Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

könnte. Diese Ursache ist also zwar vorhanden, aber sie ist nicht
so bedeutend, als die beobachteten Wechsel es fordern, und für das
nächtliche Minimum, welches überdies so spät nach Mitternacht
eintritt, findet sich hierin keine genügende Erklärung, zumal da
das Barometer Abends um 10 Uhr, ungeachtet des dann schon so
sehr bedeutenden Thaues, einen höhern Stand, als vorher und
nachher hat, der also wohl eher durch diejenigen Luftströmungen
bewirkt werden muß, welche von der Erwärmung der Luft abhän-
gen. Dieses ist um so mehr glaublich, da die beiden niedrigsten
Stände des Barometers mit der wärmsten und mit der kältesten
Tageszeit zusammentreffen.

Ungleiche Barometerstände bei verschiedenen Winden.

Diese Oscillationen sind durch ihre Regelmäßigkeit und weil
sie eine über die ganze Erde gehende Erscheinung betreffen, merk-
würdig; die größern Veränderungen des Barometerstandes sind
uns wichtig wegen der oft auffallenden und weit ausgedehnten
Witterungs-Ereignisse, die mit ihnen in Verbindung stehen. So
ungeregelt aber auch diese fast stündlich wechselnden Aenderungen
im Stande des Barometers scheinen, so läßt sich doch zuerst eine
Uebereinstimmung mit den Winden wahrnehmen. Nicht allein
treffen die vorzüglich hohen Barometerstände mit Ostwinden und
Nordwinden zusammen, sondern allgemein steht das Barometer
höher bei östlichen und nordöstlichen Winden, als bei den aus an-
dern Richtungen kommenden Winden. Dabei zeigen sich indeß
manche merkwürdige Eigenheiten an verschiedenen Orten, die von
Buch
aufmerksamer betrachtet hat. In Berlin steht das Baro-
meter, wenn man alle bei Nordostwind angestellten Beobachtungen
zusammen nimmt, im Mittel auf 336,'''6, bei Südwinde auf
333,'''1, und die Mittelhöhe aus allen Beobachtungen, die 335,'''1
ist, findet fast genau bei West und fast genau bei Ostsüdostwinde
statt. In Mittelburg in Seeland steht das Barometer bei
Nordwinde 338''', bei Südwinde 334''' hoch, und die Mittelhöhe
trifft mit dem Winde zusammen, den man Nordwest gen West
und den von Südost gen Ost nennen würde *). Diese Richtungen

*) Wenn man den Horizont in 8 Theile theilt, so liegt bekanntlich

koͤnnte. Dieſe Urſache iſt alſo zwar vorhanden, aber ſie iſt nicht
ſo bedeutend, als die beobachteten Wechſel es fordern, und fuͤr das
naͤchtliche Minimum, welches uͤberdies ſo ſpaͤt nach Mitternacht
eintritt, findet ſich hierin keine genuͤgende Erklaͤrung, zumal da
das Barometer Abends um 10 Uhr, ungeachtet des dann ſchon ſo
ſehr bedeutenden Thaues, einen hoͤhern Stand, als vorher und
nachher hat, der alſo wohl eher durch diejenigen Luftſtroͤmungen
bewirkt werden muß, welche von der Erwaͤrmung der Luft abhaͤn-
gen. Dieſes iſt um ſo mehr glaublich, da die beiden niedrigſten
Staͤnde des Barometers mit der waͤrmſten und mit der kaͤlteſten
Tageszeit zuſammentreffen.

Ungleiche Barometerſtaͤnde bei verſchiedenen Winden.

