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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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II. Die Angriffswaffen.


A. Die blanken Waffen.
1. Das Schwert.

Das Schwert ist ein ehrwürdiges Vermächtnis aus dem Altertum,
seine Erfindung reicht weit über unsere geschichtliche Kenntnis
zurück; wir haben es jedoch hier nur mit seinen ersten Formen im
Mittelalter zu thun und mit den Wandlungen, welche dieselben bis
in die Neuzeit erfahren haben.

Wir verstehen unter der Bezeichnung Schwert im allgemeinen
eine Blankwaffe, welche mit gerader, ein- oder zweischneidiger, spitziger
oder abgestumpfter Klinge zum Hieb oder Hieb und Stich am Griffe
derart geführt wird, dass der Daumen am Ansatz der Klinge, der
kleine Finger am Knaufe ruht.

Strenge genommen gehörten somit alle geraden Klingen mit
säbelartiger Montierung, wie die französischen Reitersäbel zum Stoss
oder die sogenannten Pallasche, die polnische Karabela hierher; ihre
ganz verschiedene Montierung aber reiht sie zu den Säbeln, mit
denen sie in der Ausstattung übereinkommen.

Ohne die späteren Beigaben am Griffe, deren wir am betreffen-
den Orte gedenken, zu berücksichtigen, unterscheiden wir den Knauf,
das Griffholz und die Parierstange. Die Klinge, mit einem
schmalen Fortsatze aus weicherem Eisen, der sogenannten Angel,
vom Griffe gehalten, ist entweder einschneidig messerförmig oder
zweischneidig, mit abgerundetem oder spitzem Ende. Sie ist, wenn
wir ihren Querschnitt ins Auge fassen, flach, kolbig oder mit Grat,
mit Hohlschliff oder mit mehreren schmäleren Rinnen, sogenannten
Blutrinnen ausgestattet. Der Hohlschliff hat immer den Zweck,
die Klinge im Gewichte zu erleichtern.

Man muss in der Beurteilung der Waffenformen immer festhalten,
dass deren Entwickelung nicht von einem territorialen Punkte aus-

II. Die Angriffswaffen.


A. Die blanken Waffen.
1. Das Schwert.

Das Schwert ist ein ehrwürdiges Vermächtnis aus dem Altertum,
seine Erfindung reicht weit über unsere geschichtliche Kenntnis
zurück; wir haben es jedoch hier nur mit seinen ersten Formen im
Mittelalter zu thun und mit den Wandlungen, welche dieselben bis
in die Neuzeit erfahren haben.

Wir verstehen unter der Bezeichnung Schwert im allgemeinen
eine Blankwaffe, welche mit gerader, ein- oder zweischneidiger, spitziger
oder abgestumpfter Klinge zum Hieb oder Hieb und Stich am Griffe
derart geführt wird, daſs der Daumen am Ansatz der Klinge, der
kleine Finger am Knaufe ruht.

Strenge genommen gehörten somit alle geraden Klingen mit
säbelartiger Montierung, wie die französischen Reitersäbel zum Stoſs
oder die sogenannten Pallasche, die polnische Karabela hierher; ihre
ganz verschiedene Montierung aber reiht sie zu den Säbeln, mit
denen sie in der Ausstattung übereinkommen.

Ohne die späteren Beigaben am Griffe, deren wir am betreffen-
den Orte gedenken, zu berücksichtigen, unterscheiden wir den Knauf,
das Griffholz und die Parierstange. Die Klinge, mit einem
schmalen Fortsatze aus weicherem Eisen, der sogenannten Angel,
vom Griffe gehalten, ist entweder einschneidig messerförmig oder
zweischneidig, mit abgerundetem oder spitzem Ende. Sie ist, wenn
wir ihren Querschnitt ins Auge fassen, flach, kolbig oder mit Grat,
mit Hohlschliff oder mit mehreren schmäleren Rinnen, sogenannten
Blutrinnen ausgestattet. Der Hohlschliff hat immer den Zweck,
die Klinge im Gewichte zu erleichtern.

Man muſs in der Beurteilung der Waffenformen immer festhalten,
daſs deren Entwickelung nicht von einem territorialen Punkte aus-

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[[230]/0248] II. Die Angriffswaffen. A. Die blanken Waffen. 1. Das Schwert. Das Schwert ist ein ehrwürdiges Vermächtnis aus dem Altertum, seine Erfindung reicht weit über unsere geschichtliche Kenntnis zurück; wir haben es jedoch hier nur mit seinen ersten Formen im Mittelalter zu thun und mit den Wandlungen, welche dieselben bis in die Neuzeit erfahren haben. Wir verstehen unter der Bezeichnung Schwert im allgemeinen eine Blankwaffe, welche mit gerader, ein- oder zweischneidiger, spitziger oder abgestumpfter Klinge zum Hieb oder Hieb und Stich am Griffe derart geführt wird, daſs der Daumen am Ansatz der Klinge, der kleine Finger am Knaufe ruht. Strenge genommen gehörten somit alle geraden Klingen mit säbelartiger Montierung, wie die französischen Reitersäbel zum Stoſs oder die sogenannten Pallasche, die polnische Karabela hierher; ihre ganz verschiedene Montierung aber reiht sie zu den Säbeln, mit denen sie in der Ausstattung übereinkommen. Ohne die späteren Beigaben am Griffe, deren wir am betreffen- den Orte gedenken, zu berücksichtigen, unterscheiden wir den Knauf, das Griffholz und die Parierstange. Die Klinge, mit einem schmalen Fortsatze aus weicherem Eisen, der sogenannten Angel, vom Griffe gehalten, ist entweder einschneidig messerförmig oder zweischneidig, mit abgerundetem oder spitzem Ende. Sie ist, wenn wir ihren Querschnitt ins Auge fassen, flach, kolbig oder mit Grat, mit Hohlschliff oder mit mehreren schmäleren Rinnen, sogenannten Blutrinnen ausgestattet. Der Hohlschliff hat immer den Zweck, die Klinge im Gewichte zu erleichtern. Man muſs in der Beurteilung der Waffenformen immer festhalten, daſs deren Entwickelung nicht von einem territorialen Punkte aus-

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. [230]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/248>, abgerufen am 29.03.2024.