Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

Schwedens
than/ wären in der That sehr arbeitsam/ und liessen
sich keine Müh verdriessen. Jm übrigen studiereten sie
nicht gerne mehr/ als sie vermeyneten nöthig zu haben.

Was die Commercien beträff/ so macheten sie ehe/
was schlechte/ als was künstliche und subtile Manu-
factur
en wären; oder sie wolten gleich vor Meister
passiren/ da sie kaum die Helffte von denjenigen wü-
sten/ was ihnen zu käme. Wo demnach ein Nach-
sinnen zu einer Arbeit erfodert würde/ da bedieneten
sie sich der Fremden dazu.

Jhr Kriegesvolck könne erstaunende Kälte/ Hun-
ger/ lange Marchen, und die gröste Strapuzierung
ausstehen. Die grossen Herren und die Edlen wä-
ren von Natur hertzhafft und kriegerisch: sonst gantz
annehmlich/ und wolten gerne bis auff den höchsten
Grad aestimiret seyn. Dahero sie allezeit ein gros-
ses Gefolge von Dienern/ prächtige Gebäude/ herr-
liche Ausbutzung ihrer Zimmer/ und kostbahre Liebe-
reyen liebeten/ und es ehe ihrer Tafel abbrächen. Sie
ergriffen niemahls den geistlichen Stand oder sol-
che Aemter/ noch weniger legeten sie sich auf die Ju-
ris prudenz
oder Medicin, und hätten am allerwe-
nigsten mit dem Kauffhandel und Commercien zu
schaffen.

Die Geistlichen wären mittelmässig gelehrt/ und
wenig in Religions- Streitigkeiten geübet/ weil sie
keine Adversarios hätten. Sie affectireten die Gra-
vität und grossen Bärte: Wären wegen ihrer Gast-
freyen Art wohl aestimiret/ und hätten bey dem gemei-
nen Manne grossen Credit.

Die Bürger verstünden sich nicht eben allzu accu-

rat

Schwedens
than/ waͤren in der That ſehr arbeitſam/ und lieſſen
ſich keine Muͤh verdrieſſen. Jm uͤbrigen ſtudiereten ſie
nicht gerne mehr/ als ſie vermeynetẽ noͤthig zu haben.

Was die Commercien betraͤff/ ſo macheten ſie ehe/
was ſchlechte/ als was kuͤnſtliche und ſubtile Manu-
factur
en waͤren; oder ſie wolten gleich vor Meiſter
paſſiren/ da ſie kaum die Helffte von denjenigen wuͤ-
ſten/ was ihnen zu kaͤme. Wo demnach ein Nach-
ſinnen zu einer Arbeit erfodert wuͤrde/ da bedieneten
ſie ſich der Fremden dazu.

Jhr Kriegesvolck koͤnne erſtaunende Kaͤlte/ Hun-
ger/ lange Marchen, und die groͤſte Strapuzierung
ausſtehen. Die groſſen Herren und die Edlen waͤ-
ren von Natur hertzhafft und kriegeriſch: ſonſt gantz
annehmlich/ und wolten gerne bis auff den hoͤchſten
Grad æſtimiret ſeyn. Dahero ſie allezeit ein groſ-
ſes Gefolge von Dienern/ praͤchtige Gebaͤude/ herr-
liche Ausbutzung ihrer Zimmer/ und koſtbahre Liebe-
reyen liebeten/ und es ehe ihrer Tafel abbraͤchen. Sie
ergriffen niemahls den geiſtlichen Stand oder ſol-
che Aemter/ noch weniger legeten ſie ſich auf die Ju-
ris prudenz
oder Medicin, und haͤtten am allerwe-
nigſten mit dem Kauffhandel und Commercien zu
ſchaffen.

Die Geiſtlichen waͤren mittelmaͤſſig gelehrt/ und
wenig in Religions- Streitigkeiten geuͤbet/ weil ſie
keine Adverſarios haͤtten. Sie affectireten die Gra-
vitaͤt und groſſen Baͤrte: Waͤren wegen ihrer Gaſt-
freyen Art wohl æſtimiret/ und haͤtten bey dem gemei-
nen Manne groſſen Credit.

