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Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898.

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V. Abschnitt. [Gleich. 142]
V. Abschnitt.
Ableitung der van der Waals'schen Gleichung mittelst des
Virialbegriffes.

§ 48. Präcisirung der Punkte, wo van der Waals'
Schlussweise der Ergänzung bedarf
.

Wir sind im I. Abschnitte bei Ableitung der Waals'schen
Gleichungen im Allgemeinen der Methode gefolgt, nach welcher
sie dieser selbst zuerst begründete und welche sich durch
grosse Einfachheit und Anschaulichkeit auszeichnet. Es wurde
jedoch schon in der Anmerkung auf S. 14 bemerkt, dass sie
vielleicht nicht vollkommen einwurfsfrei ist.

Es könnte zunächst die Annahme in Zweifel gezogen
werden, welche wir in § 3 und auch noch später gemacht
haben, dass sowohl im ganzen Gefässe, als auch in dem nahe
der Grenze des Gasraumes liegenden Cylinder, den wir dort
den Cylinder g nannten, jedes Volumelement als Ort für den
Mittelpunkt eines Moleküles gleich wahrscheinlich ist, ob dessen
Entfernung vom Mittelpunkte eines anderen Moleküles nur
wenig grösser als s ist, oder ob es von allen anderen Mole-
külen viel weiter entfernt ist.

Falls ausser den Stosskräften keine anderen Kräfte thätig
sind, folgt die Richtigkeit dieser Annahme allerdings unmittel-
bar aus der Gleichung 140), in welcher dann V constant ist,
so dass sie also die durchschnittliche Anzahl der in gleichen
Volumelementen enthaltenen Molekülmittelpunkte überall gleich
liefert.

Dagegen wird die Waals'sche Cohäsionskraft im Innern
der Flüssigkeit eine dichtere Anordnung der Moleküle als in
der unmittelbaren Nähe der Wand bewirken, was jedoch
van der Waals weder bei Ableitung des Ausdruckes der
Stösse auf die Wand, noch bei Berechnung der Abhängigkeit
des Gliedes a/v2 von der Dichte des Gases berücksichtigt.

V. Abschnitt. [Gleich. 142]
V. Abschnitt.
Ableitung der van der Waals’schen Gleichung mittelst des
Virialbegriffes.

§ 48. Präcisirung der Punkte, wo van der Waals’
Schlussweise der Ergänzung bedarf
.

Wir sind im I. Abschnitte bei Ableitung der Waals’schen
Gleichungen im Allgemeinen der Methode gefolgt, nach welcher
sie dieser selbst zuerst begründete und welche sich durch
grosse Einfachheit und Anschaulichkeit auszeichnet. Es wurde
jedoch schon in der Anmerkung auf S. 14 bemerkt, dass sie
vielleicht nicht vollkommen einwurfsfrei ist.

Es könnte zunächst die Annahme in Zweifel gezogen
werden, welche wir in § 3 und auch noch später gemacht
haben, dass sowohl im ganzen Gefässe, als auch in dem nahe
der Grenze des Gasraumes liegenden Cylinder, den wir dort
den Cylinder γ nannten, jedes Volumelement als Ort für den
Mittelpunkt eines Moleküles gleich wahrscheinlich ist, ob dessen
Entfernung vom Mittelpunkte eines anderen Moleküles nur
wenig grösser als σ ist, oder ob es von allen anderen Mole-
külen viel weiter entfernt ist.

Falls ausser den Stosskräften keine anderen Kräfte thätig
sind, folgt die Richtigkeit dieser Annahme allerdings unmittel-
bar aus der Gleichung 140), in welcher dann V constant ist,
so dass sie also die durchschnittliche Anzahl der in gleichen
Volumelementen enthaltenen Molekülmittelpunkte überall gleich
liefert.

Dagegen wird die Waals’sche Cohäsionskraft im Innern
der Flüssigkeit eine dichtere Anordnung der Moleküle als in
der unmittelbaren Nähe der Wand bewirken, was jedoch
van der Waals weder bei Ableitung des Ausdruckes der
Stösse auf die Wand, noch bei Berechnung der Abhängigkeit
des Gliedes a/v2 von der Dichte des Gases berücksichtigt.

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[138/0156] V. Abschnitt. [Gleich. 142] V. Abschnitt. Ableitung der van der Waals’schen Gleichung mittelst des Virialbegriffes. § 48. Präcisirung der Punkte, wo van der Waals’ Schlussweise der Ergänzung bedarf. Wir sind im I. Abschnitte bei Ableitung der Waals’schen Gleichungen im Allgemeinen der Methode gefolgt, nach welcher sie dieser selbst zuerst begründete und welche sich durch grosse Einfachheit und Anschaulichkeit auszeichnet. Es wurde jedoch schon in der Anmerkung auf S. 14 bemerkt, dass sie vielleicht nicht vollkommen einwurfsfrei ist. Es könnte zunächst die Annahme in Zweifel gezogen werden, welche wir in § 3 und auch noch später gemacht haben, dass sowohl im ganzen Gefässe, als auch in dem nahe der Grenze des Gasraumes liegenden Cylinder, den wir dort den Cylinder γ nannten, jedes Volumelement als Ort für den Mittelpunkt eines Moleküles gleich wahrscheinlich ist, ob dessen Entfernung vom Mittelpunkte eines anderen Moleküles nur wenig grösser als σ ist, oder ob es von allen anderen Mole- külen viel weiter entfernt ist. Falls ausser den Stosskräften keine anderen Kräfte thätig sind, folgt die Richtigkeit dieser Annahme allerdings unmittel- bar aus der Gleichung 140), in welcher dann V constant ist, so dass sie also die durchschnittliche Anzahl der in gleichen Volumelementen enthaltenen Molekülmittelpunkte überall gleich liefert. Dagegen wird die Waals’sche Cohäsionskraft im Innern der Flüssigkeit eine dichtere Anordnung der Moleküle als in der unmittelbaren Nähe der Wand bewirken, was jedoch van der Waals weder bei Ableitung des Ausdruckes der Stösse auf die Wand, noch bei Berechnung der Abhängigkeit des Gliedes a/v2 von der Dichte des Gases berücksichtigt.

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Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898/156>, abgerufen am 28.03.2024.