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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

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Acht und zwanzigster Brief.

Alle Deutsche hier warnen mich auf's Drin¬
gendste, ja nicht nach Deutschland zu reisen, weil
man ganz ohne Zweifel mich einkerkern würde. Mir
schaudert vor dem Gedanken, unter die Bärentatzen
einer aufgebrachten deutschen Regierung zu fallen.

Die Frankfurter Jahrbücher haben mir
sehr gefallen und überhaupt macht mir die Sache
große Freude. Es ist doch wenigstens ein Dämmer¬
licht, und da es in Frankfurt bis jetzt Nacht gewe¬
sen, kann es keine Abenddämmerung, es muß eine
Morgendämmerung seyn. Die Artikel sind alle gut
geschrieben, und bei der nöthigen Mäßigung fehlt es
doch auch nicht an der erforderlichen Kraft. Dieses
Lüftchen von Freiheit, wäre es denn je zu uns ge¬
kommen, hätten die Franzosen keinen Sturm gehabt?
Hätten die deutschen Regierungen je etwas gehört von

Acht und zwanzigſter Brief.

Alle Deutſche hier warnen mich auf's Drin¬
gendſte, ja nicht nach Deutſchland zu reiſen, weil
man ganz ohne Zweifel mich einkerkern würde. Mir
ſchaudert vor dem Gedanken, unter die Bärentatzen
einer aufgebrachten deutſchen Regierung zu fallen.

Die Frankfurter Jahrbücher haben mir
ſehr gefallen und überhaupt macht mir die Sache
große Freude. Es iſt doch wenigſtens ein Dämmer¬
licht, und da es in Frankfurt bis jetzt Nacht gewe¬
ſen, kann es keine Abenddämmerung, es muß eine
Morgendämmerung ſeyn. Die Artikel ſind alle gut
geſchrieben, und bei der nöthigen Mäßigung fehlt es
doch auch nicht an der erforderlichen Kraft. Dieſes
Lüftchen von Freiheit, wäre es denn je zu uns ge¬
kommen, hätten die Franzoſen keinen Sturm gehabt?
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[[216]/0230] Acht und zwanzigſter Brief. Paris, Sonntag, den 19. Februar 1832. Alle Deutſche hier warnen mich auf's Drin¬ gendſte, ja nicht nach Deutſchland zu reiſen, weil man ganz ohne Zweifel mich einkerkern würde. Mir ſchaudert vor dem Gedanken, unter die Bärentatzen einer aufgebrachten deutſchen Regierung zu fallen. Die Frankfurter Jahrbücher haben mir ſehr gefallen und überhaupt macht mir die Sache große Freude. Es iſt doch wenigſtens ein Dämmer¬ licht, und da es in Frankfurt bis jetzt Nacht gewe¬ ſen, kann es keine Abenddämmerung, es muß eine Morgendämmerung ſeyn. Die Artikel ſind alle gut geſchrieben, und bei der nöthigen Mäßigung fehlt es doch auch nicht an der erforderlichen Kraft. Dieſes Lüftchen von Freiheit, wäre es denn je zu uns ge¬ kommen, hätten die Franzoſen keinen Sturm gehabt? Hätten die deutſchen Regierungen je etwas gehört von

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. [216]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/230>, abgerufen am 28.03.2024.