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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.

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Sechster Brief

-- Ich komme aus dem Lesekabinett. Aber
nein, nein, der Kopf ist mir ganz verwirrt von allen
den Sachen, die ich aus Deutschland gelesen! Un¬
ruhen in Hamburg; in Braunschweig das Schloß
angezündet und den Fürsten verjagt; Empörung in
Dresden! Seien Sie barmherzig, berichten Sie mir
Alles auf das genaueste. Und wenn Sie nichts
Besonderes erfahren, schreiben Sie mir wenigstens
die deutschen Zeitungen ab, die ich hier noch nicht
habe auffinden können. Den französischen Blättern
kann ich in solchen Dingen nicht trauen; nicht der
zehnte Theil von dem, was sie erzählen, mag wahr
seyn. Was aber deutsche Blätter über innere An¬
gelegenheiten mittheilen dürfen, das ist immer nur
der zehnte Theil der Wahrheit. Hätte ich mich also
doch geirrt, wie mir schon manche vorgeworfen?

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Sechster Brief

— Ich komme aus dem Leſekabinett. Aber
nein, nein, der Kopf iſt mir ganz verwirrt von allen
den Sachen, die ich aus Deutſchland geleſen! Un¬
ruhen in Hamburg; in Braunſchweig das Schloß
angezündet und den Fürſten verjagt; Empörung in
Dresden! Seien Sie barmherzig, berichten Sie mir
Alles auf das genaueſte. Und wenn Sie nichts
Beſonderes erfahren, ſchreiben Sie mir wenigſtens
die deutſchen Zeitungen ab, die ich hier noch nicht
habe auffinden können. Den franzöſiſchen Blättern
kann ich in ſolchen Dingen nicht trauen; nicht der
zehnte Theil von dem, was ſie erzählen, mag wahr
ſeyn. Was aber deutſche Blätter über innere An¬
gelegenheiten mittheilen dürfen, das iſt immer nur
der zehnte Theil der Wahrheit. Hätte ich mich alſo
doch geirrt, wie mir ſchon manche vorgeworfen?

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[[35]/0049] Sechster Brief Paris, den 18. September. — Ich komme aus dem Leſekabinett. Aber nein, nein, der Kopf iſt mir ganz verwirrt von allen den Sachen, die ich aus Deutſchland geleſen! Un¬ ruhen in Hamburg; in Braunſchweig das Schloß angezündet und den Fürſten verjagt; Empörung in Dresden! Seien Sie barmherzig, berichten Sie mir Alles auf das genaueſte. Und wenn Sie nichts Beſonderes erfahren, ſchreiben Sie mir wenigſtens die deutſchen Zeitungen ab, die ich hier noch nicht habe auffinden können. Den franzöſiſchen Blättern kann ich in ſolchen Dingen nicht trauen; nicht der zehnte Theil von dem, was ſie erzählen, mag wahr ſeyn. Was aber deutſche Blätter über innere An¬ gelegenheiten mittheilen dürfen, das iſt immer nur der zehnte Theil der Wahrheit. Hätte ich mich alſo doch geirrt, wie mir ſchon manche vorgeworfen? 3*

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. [35]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/49>, abgerufen am 24.04.2024.