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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.

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Band Börne eben jetzt druckt." Zum Unglücke
kann man sich gar nicht auf den Styl dieser guten
Leute verlassen. Was heißt das: Eben jetzt druckt?
Auf jeden Fall soll das bedeuten: drucken läßt;
aber sind sie schon gedruckt? oder werden sie erst
gedruckt? Und wenn das letztere -- woher will
denn ein Wiener wissen was darin steht? Werden
die Briefe etwa in Wien gedruckt? Das wäre ein
Meisterstreich von dem Verleger. Als der schlaue
Casanova aus dem Gefängnisse der Staats-Inquisi¬
tion von Venedig entsprang, flüchtete er sich in das
Haus des Sbirrenhauptmanns; dort hielt er sich am
sichersten. In dem Berichte heißt es: ich hätte mich
gerühmt, daß meine Schreibereien am meisten von
den Wienern gelesen würden; das möchte aber wohl
eine Aufschneiderei sein. Der Himmel wolle
meine Demuth vor größeren Gefahren befahren!

Jetzt bitte ich Sie aber auch, fleißiger als es
vorigen Winter geschehen, auf die erscheinenden Rezen¬
sionen Acht zu haben, sie für mich zu sammeln und
mir mit Gelegenheit zu schicken. Nicht die Hälfte
von dem was über mich geschrieben worden, habe ich
damals zu lesen bekommen. Einige der interessante¬
sten Rezensionen kamen mir erst nach meiner Rück¬
kehr in Deutschland unter die Augen: wie die von
Görres und Carove und eine in der Abendzeitung,
worin es heißt: "Börne steht jetzt auf dem Punkte,

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Band Börne eben jetzt druckt.“ Zum Unglücke
kann man ſich gar nicht auf den Styl dieſer guten
Leute verlaſſen. Was heißt das: Eben jetzt druckt?
Auf jeden Fall ſoll das bedeuten: drucken läßt;
aber ſind ſie ſchon gedruckt? oder werden ſie erſt
gedruckt? Und wenn das letztere — woher will
denn ein Wiener wiſſen was darin ſteht? Werden
die Briefe etwa in Wien gedruckt? Das wäre ein
Meiſterſtreich von dem Verleger. Als der ſchlaue
Caſanova aus dem Gefängniſſe der Staats-Inquiſi¬
tion von Venedig entſprang, flüchtete er ſich in das
Haus des Sbirrenhauptmanns; dort hielt er ſich am
ſicherſten. In dem Berichte heißt es: ich hätte mich
gerühmt, daß meine Schreibereien am meiſten von
den Wienern geleſen würden; das möchte aber wohl
eine Aufſchneiderei ſein. Der Himmel wolle
meine Demuth vor größeren Gefahren befahren!

Jetzt bitte ich Sie aber auch, fleißiger als es
vorigen Winter geſchehen, auf die erſcheinenden Rezen¬
ſionen Acht zu haben, ſie für mich zu ſammeln und
mir mit Gelegenheit zu ſchicken. Nicht die Hälfte
von dem was über mich geſchrieben worden, habe ich
damals zu leſen bekommen. Einige der intereſſante¬
ſten Rezenſionen kamen mir erſt nach meiner Rück¬
kehr in Deutſchland unter die Augen: wie die von
Görres und Carové und eine in der Abendzeitung,
worin es heißt: „Börne ſteht jetzt auf dem Punkte,

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[195/0207] Band Börne eben jetzt druckt.“ Zum Unglücke kann man ſich gar nicht auf den Styl dieſer guten Leute verlaſſen. Was heißt das: Eben jetzt druckt? Auf jeden Fall ſoll das bedeuten: drucken läßt; aber ſind ſie ſchon gedruckt? oder werden ſie erſt gedruckt? Und wenn das letztere — woher will denn ein Wiener wiſſen was darin ſteht? Werden die Briefe etwa in Wien gedruckt? Das wäre ein Meiſterſtreich von dem Verleger. Als der ſchlaue Caſanova aus dem Gefängniſſe der Staats-Inquiſi¬ tion von Venedig entſprang, flüchtete er ſich in das Haus des Sbirrenhauptmanns; dort hielt er ſich am ſicherſten. In dem Berichte heißt es: ich hätte mich gerühmt, daß meine Schreibereien am meiſten von den Wienern geleſen würden; das möchte aber wohl eine Aufſchneiderei ſein. Der Himmel wolle meine Demuth vor größeren Gefahren befahren! Jetzt bitte ich Sie aber auch, fleißiger als es vorigen Winter geſchehen, auf die erſcheinenden Rezen¬ ſionen Acht zu haben, ſie für mich zu ſammeln und mir mit Gelegenheit zu ſchicken. Nicht die Hälfte von dem was über mich geſchrieben worden, habe ich damals zu leſen bekommen. Einige der intereſſante¬ ſten Rezenſionen kamen mir erſt nach meiner Rück¬ kehr in Deutſchland unter die Augen: wie die von Görres und Carové und eine in der Abendzeitung, worin es heißt: „Börne ſteht jetzt auf dem Punkte, 13*

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/207>, abgerufen am 28.03.2024.