne der Arbeit beziehen. Wir haben haͤufig die Wahrnehmung gemacht, daß auch aͤltere Selbstlernende, Maͤnner in reifen Jahren und von sonst ruhigem Temperament, wenn sie sich auch das Theoretische eines Lehrgegenstandes so fest ins Gedaͤchtniß eingepraͤgt hatten, daß sie die Reihenfolge der Operationen auswendig wußten, beim beginnen der praktischen Arbeit dennoch so befangen wurden, daß selbst ganz richtig angefangene und Erfolg verheißende Erstlingsarbeiten ihnen mißriethen. Laͤngere Beobachtungen uͤberzeugten uns, daß diese Be- fangenheit sich aͤußerst selten im Zoͤgern, vielmehr und in fast allen Faͤllen im heftigen und uͤberstuͤrzten Hantiren zeigte. Wie bei jeder Arbeit, so ist auch beim Marmoriren Hast und Ueberstuͤrzung das sicherste Mittel zum Verderben der Arbeit, und darum wollen wir unsere Leser, respective Lernenden, eindringlich um Ruhe, Kaltbluͤtigkeit, reifliches Ueberlegen und Beobachten waͤhrend der Arbeit ersucht haben. Also „Eile mit Weile‟ nie außer Acht lassen.

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Zitationshilfe: Boeck, Josef Phileas: Marmorirkunst. 2. Aufl. Wien u. a., 1896, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeck_marmorirkunst_1896/22>, abgerufen am 25.04.2024.