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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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Fragen, machen aber einen Hauptgegenstand der theoretischen
Schiffbaukunst aus. Die Form des Schiffes, die Lage und Höhe
der Masten und andre Umstände werden zum Theil hiernach be-
stimmt, und obgleich die Erfahrung über manche Einzelnheiten zu
Rathe gezogen werden muß, so verdankt doch die Schiffbaukunst
auch den tiefsinnigen theoretischen Untersuchungen über diesen Ge-
genstand einen bedeutenden Theil ihrer Vervollkommnung.



Dreizehnte Vorlesung.



Ausfluß des Wassers aus kleinen Oeffnungen.

Indem ich im Begriff bin, zu den Erscheinungen überzugehen,
welche die Bewegungen der tropfbar flüssigen Körper uns darbieten,
fühle ich mich zwar genöthiget, mit der Klage, daß unsre theoreti-
schen Forschungen hier noch lange nicht den Grad der Vollkom-
menheit, wie bei den bisher erläuterten Untersuchungen, erlangt
haben, anzufangen; indeß, wenn es uns gleich an so strengen Be-
rechnungsmethoden, wie die Mechanik fester Körper sie liefert,
fehlt, wenn wir gleich in der Theorie der Wellen und bei ähnlichen
Erscheinungen über viele einzelne Umstände noch tiefere Belehrung
fordern, als unsre jetzigen Hülfsmittel sie uns darbieten *), so ist
doch auch hier schon so vieles mit Glück erforscht, daß Sie selbst
hier Gelegenheit finden werden, mit dem Reichthume an merk-
würdigen Belehrungen zufrieden zu sein.

Das Hervordringen des Wassers aus Oeffnungen, die klein
genug sind, um kein schnelles Ausleeren des Gefäßes zu gestatten,
zieht als eines der einfachsten Phänomene zuerst unsre Aufmerk-
samkeit auf sich. Wenn die Oeffnung sich, wie Fig. 97. in einer
horizontalen Platte AB aufwärts gerichtet befindet, so zeigt die
Erfahrung, daß der springende Wasserstrahl bis zu der Höhe steigt,

*) Fourier's neue Erweiterungen der höhern Analysis und Ra-
vier's und Corancez's Anwendungen derselben lassen auch hier bal-
dige weitere Fortschritte hoffen.

Fragen, machen aber einen Hauptgegenſtand der theoretiſchen
Schiffbaukunſt aus. Die Form des Schiffes, die Lage und Hoͤhe
der Maſten und andre Umſtaͤnde werden zum Theil hiernach be-
ſtimmt, und obgleich die Erfahrung uͤber manche Einzelnheiten zu
Rathe gezogen werden muß, ſo verdankt doch die Schiffbaukunſt
auch den tiefſinnigen theoretiſchen Unterſuchungen uͤber dieſen Ge-
genſtand einen bedeutenden Theil ihrer Vervollkommnung.



Dreizehnte Vorleſung.



Ausfluß des Waſſers aus kleinen Oeffnungen.

Indem ich im Begriff bin, zu den Erſcheinungen uͤberzugehen,
welche die Bewegungen der tropfbar fluͤſſigen Koͤrper uns darbieten,
fuͤhle ich mich zwar genoͤthiget, mit der Klage, daß unſre theoreti-
ſchen Forſchungen hier noch lange nicht den Grad der Vollkom-
menheit, wie bei den bisher erlaͤuterten Unterſuchungen, erlangt
haben, anzufangen; indeß, wenn es uns gleich an ſo ſtrengen Be-
rechnungsmethoden, wie die Mechanik feſter Koͤrper ſie liefert,
fehlt, wenn wir gleich in der Theorie der Wellen und bei aͤhnlichen
Erſcheinungen uͤber viele einzelne Umſtaͤnde noch tiefere Belehrung
fordern, als unſre jetzigen Huͤlfsmittel ſie uns darbieten *), ſo iſt
doch auch hier ſchon ſo vieles mit Gluͤck erforſcht, daß Sie ſelbſt
hier Gelegenheit finden werden, mit dem Reichthume an merk-
wuͤrdigen Belehrungen zufrieden zu ſein.

Das Hervordringen des Waſſers aus Oeffnungen, die klein
genug ſind, um kein ſchnelles Ausleeren des Gefaͤßes zu geſtatten,
zieht als eines der einfachſten Phaͤnomene zuerſt unſre Aufmerk-
ſamkeit auf ſich. Wenn die Oeffnung ſich, wie Fig. 97. in einer
horizontalen Platte AB aufwaͤrts gerichtet befindet, ſo zeigt die
Erfahrung, daß der ſpringende Waſſerſtrahl bis zu der Hoͤhe ſteigt,

*) Fourier's neue Erweiterungen der hoͤhern Analyſis und Ra-
vier's und Corancez's Anwendungen derſelben laſſen auch hier bal-
dige weitere Fortſchritte hoffen.
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[165/0187] Fragen, machen aber einen Hauptgegenſtand der theoretiſchen Schiffbaukunſt aus. Die Form des Schiffes, die Lage und Hoͤhe der Maſten und andre Umſtaͤnde werden zum Theil hiernach be- ſtimmt, und obgleich die Erfahrung uͤber manche Einzelnheiten zu Rathe gezogen werden muß, ſo verdankt doch die Schiffbaukunſt auch den tiefſinnigen theoretiſchen Unterſuchungen uͤber dieſen Ge- genſtand einen bedeutenden Theil ihrer Vervollkommnung. Dreizehnte Vorleſung. Ausfluß des Waſſers aus kleinen Oeffnungen. Indem ich im Begriff bin, zu den Erſcheinungen uͤberzugehen, welche die Bewegungen der tropfbar fluͤſſigen Koͤrper uns darbieten, fuͤhle ich mich zwar genoͤthiget, mit der Klage, daß unſre theoreti- ſchen Forſchungen hier noch lange nicht den Grad der Vollkom- menheit, wie bei den bisher erlaͤuterten Unterſuchungen, erlangt haben, anzufangen; indeß, wenn es uns gleich an ſo ſtrengen Be- rechnungsmethoden, wie die Mechanik feſter Koͤrper ſie liefert, fehlt, wenn wir gleich in der Theorie der Wellen und bei aͤhnlichen Erſcheinungen uͤber viele einzelne Umſtaͤnde noch tiefere Belehrung fordern, als unſre jetzigen Huͤlfsmittel ſie uns darbieten *), ſo iſt doch auch hier ſchon ſo vieles mit Gluͤck erforſcht, daß Sie ſelbſt hier Gelegenheit finden werden, mit dem Reichthume an merk- wuͤrdigen Belehrungen zufrieden zu ſein. Das Hervordringen des Waſſers aus Oeffnungen, die klein genug ſind, um kein ſchnelles Ausleeren des Gefaͤßes zu geſtatten, zieht als eines der einfachſten Phaͤnomene zuerſt unſre Aufmerk- ſamkeit auf ſich. Wenn die Oeffnung ſich, wie Fig. 97. in einer horizontalen Platte AB aufwaͤrts gerichtet befindet, ſo zeigt die Erfahrung, daß der ſpringende Waſſerſtrahl bis zu der Hoͤhe ſteigt, *) Fourier's neue Erweiterungen der hoͤhern Analyſis und Ra- vier's und Corancez's Anwendungen derſelben laſſen auch hier bal- dige weitere Fortſchritte hoffen.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/187>, abgerufen am 28.03.2024.