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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.

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ist sie liebenswürdig, noch mehr, es ist keine Rettung
als ich bleibe bei Ihnen. Gegen sieben kam ich
nach Hause. Da lag der Brief auf meinem
Pulte ...

Den Gedanken des ****, statt einer förmlichen
französischen Revolutionsgeschichte, französische Revo¬
lutions-Charaktere zu beschreiben, hatte ich früher
selbst schon gehabt. Er hat aber auch darin Recht,
daß dieses eben so viel Arbeit als eine vollkommene
Geschichte nöthig machen würde. Robespierre war
die höchste Spitze der Revolution und da hinauf zu
kommen, müßte ich auch den ganzen Weg zurücklegen;
nur brauchte ich freilich mich nirgends so lange auf¬
zuhalten, als wenn ich die ganze Geschichte beschriebe.
Aber **** hat Unrecht, wenn er meint ich wäre zu
viel Patriot, nicht unbefangen genug. Ich bin es
nur zu sehr, zu sehr Fatalist. Ich würde den Adel
entschuldigen, wie es noch keiner gethan; aber frei¬
lich auch Robespierre. Ich übernähme es, alle rein
zu waschen von ihren Sünden, die Aristokraten von
ihren Rostflecken, die Demokraten von ihren Blut¬
flecken -- nur nicht die welche Geld genommen
wie Mirabeau. Diesen Schmutz nimmt keine
Liebe weg.

iſt ſie liebenswürdig, noch mehr, es iſt keine Rettung
als ich bleibe bei Ihnen. Gegen ſieben kam ich
nach Hauſe. Da lag der Brief auf meinem
Pulte ...

Den Gedanken des ****, ſtatt einer förmlichen
franzöſiſchen Revolutionsgeſchichte, franzöſiſche Revo¬
lutions-Charaktere zu beſchreiben, hatte ich früher
ſelbſt ſchon gehabt. Er hat aber auch darin Recht,
daß dieſes eben ſo viel Arbeit als eine vollkommene
Geſchichte nöthig machen würde. Robespierre war
die höchſte Spitze der Revolution und da hinauf zu
kommen, müßte ich auch den ganzen Weg zurücklegen;
nur brauchte ich freilich mich nirgends ſo lange auf¬
zuhalten, als wenn ich die ganze Geſchichte beſchriebe.
Aber **** hat Unrecht, wenn er meint ich wäre zu
viel Patriot, nicht unbefangen genug. Ich bin es
nur zu ſehr, zu ſehr Fataliſt. Ich würde den Adel
entſchuldigen, wie es noch keiner gethan; aber frei¬
lich auch Robespierre. Ich übernähme es, alle rein
zu waſchen von ihren Sünden, die Ariſtokraten von
ihren Roſtflecken, die Demokraten von ihren Blut¬
flecken — nur nicht die welche Geld genommen
wie Mirabeau. Dieſen Schmutz nimmt keine
Liebe weg.

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[31/0043] iſt ſie liebenswürdig, noch mehr, es iſt keine Rettung als ich bleibe bei Ihnen. Gegen ſieben kam ich nach Hauſe. Da lag der Brief auf meinem Pulte ... Den Gedanken des ****, ſtatt einer förmlichen franzöſiſchen Revolutionsgeſchichte, franzöſiſche Revo¬ lutions-Charaktere zu beſchreiben, hatte ich früher ſelbſt ſchon gehabt. Er hat aber auch darin Recht, daß dieſes eben ſo viel Arbeit als eine vollkommene Geſchichte nöthig machen würde. Robespierre war die höchſte Spitze der Revolution und da hinauf zu kommen, müßte ich auch den ganzen Weg zurücklegen; nur brauchte ich freilich mich nirgends ſo lange auf¬ zuhalten, als wenn ich die ganze Geſchichte beſchriebe. Aber **** hat Unrecht, wenn er meint ich wäre zu viel Patriot, nicht unbefangen genug. Ich bin es nur zu ſehr, zu ſehr Fataliſt. Ich würde den Adel entſchuldigen, wie es noch keiner gethan; aber frei¬ lich auch Robespierre. Ich übernähme es, alle rein zu waſchen von ihren Sünden, die Ariſtokraten von ihren Roſtflecken, die Demokraten von ihren Blut¬ flecken — nur nicht die welche Geld genommen wie Mirabeau. Dieſen Schmutz nimmt keine Liebe weg.

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/43>, abgerufen am 24.04.2024.