Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

den, noch auch seinen innern Raum erheblich verändern, (wenigstens
nur um so viel, als das von beiden Seiten der Wände stark ge-
drückte Glas sein Volumen ändert,) und wenn also zum Beispiel
1 Linie der Röhre AB ein Milliontel des Gefäßes C beträgt, so
lassen sich die Milliontel der Raum-Aenderung noch wahrnehmen.
Die Versuche jener Physiker geben bei 32 Fuß hohem Wasserdrucke
eine Zusammendrückung des Wassers = 48 Millionteln, welches
etwas weniger ist, als man nach Pfaff's Versuchen erhalten sollte.
Die Versuche wurden bis zu Pressungen, die 24 mal so stark als
der Druck der Atmosphäre waren, fortgesetzt, und so eine Zusam-
mendrückung, die über ein Tausendtel des ganzen Volumens be-
trug, bewirkt. Auch das Quecksilber zeigt bei diesen Versuchen eine
geringe Verminderung der Ausdehnung bei großem Drucke.

Die großen Vorsichten, die bei diesen Versuchen nöthig sind,
die Entfernung aller Luft aus dem Innern des mit der Flüssigkeit
gefüllten Gefäßes, die Vermeidung der geringsten Aenderung in der
Temperatur u. s. w. kann ich hier nur obenhin erwähnen; aber die
Versuche sind genau genug angestellt und stimmen unter sich so gut
überein, daß man ihnen vollkommenes Vertrauen schenken darf.
Daß aber diese Zusammendrückung geringe genug ist, um bei alle
den Phänomenen, die wir bis dahin betrachtet haben, als ganz un-
bedeutend bei Seite gesetzt zu werden, das erhellt wohl von selbst,
und wir können also immer noch vom Wasser als einer der Zusam-
mendrückung nicht empfänglichen Materie reden, und es der elasti-
schen Luft entgegensetzen, wenn gleich in den Tiefen von 1000 Fuß,
wohin die Wallfische sich zuweilen im Meere begeben, die Verdich-
tung des Wassers doch wohl über ein Tausendtel (immer wenig
genug!) betragen kann *).

Beweise für die Elasticität der Luft.

Die Luft dagegen ist in auffallendem Grade elastisch. Wenn
wir eine am einen Ende verschlossene cylindrische Röhre nehmen und
am offenen Ende einen dicht schließenden Kolben hineintreiben, so

*) Gilb. Ann. LXXII. 161. Poggend. Ann. XII. 39.

den, noch auch ſeinen innern Raum erheblich veraͤndern, (wenigſtens
nur um ſo viel, als das von beiden Seiten der Waͤnde ſtark ge-
druͤckte Glas ſein Volumen aͤndert,) und wenn alſo zum Beiſpiel
1 Linie der Roͤhre AB ein Milliontel des Gefaͤßes C betraͤgt, ſo
laſſen ſich die Milliontel der Raum-Aenderung noch wahrnehmen.
Die Verſuche jener Phyſiker geben bei 32 Fuß hohem Waſſerdrucke
eine Zuſammendruͤckung des Waſſers = 48 Millionteln, welches
etwas weniger iſt, als man nach Pfaff's Verſuchen erhalten ſollte.
Die Verſuche wurden bis zu Preſſungen, die 24 mal ſo ſtark als
der Druck der Atmoſphaͤre waren, fortgeſetzt, und ſo eine Zuſam-
mendruͤckung, die uͤber ein Tauſendtel des ganzen Volumens be-
trug, bewirkt. Auch das Queckſilber zeigt bei dieſen Verſuchen eine
geringe Verminderung der Ausdehnung bei großem Drucke.