Die Buͤrger verſtuͤnden ſich nicht eben allzu accu-

rat
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0418" n="382"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Schwedens</hi></fw><lb/>
than/ wa&#x0364;ren in der That &#x017F;ehr arbeit&#x017F;am/ und lie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ich keine Mu&#x0364;h verdrie&#x017F;&#x017F;en. Jm u&#x0364;brigen &#x017F;tudiereten &#x017F;ie<lb/>
nicht gerne mehr/ als &#x017F;ie vermeynete&#x0303; no&#x0364;thig zu haben.</p><lb/>
            <p>Was die Commercien betra&#x0364;ff/ &#x017F;o macheten &#x017F;ie ehe/<lb/>
was &#x017F;chlechte/ als was ku&#x0364;n&#x017F;tliche und &#x017F;ubtile <hi rendition="#aq">Manu-<lb/>
factur</hi>en wa&#x0364;ren; oder &#x017F;ie wolten gleich vor Mei&#x017F;ter<lb/><hi rendition="#aq">pa&#x017F;&#x017F;i</hi>ren/ da &#x017F;ie kaum die Helffte von denjenigen wu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten/ was ihnen zu ka&#x0364;me. Wo demnach ein Nach-<lb/>
&#x017F;innen zu einer Arbeit erfodert wu&#x0364;rde/ da bedieneten<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich der Fremden dazu.</p><lb/>
            <p>Jhr Kriegesvolck ko&#x0364;nne er&#x017F;taunende Ka&#x0364;lte/ Hun-<lb/>
ger/ lange <hi rendition="#aq">Marchen,</hi> und die gro&#x0364;&#x017F;te Strapuzierung<lb/>
aus&#x017F;tehen. Die gro&#x017F;&#x017F;en Herren und die Edlen wa&#x0364;-<lb/>
ren von Natur hertzhafft und kriegeri&#x017F;ch: &#x017F;on&#x017F;t gantz<lb/>
annehmlich/ und wolten gerne bis auff den ho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Grad <hi rendition="#aq">æ&#x017F;timi</hi>ret &#x017F;eyn. Dahero &#x017F;ie allezeit ein gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;es Gefolge von Dienern/ pra&#x0364;chtige Geba&#x0364;ude/ herr-<lb/>
liche Ausbutzung ihrer Zimmer/ und ko&#x017F;tbahre Liebe-<lb/>
reyen liebeten/ und es ehe ihrer Tafel abbra&#x0364;chen. Sie<lb/>
ergriffen niemahls den gei&#x017F;tlichen Stand oder &#x017F;ol-<lb/>
che Aemter/ noch weniger legeten &#x017F;ie &#x017F;ich auf die <hi rendition="#aq">Ju-<lb/>
ris prudenz</hi> oder <hi rendition="#aq">Medicin,</hi> und ha&#x0364;tten am allerwe-<lb/>
nig&#x017F;ten mit dem Kauffhandel und Commercien zu<lb/>
&#x017F;chaffen.</p><lb/>
            <p>Die Gei&#x017F;tlichen wa&#x0364;ren mittelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig gelehrt/ und<lb/>
wenig in Religions- Streitigkeiten geu&#x0364;bet/ weil &#x017F;ie<lb/>
keine <hi rendition="#aq">Adver&#x017F;arios</hi> ha&#x0364;tten. Sie <hi rendition="#aq">affecti</hi>reten die Gra-<lb/>
vita&#x0364;t und gro&#x017F;&#x017F;en Ba&#x0364;rte: Wa&#x0364;ren wegen ihrer Ga&#x017F;t-<lb/>
freyen Art wohl <hi rendition="#aq">æ&#x017F;timi</hi>ret/ und ha&#x0364;tten bey dem gemei-<lb/>
nen Manne gro&#x017F;&#x017F;en Credit.</p><lb/>
            <p>Die Bu&#x0364;rger ver&#x017F;tu&#x0364;nden &#x017F;ich nicht eben allzu accu-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">rat</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[382/0418] Schwedens than/ waͤren in der That ſehr arbeitſam/ und lieſſen ſich keine Muͤh verdrieſſen. Jm uͤbrigen ſtudiereten ſie nicht gerne mehr/ als ſie vermeynetẽ noͤthig zu haben. Was die Commercien betraͤff/ ſo macheten ſie ehe/ was ſchlechte/ als was kuͤnſtliche und ſubtile Manu- facturen waͤren; oder ſie wolten gleich vor Meiſter paſſiren/ da ſie kaum die Helffte von denjenigen wuͤ- ſten/ was ihnen zu kaͤme. Wo demnach ein Nach- ſinnen zu einer Arbeit erfodert wuͤrde/ da bedieneten ſie ſich der Fremden dazu. Jhr Kriegesvolck koͤnne erſtaunende Kaͤlte/ Hun- ger/ lange Marchen, und die groͤſte Strapuzierung ausſtehen. Die groſſen Herren und die Edlen waͤ- ren von Natur hertzhafft und kriegeriſch: ſonſt gantz annehmlich/ und wolten gerne bis auff den hoͤchſten Grad æſtimiret ſeyn. Dahero ſie allezeit ein groſ- ſes Gefolge von Dienern/ praͤchtige Gebaͤude/ herr- liche Ausbutzung ihrer Zimmer/ und koſtbahre Liebe- reyen liebeten/ und es ehe ihrer Tafel abbraͤchen. Sie ergriffen niemahls den geiſtlichen Stand oder ſol- che Aemter/ noch weniger legeten ſie ſich auf die Ju- ris prudenz oder Medicin, und haͤtten am allerwe- nigſten mit dem Kauffhandel und Commercien zu ſchaffen. Die Geiſtlichen waͤren mittelmaͤſſig gelehrt/ und wenig in Religions- Streitigkeiten geuͤbet/ weil ſie keine Adverſarios haͤtten. Sie affectireten die Gra- vitaͤt und groſſen Baͤrte: Waͤren wegen ihrer Gaſt- freyen Art wohl æſtimiret/ und haͤtten bey dem gemei- nen Manne groſſen Credit. Die Buͤrger verſtuͤnden ſich nicht eben allzu accu- rat

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Diese Ausgabe ist ein Exemplar der Zeitschrift „D… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696/418
Zitationshilfe: Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696/418>, abgerufen am 23.04.2024.