Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite
[Gleich. 283] § 85. Beschränkte Stossfähigkeit.
§ 85. Es sollen nur die Atome einer einzigen
Gattung sich stossen
.

Es sei ein ideales Gas mit durchaus gleich beschaffenen
Molekülen gegeben. Jedes Molekül bestehe aus zwei verschieden
beschaffenen Atomen mit den Massen m1 und m2 (dem Atome
erster und dem zweiter Gattung). Die beiden Atome jedes
Moleküles sollen sich bezüglich der intramolekularen Bewegung
wie materielle Punkte verhalten, die in den Mittelpunkten der
Atome concentrirt sind, und auf einander eine Kraft ausüben,
welche in die Richtung ihrer Verbindungslinie fällt und Function
ihres Abstandes ist. Die intramolekularen Bewegungen sollen
also gewöhnliche Centralbewegungen 1) sein. Die Wechsel-
wirkung zweier verschiedener Moleküle aber soll darin be-
stehen, dass sich je zwei Atome erster Gattung mit den
Massen m1 wie unendlich wenig deformirbare elastische Kugeln
stossen; zwischen den Atomen erster und zweiter Gattung,
wenn sie verschiedenen Molekülen angehören, sowie zwischen
den Atomen zweiter Gattung unter einander aber soll gar
keine Wechselwirkung stattfinden.

Wir erhalten dann durch Anwendung einer ähnlichen
Schlussweise, wie wir sie im vorigen Paragraphen aus einander
gesetzt haben, für die Atome erster Gattung die der Glei-
chung 282) analoge, aus welcher folgt:
283) [Formel 1] .
Es sind hier wie dort u1, v1, w1 die Geschwindigkeitscompo-
nenten eines Atomes erster Gattung; f1 (c1) d u1 d v1 d w1 ist die
Anzahl der Atome erster Gattung des gesammten Gases, für
welche u1, v1, w1 zwischen den Grenzen 280) liegen; A kann
noch von den für den sonstigen Zustand des Moleküles an-
genommenen Grenzen abhängen.

Dagegen kann die gleiche Schlussweise nicht auf die Atome
zweiter Gattung angewendet werden, da dieselben niemals mit
anderen Atomen fremder Moleküle zusammenstossen. Wir

1) Boltzmann, Vorlesungen über die Principe der Mechanik.
§§ 20--24.
[Gleich. 283] § 85. Beschränkte Stossfähigkeit.
§ 85. Es sollen nur die Atome einer einzigen
Gattung sich stossen
.

Es sei ein ideales Gas mit durchaus gleich beschaffenen
Molekülen gegeben. Jedes Molekül bestehe aus zwei verschieden
beschaffenen Atomen mit den Massen m1 und m2 (dem Atome
erster und dem zweiter Gattung). Die beiden Atome jedes
Moleküles sollen sich bezüglich der intramolekularen Bewegung
wie materielle Punkte verhalten, die in den Mittelpunkten der
Atome concentrirt sind, und auf einander eine Kraft ausüben,
welche in die Richtung ihrer Verbindungslinie fällt und Function
ihres Abstandes ist. Die intramolekularen Bewegungen sollen
also gewöhnliche Centralbewegungen 1) sein. Die Wechsel-
wirkung zweier verschiedener Moleküle aber soll darin be-
stehen, dass sich je zwei Atome erster Gattung mit den
Massen m1 wie unendlich wenig deformirbare elastische Kugeln
stossen; zwischen den Atomen erster und zweiter Gattung,
wenn sie verschiedenen Molekülen angehören, sowie zwischen
den Atomen zweiter Gattung unter einander aber soll gar
keine Wechselwirkung stattfinden.

Wir erhalten dann durch Anwendung einer ähnlichen
Schlussweise, wie wir sie im vorigen Paragraphen aus einander
gesetzt haben, für die Atome erster Gattung die der Glei-
chung 282) analoge, aus welcher folgt:
283) [Formel 1] .
Es sind hier wie dort u1, v1, w1 die Geschwindigkeitscompo-
nenten eines Atomes erster Gattung; f1 (c1) d u1 d v1 d w1 ist die
Anzahl der Atome erster Gattung des gesammten Gases, für
welche u1, v1, w1 zwischen den Grenzen 280) liegen; A kann
noch von den für den sonstigen Zustand des Moleküles an-
genommenen Grenzen abhängen.

Dagegen kann die gleiche Schlussweise nicht auf die Atome
zweiter Gattung angewendet werden, da dieselben niemals mit
anderen Atomen fremder Moleküle zusammenstossen. Wir