Dieſe Oſcillationen ſind durch ihre Regelmaͤßigkeit und weil
ſie eine uͤber die ganze Erde gehende Erſcheinung betreffen, merk-
wuͤrdig; die groͤßern Veraͤnderungen des Barometerſtandes ſind
uns wichtig wegen der oft auffallenden und weit ausgedehnten
Witterungs-Ereigniſſe, die mit ihnen in Verbindung ſtehen. So
ungeregelt aber auch dieſe faſt ſtuͤndlich wechſelnden Aenderungen
im Stande des Barometers ſcheinen, ſo laͤßt ſich doch zuerſt eine
Uebereinſtimmung mit den Winden wahrnehmen. Nicht allein
treffen die vorzuͤglich hohen Barometerſtaͤnde mit Oſtwinden und
Nordwinden zuſammen, ſondern allgemein ſteht das Barometer
hoͤher bei oͤſtlichen und nordoͤſtlichen Winden, als bei den aus an-
dern Richtungen kommenden Winden. Dabei zeigen ſich indeß
manche merkwuͤrdige Eigenheiten an verſchiedenen Orten, die von
Buch
aufmerkſamer betrachtet hat. In Berlin ſteht das Baro-
meter, wenn man alle bei Nordoſtwind angeſtellten Beobachtungen
zuſammen nimmt, im Mittel auf 336,‴6, bei Suͤdwinde auf
333,‴1, und die Mittelhoͤhe aus allen Beobachtungen, die 335,‴1
iſt, findet faſt genau bei Weſt und faſt genau bei Oſtſuͤdoſtwinde
ſtatt. In Mittelburg in Seeland ſteht das Barometer bei
Nordwinde 338‴, bei Suͤdwinde 334‴ hoch, und die Mittelhoͤhe
trifft mit dem Winde zuſammen, den man Nordweſt gen Weſt
und den von Suͤdoſt gen Oſt nennen wuͤrde *). Dieſe Richtungen

