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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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Meads Beynahe-Christ die erbaulichsten Stellen
vor, und erklärte uns, was er für unverständlich
hielt; aber eben auch nicht allemal am Verständlich-
sten. Ich las auch für mich. Aber mein Sinn
stuhnd meist nicht im Buch, soodern in der weiten
Welt.

XXXII.
Nur noch dießmal.

(1755.)

Im folgenden Frühling hieß es: Wohin nun mit
so viel Buben? Jakob und Jörg wurden zum Pul-
vermachen bestimmt; ich zum Salpetersieden. Bey
diesem Geschäft gab mir mein Vater Uli M. einen
groben, aber geraden ehrlichen Menschen zum Ge-
hülfen, der ehemals Soldat gewesen, und das Hand-
werk von seinem Vater her verstuhnd, der in seinem
Beruf, aber elend genug verstorben, da er in einen
siedenden Salpeterkessel fiel. Wir beyde Ulis fien-
gen also mit einander im Merz 1755. in der Scha-
matten
unsern Gewerb an. Da gab's immer unter
der Arbeit allerley Gespräche, die dann M. durch
irgend einen Umweg -- und wie ich nachwerts erfuhr,
geflissen, vielleicht gar auf Anstiften meines Vaters --
meist auf Heurathsmaterien zu lenken wußte, und
mir endlich eine gewisse schon ziemlich ältliche Toch-
ter zur Frau empfahl, die bald auch meinen Eltern,
dem Aeti besonders, eben ihres bestandenen Alters
und stillen Wandels wegen, sehr wohl gefiel. Ihnen

Meads Beynahe-Chriſt die erbaulichſten Stellen
vor, und erklaͤrte uns, was er fuͤr unverſtaͤndlich
hielt; aber eben auch nicht allemal am Verſtaͤndlich-
ſten. Ich las auch fuͤr mich. Aber mein Sinn
ſtuhnd meiſt nicht im Buch, ſoodern in der weiten
Welt.

XXXII.
Nur noch dießmal.

(1755.)

Im folgenden Fruͤhling hieß es: Wohin nun mit
ſo viel Buben? Jakob und Joͤrg wurden zum Pul-
vermachen beſtimmt; ich zum Salpeterſieden. Bey
dieſem Geſchaͤft gab mir mein Vater Uli M. einen
groben, aber geraden ehrlichen Menſchen zum Ge-
huͤlfen, der ehemals Soldat geweſen, und das Hand-
werk von ſeinem Vater her verſtuhnd, der in ſeinem
Beruf, aber elend genug verſtorben, da er in einen
ſiedenden Salpeterkeſſel fiel. Wir beyde Ulis fien-
gen alſo mit einander im Merz 1755. in der Scha-
matten
unſern Gewerb an. Da gab’s immer unter
der Arbeit allerley Geſpraͤche, die dann M. durch
irgend einen Umweg — und wie ich nachwerts erfuhr,
gefliſſen, vielleicht gar auf Anſtiften meines Vaters —
meiſt auf Heurathsmaterien zu lenken wußte, und
mir endlich eine gewiſſe ſchon ziemlich aͤltliche Toch-
ter zur Frau empfahl, die bald auch meinen Eltern,
dem Aeti beſonders, eben ihres beſtandenen Alters
und ſtillen Wandels wegen, ſehr wohl gefiel. Ihnen

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[73/0089] Meads Beynahe-Chriſt die erbaulichſten Stellen vor, und erklaͤrte uns, was er fuͤr unverſtaͤndlich hielt; aber eben auch nicht allemal am Verſtaͤndlich- ſten. Ich las auch fuͤr mich. Aber mein Sinn ſtuhnd meiſt nicht im Buch, ſoodern in der weiten Welt. XXXII. Nur noch dießmal. (1755.) Im folgenden Fruͤhling hieß es: Wohin nun mit ſo viel Buben? Jakob und Joͤrg wurden zum Pul- vermachen beſtimmt; ich zum Salpeterſieden. Bey dieſem Geſchaͤft gab mir mein Vater Uli M. einen groben, aber geraden ehrlichen Menſchen zum Ge- huͤlfen, der ehemals Soldat geweſen, und das Hand- werk von ſeinem Vater her verſtuhnd, der in ſeinem Beruf, aber elend genug verſtorben, da er in einen ſiedenden Salpeterkeſſel fiel. Wir beyde Ulis fien- gen alſo mit einander im Merz 1755. in der Scha- matten unſern Gewerb an. Da gab’s immer unter der Arbeit allerley Geſpraͤche, die dann M. durch irgend einen Umweg — und wie ich nachwerts erfuhr, gefliſſen, vielleicht gar auf Anſtiften meines Vaters — meiſt auf Heurathsmaterien zu lenken wußte, und mir endlich eine gewiſſe ſchon ziemlich aͤltliche Toch- ter zur Frau empfahl, die bald auch meinen Eltern, dem Aeti beſonders, eben ihres beſtandenen Alters und ſtillen Wandels wegen, ſehr wohl gefiel. Ihnen

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/89>, abgerufen am 28.03.2024.