1) Boltzmann, Vorlesungen über die Principe der Mechanik.
§§ 20—24.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0263" n="245"/>
        <fw place="top" type="header">[Gleich. 283] § 85. Beschränkte Stossfähigkeit.</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head>§ 85. <hi rendition="#g">Es sollen nur die Atome einer einzigen<lb/>
Gattung sich stossen</hi>.</head><lb/>
          <p>Es sei ein ideales Gas mit durchaus gleich beschaffenen<lb/>
Molekülen gegeben. Jedes Molekül bestehe aus zwei verschieden<lb/>
beschaffenen Atomen mit den Massen <hi rendition="#i">m</hi><hi rendition="#sub">1</hi> und <hi rendition="#i">m</hi><hi rendition="#sub">2</hi> (dem Atome<lb/>
erster und dem zweiter Gattung). Die beiden Atome jedes<lb/>
Moleküles sollen sich bezüglich der intramolekularen Bewegung<lb/>
wie materielle Punkte verhalten, die in den Mittelpunkten der<lb/>
Atome concentrirt sind, und auf einander eine Kraft ausüben,<lb/>
welche in die Richtung ihrer Verbindungslinie fällt und Function<lb/>
ihres Abstandes ist. Die intramolekularen Bewegungen sollen<lb/>
also gewöhnliche Centralbewegungen <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Boltzmann</hi>, Vorlesungen über die Principe der Mechanik.<lb/>
§§ 20&#x2014;24.</note> sein. Die Wechsel-<lb/>
wirkung zweier verschiedener Moleküle aber soll darin be-<lb/>
stehen, dass sich je zwei Atome erster Gattung mit den<lb/>
Massen <hi rendition="#i">m</hi><hi rendition="#sub">1</hi> wie unendlich wenig deformirbare elastische Kugeln<lb/>
stossen; zwischen den Atomen erster und zweiter Gattung,<lb/>
wenn sie verschiedenen Molekülen angehören, sowie zwischen<lb/>
den Atomen zweiter Gattung unter einander aber soll gar<lb/>
keine Wechselwirkung stattfinden.</p><lb/>
          <p>Wir erhalten dann durch Anwendung einer ähnlichen<lb/>
Schlussweise, wie wir sie im vorigen Paragraphen aus einander<lb/>
gesetzt haben, für die Atome erster Gattung die der Glei-<lb/>
chung 282) analoge, aus welcher folgt:<lb/>
283) <hi rendition="#et"><formula/>.</hi><lb/>
Es sind hier wie dort <hi rendition="#i">u</hi><hi rendition="#sub">1</hi>, <hi rendition="#i">v</hi><hi rendition="#sub">1</hi>, <hi rendition="#i">w</hi><hi rendition="#sub">1</hi> die Geschwindigkeitscompo-<lb/>
nenten eines Atomes erster Gattung; <hi rendition="#i">f</hi><hi rendition="#sub">1</hi> (<hi rendition="#i">c</hi><hi rendition="#sub">1</hi>) <hi rendition="#i">d u</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">d v</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">d w</hi><hi rendition="#sub">1</hi> ist die<lb/>
Anzahl der Atome erster Gattung des gesammten Gases, für<lb/>
welche <hi rendition="#i">u</hi><hi rendition="#sub">1</hi>, <hi rendition="#i">v</hi><hi rendition="#sub">1</hi>, <hi rendition="#i">w</hi><hi rendition="#sub">1</hi> zwischen den Grenzen 280) liegen; <hi rendition="#i">A</hi> kann<lb/>
noch von den für den sonstigen Zustand des Moleküles an-<lb/>
genommenen Grenzen abhängen.</p><lb/>
          <p>Dagegen kann die gleiche Schlussweise nicht auf die Atome<lb/>
zweiter Gattung angewendet werden, da dieselben niemals mit<lb/>
anderen Atomen fremder Moleküle zusammenstossen. Wir<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[245/0263] [Gleich. 283] § 85. Beschränkte Stossfähigkeit. § 85. Es sollen nur die Atome einer einzigen Gattung sich stossen. Es sei ein ideales Gas mit durchaus gleich beschaffenen Molekülen gegeben. Jedes Molekül bestehe aus zwei verschieden beschaffenen Atomen mit den Massen m1 und m2 (dem Atome erster und dem zweiter Gattung). Die beiden Atome jedes Moleküles sollen sich bezüglich der intramolekularen Bewegung wie materielle Punkte verhalten, die in den Mittelpunkten der Atome concentrirt sind, und auf einander eine Kraft ausüben, welche in die Richtung ihrer Verbindungslinie fällt und Function ihres Abstandes ist. Die intramolekularen Bewegungen sollen also gewöhnliche Centralbewegungen 1) sein. Die Wechsel- wirkung zweier verschiedener Moleküle aber soll darin be- stehen, dass sich je zwei Atome erster Gattung mit den Massen m1 wie unendlich wenig deformirbare elastische Kugeln stossen; zwischen den Atomen erster und zweiter Gattung, wenn sie verschiedenen Molekülen angehören, sowie zwischen den Atomen zweiter Gattung unter einander aber soll gar keine Wechselwirkung stattfinden. Wir erhalten dann durch Anwendung einer ähnlichen Schlussweise, wie wir sie im vorigen Paragraphen aus einander gesetzt haben, für die Atome erster Gattung die der Glei- chung 282) analoge, aus welcher folgt: 283) [FORMEL]. Es sind hier wie dort u1, v1, w1 die Geschwindigkeitscompo- nenten eines Atomes erster Gattung; f1 (c1) d u1 d v1 d w1 ist die Anzahl der Atome erster Gattung des gesammten Gases, für welche u1, v1, w1 zwischen den Grenzen 280) liegen; A kann noch von den für den sonstigen Zustand des Moleküles an- genommenen Grenzen abhängen. Dagegen kann die gleiche Schlussweise nicht auf die Atome zweiter Gattung angewendet werden, da dieselben niemals mit anderen Atomen fremder Moleküle zusammenstossen. Wir 1) Boltzmann, Vorlesungen über die Principe der Mechanik. §§ 20—24.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898/263
Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898/263>, abgerufen am 19.04.2024.