*) Wenn man den Horizont in 8 Theile theilt, ſo liegt bekanntlich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0245" n="223"/>
ko&#x0364;nnte. Die&#x017F;e Ur&#x017F;ache i&#x017F;t al&#x017F;o zwar vorhanden, aber &#x017F;ie i&#x017F;t nicht<lb/>
&#x017F;o bedeutend, als die beobachteten Wech&#x017F;el es fordern, und fu&#x0364;r das<lb/>
na&#x0364;chtliche Minimum, welches u&#x0364;berdies &#x017F;o &#x017F;pa&#x0364;t nach Mitternacht<lb/>
eintritt, findet &#x017F;ich hierin keine genu&#x0364;gende Erkla&#x0364;rung, zumal da<lb/>
das Barometer Abends um 10 Uhr, ungeachtet des dann &#x017F;chon &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ehr bedeutenden Thaues, einen ho&#x0364;hern Stand, als vorher und<lb/>
nachher hat, der al&#x017F;o wohl eher durch diejenigen Luft&#x017F;tro&#x0364;mungen<lb/>
bewirkt werden muß, welche von der Erwa&#x0364;rmung der Luft abha&#x0364;n-<lb/>
gen. Die&#x017F;es i&#x017F;t um &#x017F;o mehr glaublich, da die beiden niedrig&#x017F;ten<lb/>
Sta&#x0364;nde des Barometers mit der wa&#x0364;rm&#x017F;ten und mit der ka&#x0364;lte&#x017F;ten<lb/>
Tageszeit zu&#x017F;ammentreffen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Ungleiche Barometer&#x017F;ta&#x0364;nde bei ver&#x017F;chiedenen Winden</hi>.</head><lb/>
          <p>Die&#x017F;e O&#x017F;cillationen &#x017F;ind durch ihre Regelma&#x0364;ßigkeit und weil<lb/>
&#x017F;ie eine u&#x0364;ber die ganze Erde gehende Er&#x017F;cheinung betreffen, merk-<lb/>
wu&#x0364;rdig; die gro&#x0364;ßern Vera&#x0364;nderungen des Barometer&#x017F;tandes &#x017F;ind<lb/>
uns wichtig wegen der oft auffallenden und weit ausgedehnten<lb/>
Witterungs-Ereigni&#x017F;&#x017F;e, die mit ihnen in Verbindung &#x017F;tehen. So<lb/>
ungeregelt aber auch die&#x017F;e fa&#x017F;t &#x017F;tu&#x0364;ndlich wech&#x017F;elnden Aenderungen<lb/>
im Stande des Barometers &#x017F;cheinen, &#x017F;o la&#x0364;ßt &#x017F;ich doch zuer&#x017F;t eine<lb/>
Ueberein&#x017F;timmung mit den Winden wahrnehmen. Nicht allein<lb/>
treffen die vorzu&#x0364;glich hohen Barometer&#x017F;ta&#x0364;nde mit O&#x017F;twinden und<lb/>
Nordwinden zu&#x017F;ammen, &#x017F;ondern allgemein &#x017F;teht das Barometer<lb/>
ho&#x0364;her bei o&#x0364;&#x017F;tlichen und nordo&#x0364;&#x017F;tlichen Winden, als bei den aus an-<lb/>
dern Richtungen kommenden Winden. Dabei zeigen &#x017F;ich indeß<lb/>
manche merkwu&#x0364;rdige Eigenheiten an ver&#x017F;chiedenen Orten, die <hi rendition="#g">von<lb/>
Buch</hi> aufmerk&#x017F;amer betrachtet hat. In Berlin &#x017F;teht das Baro-<lb/>
meter, wenn man alle bei Nordo&#x017F;twind ange&#x017F;tellten Beobachtungen<lb/>
zu&#x017F;ammen nimmt, im Mittel auf 336,&#x2034;6, bei Su&#x0364;dwinde auf<lb/>
333,&#x2034;1, und die Mittelho&#x0364;he aus allen Beobachtungen, die 335,&#x2034;1<lb/>
i&#x017F;t, findet fa&#x017F;t genau bei We&#x017F;t und fa&#x017F;t genau bei O&#x017F;t&#x017F;u&#x0364;do&#x017F;twinde<lb/>
&#x017F;tatt. In <hi rendition="#g">Mittelburg</hi> in <hi rendition="#g">Seeland</hi> &#x017F;teht das Barometer bei<lb/>
Nordwinde 338&#x2034;, bei Su&#x0364;dwinde 334&#x2034; hoch, und die Mittelho&#x0364;he<lb/>
trifft mit dem Winde zu&#x017F;ammen, den man Nordwe&#x017F;t gen We&#x017F;t<lb/>
und           den von Su&#x0364;do&#x017F;t gen O&#x017F;t nennen wu&#x0364;rde <note xml:id="note-0245" next="#note-0246" place="foot" n="*)">Wenn man den Horizont in 8 Theile theilt, &#x017F;o liegt bekanntlich</note>. Die&#x017F;e Richtungen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0245] koͤnnte. Dieſe Urſache iſt alſo zwar vorhanden, aber ſie iſt nicht ſo bedeutend, als die beobachteten Wechſel es fordern, und fuͤr das naͤchtliche Minimum, welches uͤberdies ſo ſpaͤt nach Mitternacht eintritt, findet ſich hierin keine genuͤgende Erklaͤrung, zumal da das Barometer Abends um 10 Uhr, ungeachtet des dann ſchon ſo ſehr bedeutenden Thaues, einen hoͤhern Stand, als vorher und nachher hat, der alſo wohl eher durch diejenigen Luftſtroͤmungen bewirkt werden muß, welche von der Erwaͤrmung der Luft abhaͤn- gen. Dieſes iſt um ſo mehr glaublich, da die beiden niedrigſten Staͤnde des Barometers mit der waͤrmſten und mit der kaͤlteſten Tageszeit zuſammentreffen. Ungleiche Barometerſtaͤnde bei verſchiedenen Winden. Dieſe Oſcillationen ſind durch ihre Regelmaͤßigkeit und weil ſie eine uͤber die ganze Erde gehende Erſcheinung betreffen, merk- wuͤrdig; die groͤßern Veraͤnderungen des Barometerſtandes ſind uns wichtig wegen der oft auffallenden und weit ausgedehnten Witterungs-Ereigniſſe, die mit ihnen in Verbindung ſtehen. So ungeregelt aber auch dieſe faſt ſtuͤndlich wechſelnden Aenderungen im Stande des Barometers ſcheinen, ſo laͤßt ſich doch zuerſt eine Uebereinſtimmung mit den Winden wahrnehmen. Nicht allein treffen die vorzuͤglich hohen Barometerſtaͤnde mit Oſtwinden und Nordwinden zuſammen, ſondern allgemein ſteht das Barometer hoͤher bei oͤſtlichen und nordoͤſtlichen Winden, als bei den aus an- dern Richtungen kommenden Winden. Dabei zeigen ſich indeß manche merkwuͤrdige Eigenheiten an verſchiedenen Orten, die von Buch aufmerkſamer betrachtet hat. In Berlin ſteht das Baro- meter, wenn man alle bei Nordoſtwind angeſtellten Beobachtungen zuſammen nimmt, im Mittel auf 336,‴6, bei Suͤdwinde auf 333,‴1, und die Mittelhoͤhe aus allen Beobachtungen, die 335,‴1 iſt, findet faſt genau bei Weſt und faſt genau bei Oſtſuͤdoſtwinde ſtatt. In Mittelburg in Seeland ſteht das Barometer bei Nordwinde 338‴, bei Suͤdwinde 334‴ hoch, und die Mittelhoͤhe trifft mit dem Winde zuſammen, den man Nordweſt gen Weſt und den von Suͤdoſt gen Oſt nennen wuͤrde *). Dieſe Richtungen *) Wenn man den Horizont in 8 Theile theilt, ſo liegt bekanntlich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/245
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/245>, abgerufen am 25.04.2024.