Die großen Vorſichten, die bei dieſen Verſuchen noͤthig ſind,
die Entfernung aller Luft aus dem Innern des mit der Fluͤſſigkeit
gefuͤllten Gefaͤßes, die Vermeidung der geringſten Aenderung in der
Temperatur u. ſ. w. kann ich hier nur obenhin erwaͤhnen; aber die
Verſuche ſind genau genug angeſtellt und ſtimmen unter ſich ſo gut
uͤberein, daß man ihnen vollkommenes Vertrauen ſchenken darf.
Daß aber dieſe Zuſammendruͤckung geringe genug iſt, um bei alle
den Phaͤnomenen, die wir bis dahin betrachtet haben, als ganz un-
bedeutend bei Seite geſetzt zu werden, das erhellt wohl von ſelbſt,
und wir koͤnnen alſo immer noch vom Waſſer als einer der Zuſam-
mendruͤckung nicht empfaͤnglichen Materie reden, und es der elaſti-
ſchen Luft entgegenſetzen, wenn gleich in den Tiefen von 1000 Fuß,
wohin die Wallfiſche ſich zuweilen im Meere begeben, die Verdich-
tung des Waſſers doch wohl uͤber ein Tauſendtel (immer wenig
genug!) betragen kann *).

Beweiſe fuͤr die Elaſticitaͤt der Luft.

Die Luft dagegen iſt in auffallendem Grade elaſtiſch. Wenn
wir eine am einen Ende verſchloſſene cylindriſche Roͤhre nehmen und
am offenen Ende einen dicht ſchließenden Kolben hineintreiben, ſo

