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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

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"unsern Freund Mebold meiner mit Namen und zu¬
"gleich des Umstands erwähnen, daß Sie mir die
"Kritik über Börne zugesendet, so glaube ich, Börne,
"den ich persönlich kenne und dessen Talent ich be¬
"wundere, die Erklärung schuldig zu seyn, daß ich,
"für meine Person, Ihre Kritik seiner Briefe nicht
"billigen kann. Wie ist denn Aristophanes mit den
"Atheniensern und mit Sokrates, dem edelsten aller
"Menschen umgegangen? Und was hat Swift
"dem englischen Volk und seinen Machthabern nicht
"geboten? Dessenungeachtet sind und werden sie die
"Bewunderung aller Zeiten bleiben. Beide, wenn
"sie lebten, würden Börne als ebenbürtig anerkennen.
"Sein ausgezeichnetes Talent darf da nicht mit der
"moralischen, und noch weniger mit der politischen
"Elle gemessen werden. Das deutsche Vaterland
"sollte es sich vielmehr zur Ehre rechnen, daß an
"seinem literarischen Himmel ein solcher Stern der
"Satyre und des Humors aufgegangen ist. Bei
"dieser Ueberzeugung konnte ich für meine Person
"dieses Blatt Ihrer Zeitschrift nicht als Probeblatt
"auf dem Museum auflegen."

Es kömmt mir spaßhaft vor, daß man in Deutsch¬
land schon einige Monate lang von meinen Briefen
spricht und schreibt; daß ich fast so berühmt ge¬
worden, wie die Sontag. Und dabei gebrauchen
alle meine Gegner den Polizeipfiff, zu sagen: es ver¬

„unſern Freund Mebold meiner mit Namen und zu¬
„gleich des Umſtands erwähnen, daß Sie mir die
„Kritik über Börne zugeſendet, ſo glaube ich, Börne,
„den ich perſönlich kenne und deſſen Talent ich be¬
„wundere, die Erklärung ſchuldig zu ſeyn, daß ich,
„für meine Perſon, Ihre Kritik ſeiner Briefe nicht
„billigen kann. Wie iſt denn Ariſtophanes mit den
„Athenienſern und mit Sokrates, dem edelſten aller
„Menſchen umgegangen? Und was hat Swift
„dem engliſchen Volk und ſeinen Machthabern nicht
„geboten? Deſſenungeachtet ſind und werden ſie die
„Bewunderung aller Zeiten bleiben. Beide, wenn
„ſie lebten, würden Börne als ebenbürtig anerkennen.
„Sein ausgezeichnetes Talent darf da nicht mit der
„moraliſchen, und noch weniger mit der politiſchen
„Elle gemeſſen werden. Das deutſche Vaterland
„ſollte es ſich vielmehr zur Ehre rechnen, daß an
„ſeinem literariſchen Himmel ein ſolcher Stern der
„Satyre und des Humors aufgegangen iſt. Bei
„dieſer Ueberzeugung konnte ich für meine Perſon
„dieſes Blatt Ihrer Zeitſchrift nicht als Probeblatt
„auf dem Muſeum auflegen.“

Es kömmt mir ſpaßhaft vor, daß man in Deutſch¬
land ſchon einige Monate lang von meinen Briefen
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[74/0088] „unſern Freund Mebold meiner mit Namen und zu¬ „gleich des Umſtands erwähnen, daß Sie mir die „Kritik über Börne zugeſendet, ſo glaube ich, Börne, „den ich perſönlich kenne und deſſen Talent ich be¬ „wundere, die Erklärung ſchuldig zu ſeyn, daß ich, „für meine Perſon, Ihre Kritik ſeiner Briefe nicht „billigen kann. Wie iſt denn Ariſtophanes mit den „Athenienſern und mit Sokrates, dem edelſten aller „Menſchen umgegangen? Und was hat Swift „dem engliſchen Volk und ſeinen Machthabern nicht „geboten? Deſſenungeachtet ſind und werden ſie die „Bewunderung aller Zeiten bleiben. Beide, wenn „ſie lebten, würden Börne als ebenbürtig anerkennen. „Sein ausgezeichnetes Talent darf da nicht mit der „moraliſchen, und noch weniger mit der politiſchen „Elle gemeſſen werden. Das deutſche Vaterland „ſollte es ſich vielmehr zur Ehre rechnen, daß an „ſeinem literariſchen Himmel ein ſolcher Stern der „Satyre und des Humors aufgegangen iſt. Bei „dieſer Ueberzeugung konnte ich für meine Perſon „dieſes Blatt Ihrer Zeitſchrift nicht als Probeblatt „auf dem Muſeum auflegen.“ Es kömmt mir ſpaßhaft vor, daß man in Deutſch¬ land ſchon einige Monate lang von meinen Briefen ſpricht und ſchreibt; daß ich faſt ſo berühmt ge¬ worden, wie die Sontag. Und dabei gebrauchen alle meine Gegner den Polizeipfiff, zu ſagen: es ver¬

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/88>, abgerufen am 25.04.2024.