Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

dirbt, nur um zu zeigen, daß es keine Tugend gibt,
daß die Tugend ohnmächtig sei dem Bösen zu wider¬
stehen. Gestern stand eine Geschichte im Courier
Francais, die ich Ihnen mittheile, und zwar über¬
setzt; ich muß die Probe meiner Augen machen, ich
muß mich überzeugen, daß ich nicht falsch gelesen.

Behandlung der Staatsgefangenen
in Brünn
.

Ein junger Italiener, Herr Maronelli, aus sei¬
nem Vaterlande verbannt, und verstümmelt durch die
Marter, die er in den österreichischen Gefängnissen erdul¬
det, ist so eben in Paris angekommen. Die Qualen,
welche er erlitten, die, welche seine Leidesgefährten noch
ertragen, würden, wenn dieses noch nöthig wäre, den
Abscheu der Italiener gegen die österreichische Re¬
gierung, und ihre Anstrengungen ein verhaßtes Joch
abzuschütteln, vollkomen rechtfertigen. Maronelli
ward wegen eines Briefes angeklagt, den er seinem
Bruder geschrieben, einem jungen Arzte, der von
Griechenland, wo er den Hellenen den Beistand sei¬
ner Kunst angeboten, zurückgekehrt. Das geheime
Tribunal von Mailand glaubte darin unter einer sinn¬
bildlichen Form den Ausdruck eines versteckten Wun¬
sches für die Freiheit zu erkennen. Der junge Pa¬
triot wird arretirt, gerichtet, und auf das Zeugniß

dirbt, nur um zu zeigen, daß es keine Tugend gibt,
daß die Tugend ohnmächtig ſei dem Böſen zu wider¬
ſtehen. Geſtern ſtand eine Geſchichte im Courier
Français, die ich Ihnen mittheile, und zwar über¬
ſetzt; ich muß die Probe meiner Augen machen, ich
muß mich überzeugen, daß ich nicht falſch geleſen.

Behandlung der Staatsgefangenen
in Brünn
.

Ein junger Italiener, Herr Maronelli, aus ſei¬
nem Vaterlande verbannt, und verſtümmelt durch die
Marter, die er in den öſterreichiſchen Gefängniſſen erdul¬
det, iſt ſo eben in Paris angekommen. Die Qualen,
welche er erlitten, die, welche ſeine Leidesgefährten noch
ertragen, würden, wenn dieſes noch nöthig wäre, den
Abſcheu der Italiener gegen die öſterreichiſche Re¬
gierung, und ihre Anſtrengungen ein verhaßtes Joch
abzuſchütteln, vollkomen rechtfertigen. Maronelli
ward wegen eines Briefes angeklagt, den er ſeinem
Bruder geſchrieben, einem jungen Arzte, der von
Griechenland, wo er den Hellenen den Beiſtand ſei¬
ner Kunſt angeboten, zurückgekehrt. Das geheime
Tribunal von Mailand glaubte darin unter einer ſinn¬
bildlichen Form den Ausdruck eines verſteckten Wun¬
ſches für die Freiheit zu erkennen. Der junge Pa¬
triot wird arretirt, gerichtet, und auf das Zeugniß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0121" n="107"/>
dirbt, nur um zu zeigen, daß es keine Tugend gibt,<lb/>
daß die Tugend ohnmächtig &#x017F;ei dem Bö&#x017F;en zu wider¬<lb/>
&#x017F;tehen. Ge&#x017F;tern &#x017F;tand eine Ge&#x017F;chichte im Courier<lb/>
Fran<hi rendition="#aq">ç</hi>ais, die ich Ihnen mittheile, und zwar über¬<lb/>
&#x017F;etzt; ich muß die Probe meiner Augen machen, ich<lb/>
muß mich überzeugen, daß ich nicht fal&#x017F;ch gele&#x017F;en.</p><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Behandlung der Staatsgefangenen<lb/>
in Brünn</hi>.<lb/></head>
            <p>Ein junger Italiener, Herr <hi rendition="#g">Maronelli</hi>, aus &#x017F;ei¬<lb/>
nem Vaterlande verbannt, und ver&#x017F;tümmelt durch die<lb/>
Marter, die er in den ö&#x017F;terreichi&#x017F;chen Gefängni&#x017F;&#x017F;en erdul¬<lb/>
det, i&#x017F;t &#x017F;o eben in Paris angekommen. Die Qualen,<lb/>
welche er erlitten, die, welche &#x017F;eine Leidesgefährten noch<lb/>
ertragen, würden, wenn die&#x017F;es noch nöthig wäre, den<lb/>
Ab&#x017F;cheu der Italiener gegen die ö&#x017F;terreichi&#x017F;che Re¬<lb/>
gierung, und ihre An&#x017F;trengungen ein verhaßtes Joch<lb/>
abzu&#x017F;chütteln, vollkomen rechtfertigen. Maronelli<lb/>
ward wegen eines Briefes angeklagt, den er &#x017F;einem<lb/>
Bruder ge&#x017F;chrieben, einem jungen Arzte, der von<lb/>
Griechenland, wo er den Hellenen den Bei&#x017F;tand &#x017F;ei¬<lb/>
ner Kun&#x017F;t angeboten, zurückgekehrt. Das geheime<lb/>
Tribunal von Mailand glaubte darin unter einer &#x017F;inn¬<lb/>
bildlichen Form den Ausdruck eines ver&#x017F;teckten Wun¬<lb/>
&#x017F;ches für die Freiheit zu erkennen. Der junge Pa¬<lb/>
triot wird arretirt, gerichtet, und auf das Zeugniß<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0121] dirbt, nur um zu zeigen, daß es keine Tugend gibt, daß die Tugend ohnmächtig ſei dem Böſen zu wider¬ ſtehen. Geſtern ſtand eine Geſchichte im Courier Français, die ich Ihnen mittheile, und zwar über¬ ſetzt; ich muß die Probe meiner Augen machen, ich muß mich überzeugen, daß ich nicht falſch geleſen. Behandlung der Staatsgefangenen in Brünn. Ein junger Italiener, Herr Maronelli, aus ſei¬ nem Vaterlande verbannt, und verſtümmelt durch die Marter, die er in den öſterreichiſchen Gefängniſſen erdul¬ det, iſt ſo eben in Paris angekommen. Die Qualen, welche er erlitten, die, welche ſeine Leidesgefährten noch ertragen, würden, wenn dieſes noch nöthig wäre, den Abſcheu der Italiener gegen die öſterreichiſche Re¬ gierung, und ihre Anſtrengungen ein verhaßtes Joch abzuſchütteln, vollkomen rechtfertigen. Maronelli ward wegen eines Briefes angeklagt, den er ſeinem Bruder geſchrieben, einem jungen Arzte, der von Griechenland, wo er den Hellenen den Beiſtand ſei¬ ner Kunſt angeboten, zurückgekehrt. Das geheime Tribunal von Mailand glaubte darin unter einer ſinn¬ bildlichen Form den Ausdruck eines verſteckten Wun¬ ſches für die Freiheit zu erkennen. Der junge Pa¬ triot wird arretirt, gerichtet, und auf das Zeugniß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/121
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/121>, abgerufen am 29.03.2024.