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Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898.

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III. Abschnitt. [Gleich. 53]
Theorie der bestimmten Integrale gehört, dort aber nicht immer
völlig klargestellt wird.

Ich betrachte da den allgemeinsten Fall. Es seien n be-
liebige, in einem bestimmten Bereiche eindeutige und continuir-
liche Functionen x1, x2 ... xn von n independenten Variabeln
x1, x2 ... xn gegeben. Umgekehrt seien auch die x eindeutige
continuirliche Functionen der x. Setzen wir dann
[Formel 1] ,
so gilt zwischen den Differentialen die Gleichung:
53) [Formel 2] .
Die Bedeutung dieser Gleichung lässt an Klarheit nichts zu
wünschen übrig, wenn x1 bloss Function von x1, x2 bloss
Function von x2 u. s. w. ist. Wenn dann von allen x bloss x1
sich ändert, etwa um d x1 wächst, so ändert sich von allen x
auch bloss x1; sein Zuwachs heisse d x1. Ebenso gehört zu
einem Zuwachse d x2 von x2 ein bestimmter Zuwachs d x2 von
x2 u. s. w. Zwischen den so bestimmten Zuwächsen der x und x
besteht nun die Gleichung 53). Weit complicirter wird aber
die Sache, wenn, wie es im Allgemeinen angenommen werden
muss, jedes der x eine Function aller x ist.

Wenn dann x1 alle möglichen Werthe durchläuft, welche
zwischen x1 und x1 + d x1 liegen, während x2 einen constanten
Werth, der zwischen x2 und x2 + d x2 liegt, ebenso x3 einen
constanten zwischen x3 und x3 + d x3 liegenden Werth hat und
in gleicher Weise alle folgenden x constante Werthe haben, so
wird im Allgemeinen keineswegs bloss x1 sich ändern, sondern
es werden vielmehr alle x gleichzeitig sich ändern. Ebenso
werden sich im Allgemeinen alle x ändern, wenn bei Constant-
haltung aller übrigen x nur x2 alle Werthe von x2 bis x2 + d x2
durchläuft und zwar wird jedes x im zweiten Falle einen ganz
anderen Zuwachs erfahren, als im ersten. Wir haben also

III. Abschnitt. [Gleich. 53]
Theorie der bestimmten Integrale gehört, dort aber nicht immer
völlig klargestellt wird.

Ich betrachte da den allgemeinsten Fall. Es seien n be-
liebige, in einem bestimmten Bereiche eindeutige und continuir-
liche Functionen ξ1, ξ2ξn von n independenten Variabeln
x1, x2xn gegeben. Umgekehrt seien auch die x eindeutige
continuirliche Functionen der ξ. Setzen wir dann
[Formel 1] ,
so gilt zwischen den Differentialen die Gleichung:
53) [Formel 2] .
Die Bedeutung dieser Gleichung lässt an Klarheit nichts zu
wünschen übrig, wenn ξ1 bloss Function von x1, ξ2 bloss
Function von x2 u. s. w. ist. Wenn dann von allen x bloss x1
sich ändert, etwa um d x1 wächst, so ändert sich von allen ξ
auch bloss ξ1; sein Zuwachs heisse d ξ1. Ebenso gehört zu
einem Zuwachse d x2 von x2 ein bestimmter Zuwachs d ξ2 von
ξ2 u. s. w. Zwischen den so bestimmten Zuwächsen der x und ξ
besteht nun die Gleichung 53). Weit complicirter wird aber
die Sache, wenn, wie es im Allgemeinen angenommen werden
muss, jedes der ξ eine Function aller x ist.

Wenn dann x1 alle möglichen Werthe durchläuft, welche
zwischen x1 und x1 + d x1 liegen, während x2 einen constanten
Werth, der zwischen x2 und x2 + d x2 liegt, ebenso x3 einen
constanten zwischen x3 und x3 + d x3 liegenden Werth hat und
in gleicher Weise alle folgenden x constante Werthe haben, so
wird im Allgemeinen keineswegs bloss ξ1 sich ändern, sondern
es werden vielmehr alle ξ gleichzeitig sich ändern. Ebenso
werden sich im Allgemeinen alle ξ ändern, wenn bei Constant-
haltung aller übrigen x nur x2 alle Werthe von x2 bis x2 + d x2
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[70/0088] III. Abschnitt. [Gleich. 53] Theorie der bestimmten Integrale gehört, dort aber nicht immer völlig klargestellt wird. Ich betrachte da den allgemeinsten Fall. Es seien n be- liebige, in einem bestimmten Bereiche eindeutige und continuir- liche Functionen ξ1, ξ2 … ξn von n independenten Variabeln x1, x2 … xn gegeben. Umgekehrt seien auch die x eindeutige continuirliche Functionen der ξ. Setzen wir dann [FORMEL], so gilt zwischen den Differentialen die Gleichung: 53) [FORMEL]. Die Bedeutung dieser Gleichung lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig, wenn ξ1 bloss Function von x1, ξ2 bloss Function von x2 u. s. w. ist. Wenn dann von allen x bloss x1 sich ändert, etwa um d x1 wächst, so ändert sich von allen ξ auch bloss ξ1; sein Zuwachs heisse d ξ1. Ebenso gehört zu einem Zuwachse d x2 von x2 ein bestimmter Zuwachs d ξ2 von ξ2 u. s. w. Zwischen den so bestimmten Zuwächsen der x und ξ besteht nun die Gleichung 53). Weit complicirter wird aber die Sache, wenn, wie es im Allgemeinen angenommen werden muss, jedes der ξ eine Function aller x ist. Wenn dann x1 alle möglichen Werthe durchläuft, welche zwischen x1 und x1 + d x1 liegen, während x2 einen constanten Werth, der zwischen x2 und x2 + d x2 liegt, ebenso x3 einen constanten zwischen x3 und x3 + d x3 liegenden Werth hat und in gleicher Weise alle folgenden x constante Werthe haben, so wird im Allgemeinen keineswegs bloss ξ1 sich ändern, sondern es werden vielmehr alle ξ gleichzeitig sich ändern. Ebenso werden sich im Allgemeinen alle ξ ändern, wenn bei Constant- haltung aller übrigen x nur x2 alle Werthe von x2 bis x2 + d x2 durchläuft und zwar wird jedes ξ im zweiten Falle einen ganz anderen Zuwachs erfahren, als im ersten. Wir haben also

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Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898/88>, abgerufen am 18.04.2024.