sieht er in der Weltgeschichte eine Hofge¬ schichte. Und wie ihn seine Philister-Ehr¬ furcht vor den Großen wie blind und taub, so auch stumm gemacht. Den Cardinal Ro¬ han verwandelt er in einen Domherrn. Die Königin in eine unvermählte Dame! Es ist gar kein Sinn in dieser Geschichte, so darge¬ stellt. Aber Cagliostro! Es ist nicht zu leugnen, daß ihn Goethe mit Freundschaft be¬ handelt. Es war Dankbarkeit. Einem mo¬ ralischen Gourmand wie Goethe mußte Cag¬ liostro's Lehre, die er im höchsten Grade sei¬ ner Mysterien, nach langer, langer Prüfung, endlich dem Eingeweiheten offenbarte -- die Lehre: -- "Was du willst, das die Menschen "für dich thun sollen, das thue für sie nicht," -- diese Lehre des Anti-Christs mußte wohl einem Goethe munden.
ſieht er in der Weltgeſchichte eine Hofge¬ ſchichte. Und wie ihn ſeine Philiſter-Ehr¬ furcht vor den Großen wie blind und taub, ſo auch ſtumm gemacht. Den Cardinal Ro¬ han verwandelt er in einen Domherrn. Die Koͤnigin in eine unvermaͤhlte Dame! Es iſt gar kein Sinn in dieſer Geſchichte, ſo darge¬ ſtellt. Aber Caglioſtro! Es iſt nicht zu leugnen, daß ihn Goethe mit Freundſchaft be¬ handelt. Es war Dankbarkeit. Einem mo¬ raliſchen Gourmand wie Goethe mußte Cag¬ lioſtro's Lehre, die er im hoͤchſten Grade ſei¬ ner Myſterien, nach langer, langer Pruͤfung, endlich dem Eingeweiheten offenbarte — die Lehre: — „Was du willſt, das die Menſchen „fuͤr dich thun ſollen, das thue fuͤr ſie nicht,“ — dieſe Lehre des Anti-Chriſts mußte wohl einem Goethe munden.
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ſieht er in der Weltgeſchichte eine Hofge¬
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furcht vor den Großen wie blind und taub,
ſo auch ſtumm gemacht. Den Cardinal Ro¬
han verwandelt er in einen Domherrn. Die
Koͤnigin in eine unvermaͤhlte Dame! Es iſt
gar kein Sinn in dieſer Geſchichte, ſo darge¬
ſtellt. Aber Caglioſtro! Es iſt nicht zu
leugnen, daß ihn Goethe mit Freundſchaft be¬
handelt. Es war Dankbarkeit. Einem mo¬
raliſchen Gourmand wie Goethe mußte Cag¬
lioſtro's Lehre, die er im hoͤchſten Grade ſei¬
ner Myſterien, nach langer, langer Pruͤfung,
endlich dem Eingeweiheten offenbarte — die
Lehre: — „Was du willſt, das die Menſchen
„fuͤr dich thun ſollen, das thue fuͤr ſie nicht,“
— dieſe Lehre des Anti-Chriſts mußte wohl
einem Goethe munden.
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/42>, abgerufen am 19.04.2024.
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