*) Gilb. Ann. LXXII. 161. Poggend. Ann. XII. 39.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0224" n="202"/>
den, noch auch &#x017F;einen innern Raum erheblich vera&#x0364;ndern, (wenig&#x017F;tens<lb/>
nur um &#x017F;o viel, als das von beiden Seiten der Wa&#x0364;nde &#x017F;tark ge-<lb/>
dru&#x0364;ckte Glas &#x017F;ein Volumen a&#x0364;ndert,) und wenn al&#x017F;o zum Bei&#x017F;piel<lb/>
1 Linie der Ro&#x0364;hre <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB</hi></hi> ein Milliontel des Gefa&#x0364;ßes <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">C</hi></hi> betra&#x0364;gt, &#x017F;o<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die Milliontel der Raum-Aenderung noch wahrnehmen.<lb/>
Die Ver&#x017F;uche jener Phy&#x017F;iker geben bei 32 Fuß hohem Wa&#x017F;&#x017F;erdrucke<lb/>
eine Zu&#x017F;ammendru&#x0364;ckung des Wa&#x017F;&#x017F;ers = 48 Millionteln, welches<lb/>
etwas weniger i&#x017F;t, als man nach <hi rendition="#g">Pfaff's</hi> Ver&#x017F;uchen erhalten &#x017F;ollte.<lb/>
Die Ver&#x017F;uche wurden bis zu Pre&#x017F;&#x017F;ungen, die 24 mal &#x017F;o &#x017F;tark als<lb/>
der Druck der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re waren, fortge&#x017F;etzt, und &#x017F;o eine Zu&#x017F;am-<lb/>
mendru&#x0364;ckung, die u&#x0364;ber ein Tau&#x017F;endtel des ganzen Volumens be-<lb/>
trug, bewirkt. Auch das Queck&#x017F;ilber zeigt bei die&#x017F;en Ver&#x017F;uchen eine<lb/>
geringe Verminderung der Ausdehnung bei großem Drucke.</p><lb/>
          <p>Die großen Vor&#x017F;ichten, die bei die&#x017F;en Ver&#x017F;uchen no&#x0364;thig &#x017F;ind,<lb/>
die Entfernung aller Luft aus dem Innern des mit der Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit<lb/>
gefu&#x0364;llten Gefa&#x0364;ßes, die Vermeidung der gering&#x017F;ten Aenderung in der<lb/>
Temperatur u. &#x017F;. w. kann ich hier nur obenhin erwa&#x0364;hnen; aber die<lb/>
Ver&#x017F;uche &#x017F;ind genau genug ange&#x017F;tellt und &#x017F;timmen unter &#x017F;ich &#x017F;o gut<lb/>
u&#x0364;berein, daß man ihnen vollkommenes Vertrauen &#x017F;chenken darf.<lb/>
Daß aber die&#x017F;e Zu&#x017F;ammendru&#x0364;ckung geringe genug i&#x017F;t, um bei alle<lb/>
den Pha&#x0364;nomenen, die wir bis dahin betrachtet haben, als ganz un-<lb/>
bedeutend bei Seite ge&#x017F;etzt zu werden, das erhellt wohl von &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
und wir ko&#x0364;nnen al&#x017F;o immer noch vom Wa&#x017F;&#x017F;er als einer der Zu&#x017F;am-<lb/>
mendru&#x0364;ckung nicht empfa&#x0364;nglichen Materie reden, und es der ela&#x017F;ti-<lb/>
&#x017F;chen Luft entgegen&#x017F;etzen, wenn gleich in den Tiefen von 1000 Fuß,<lb/>
wohin die Wallfi&#x017F;che &#x017F;ich zuweilen im Meere begeben, die Verdich-<lb/>
tung des Wa&#x017F;&#x017F;ers doch wohl u&#x0364;ber ein Tau&#x017F;endtel (immer wenig<lb/>
genug!) betragen kann <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Gilb</hi>. Ann. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">LXXII.</hi></hi> 161. <hi rendition="#g">Poggend</hi>. Ann. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">XII.</hi></hi> 39.</note>.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Bewei&#x017F;e fu&#x0364;r die Ela&#x017F;ticita&#x0364;t der Luft</hi>.</head><lb/>
          <p>Die Luft dagegen i&#x017F;t in auffallendem Grade ela&#x017F;ti&#x017F;ch. Wenn<lb/>
wir eine am einen Ende ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene cylindri&#x017F;che Ro&#x0364;hre nehmen und<lb/>
am offenen Ende einen dicht &#x017F;chließenden Kolben hineintreiben, &#x017F;o<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0224] den, noch auch ſeinen innern Raum erheblich veraͤndern, (wenigſtens nur um ſo viel, als das von beiden Seiten der Waͤnde ſtark ge- druͤckte Glas ſein Volumen aͤndert,) und wenn alſo zum Beiſpiel 1 Linie der Roͤhre AB ein Milliontel des Gefaͤßes C betraͤgt, ſo laſſen ſich die Milliontel der Raum-Aenderung noch wahrnehmen. Die Verſuche jener Phyſiker geben bei 32 Fuß hohem Waſſerdrucke eine Zuſammendruͤckung des Waſſers = 48 Millionteln, welches etwas weniger iſt, als man nach Pfaff's Verſuchen erhalten ſollte. Die Verſuche wurden bis zu Preſſungen, die 24 mal ſo ſtark als der Druck der Atmoſphaͤre waren, fortgeſetzt, und ſo eine Zuſam- mendruͤckung, die uͤber ein Tauſendtel des ganzen Volumens be- trug, bewirkt. Auch das Queckſilber zeigt bei dieſen Verſuchen eine geringe Verminderung der Ausdehnung bei großem Drucke. Die großen Vorſichten, die bei dieſen Verſuchen noͤthig ſind, die Entfernung aller Luft aus dem Innern des mit der Fluͤſſigkeit gefuͤllten Gefaͤßes, die Vermeidung der geringſten Aenderung in der Temperatur u. ſ. w. kann ich hier nur obenhin erwaͤhnen; aber die Verſuche ſind genau genug angeſtellt und ſtimmen unter ſich ſo gut uͤberein, daß man ihnen vollkommenes Vertrauen ſchenken darf. Daß aber dieſe Zuſammendruͤckung geringe genug iſt, um bei alle den Phaͤnomenen, die wir bis dahin betrachtet haben, als ganz un- bedeutend bei Seite geſetzt zu werden, das erhellt wohl von ſelbſt, und wir koͤnnen alſo immer noch vom Waſſer als einer der Zuſam- mendruͤckung nicht empfaͤnglichen Materie reden, und es der elaſti- ſchen Luft entgegenſetzen, wenn gleich in den Tiefen von 1000 Fuß, wohin die Wallfiſche ſich zuweilen im Meere begeben, die Verdich- tung des Waſſers doch wohl uͤber ein Tauſendtel (immer wenig genug!) betragen kann *). Beweiſe fuͤr die Elaſticitaͤt der Luft. Die Luft dagegen iſt in auffallendem Grade elaſtiſch. Wenn wir eine am einen Ende verſchloſſene cylindriſche Roͤhre nehmen und am offenen Ende einen dicht ſchließenden Kolben hineintreiben, ſo *) Gilb. Ann. LXXII. 161. Poggend. Ann. XII. 39.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/224
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/224>, abgerufen am 18.04.2024.