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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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deren die Musik sich bedient, als arithmetisch begründet, abzu-
leiten *).

Entstehung einer Dur-Tonleiter.

Daß da, wo unser Ohr einen und denselben Ton hört, die
Anzahl der Schwingungen einerlei ist, davon können wir uns, wie
Sie aus unsern vorigen Betrachtungen wohl übersehen haben, sehr
gründlich überzeugen. Die Theorie giebt an, wie Saiten von ver-
schiedener Länge in Dicke oder Spannung ungleich sein müssen, um
gleiche Schwingungszahlen zu geben, wie Stäbe beschaffen sein

*) Um für diejenigen, denen die aus der musicalischen Bezeichnung
der Töne hergenommenen Ausdrücke fremd sein sollten, dasjenige, was
ich hier nothwendig voraussetzen muß, einigermaßen zu ergänzen, setze
ich folgende Bemerkungen hieher.
Ein jeder wird sich leicht auf der Claviatur eines Clavieres oder
Fortepiano's zeigen lassen, wie die Töne C, D, E, F, G, A, H, auf
einander folgen, wie sich c wieder an H anschließt, und so die neue
Octave der vorigen gleich fortgeht. Da hier dieselben Tonnamen, C
zum Beispiel, in jeder Octave vorkommen, so unterscheidet man sie da-
durch, daß man das tiefe Bas C, über welches hinaus noch wohl ein
Theil der tiefern Octave, selten die ganze Octave, auf dem Fortepiano
vorkömmt, durch das große C bezeichnet, das nächste c, durch das kleine
ungestrichene e; die folgende Octave erhält einen, die dann folgende
Octave zwei Striche über den Buchstaben und die Töne heißen dann
das ein gestrichene, das zwei gestrichene c, nämlich cc und so fer-
ner. In der Octave, die noch tiefer als C ist, führen die Töne den
Namen Contra C und so die übrigen.
Von C an ist D der zweite Ton und D heißt daher die obere Se-
cunde zu C, wir sagen D ist um einen ganzen Ton höher als C; aus
ähnlichen Gründen giebt der dritte Ton E die höhere große Terze zu C,
F
giebt die Quarte, G die Quinte an, und wenn wir durch die Töne
C, E, G, fortschreiten, so geschieht diese Fortschreitung durch die große
Terze von C bis E, durch eine kleine Terze von E bis G, indem, wie
nachher erhellt, das Intervall von E. bis F kein ganzer, sondern nur
ein halber Ton ist, also von E bis G nur anderthalb ganze Töne.
Ebenso ist A die große Terze zu F, ferner c ist die Quinte zu F und
so weiter. Die Entstehung der mit Cis, Fis, u. s. w. bezeichneten
Töne kömmt nachher vor.
Die Anordnung des Notenschreibens kann man sich so leicht erklä-
ren lassen, daß ich davon hier nichts bemerke.

deren die Muſik ſich bedient, als arithmetiſch begruͤndet, abzu-
leiten *).

Entſtehung einer Dur-Tonleiter.

Daß da, wo unſer Ohr einen und denſelben Ton hoͤrt, die
Anzahl der Schwingungen einerlei iſt, davon koͤnnen wir uns, wie
Sie aus unſern vorigen Betrachtungen wohl uͤberſehen haben, ſehr
gruͤndlich uͤberzeugen. Die Theorie giebt an, wie Saiten von ver-
ſchiedener Laͤnge in Dicke oder Spannung ungleich ſein muͤſſen, um
gleiche Schwingungszahlen zu geben, wie Staͤbe beſchaffen ſein

*) Um fuͤr diejenigen, denen die aus der muſicaliſchen Bezeichnung
der Toͤne hergenommenen Ausdruͤcke fremd ſein ſollten, dasjenige, was
ich hier nothwendig vorausſetzen muß, einigermaßen zu ergaͤnzen, ſetze
ich folgende Bemerkungen hieher.
Ein jeder wird ſich leicht auf der Claviatur eines Clavieres oder
Fortepiano's zeigen laſſen, wie die Toͤne C, D, E, F, G, A, H, auf
einander folgen, wie ſich c wieder an H anſchließt, und ſo die neue
Octave der vorigen gleich fortgeht. Da hier dieſelben Tonnamen, C
zum Beiſpiel, in jeder Octave vorkommen, ſo unterſcheidet man ſie da-
durch, daß man das tiefe Bas C, uͤber welches hinaus noch wohl ein
Theil der tiefern Octave, ſelten die ganze Octave, auf dem Fortepiano
vorkoͤmmt, durch das große C bezeichnet, das naͤchſte c, durch das kleine
ungeſtrichene e; die folgende Octave erhaͤlt einen, die dann folgende
Octave zwei Striche uͤber den Buchſtaben und die Toͤne heißen dann
das ein geſtrichene, das zwei geſtrichene c, naͤmlich c̅c̿ und ſo fer-
ner. In der Octave, die noch tiefer als C iſt, fuͤhren die Toͤne den
Namen Contra C und ſo die uͤbrigen.
Von C an iſt D der zweite Ton und D heißt daher die obere Se-
cunde zu C, wir ſagen D iſt um einen ganzen Ton hoͤher als C; aus
aͤhnlichen Gruͤnden giebt der dritte Ton E die hoͤhere große Terze zu C,
F
giebt die Quarte, G die Quinte an, und wenn wir durch die Toͤne
C, E, G, fortſchreiten, ſo geſchieht dieſe Fortſchreitung durch die große
Terze von C bis E, durch eine kleine Terze von E bis G, indem, wie
nachher erhellt, das Intervall von E. bis F kein ganzer, ſondern nur
ein halber Ton iſt, alſo von E bis G nur anderthalb ganze Toͤne.
Ebenſo iſt A die große Terze zu F, ferner c iſt die Quinte zu F und
ſo weiter. Die Entſtehung der mit Cis, Fis, u. ſ. w. bezeichneten
Toͤne koͤmmt nachher vor.
Die Anordnung des Notenſchreibens kann man ſich ſo leicht erklaͤ-
ren laſſen, daß ich davon hier nichts bemerke.
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[295/0317] deren die Muſik ſich bedient, als arithmetiſch begruͤndet, abzu- leiten *). Entſtehung einer Dur-Tonleiter. Daß da, wo unſer Ohr einen und denſelben Ton hoͤrt, die Anzahl der Schwingungen einerlei iſt, davon koͤnnen wir uns, wie Sie aus unſern vorigen Betrachtungen wohl uͤberſehen haben, ſehr gruͤndlich uͤberzeugen. Die Theorie giebt an, wie Saiten von ver- ſchiedener Laͤnge in Dicke oder Spannung ungleich ſein muͤſſen, um gleiche Schwingungszahlen zu geben, wie Staͤbe beſchaffen ſein *) Um fuͤr diejenigen, denen die aus der muſicaliſchen Bezeichnung der Toͤne hergenommenen Ausdruͤcke fremd ſein ſollten, dasjenige, was ich hier nothwendig vorausſetzen muß, einigermaßen zu ergaͤnzen, ſetze ich folgende Bemerkungen hieher. Ein jeder wird ſich leicht auf der Claviatur eines Clavieres oder Fortepiano's zeigen laſſen, wie die Toͤne C, D, E, F, G, A, H, auf einander folgen, wie ſich c wieder an H anſchließt, und ſo die neue Octave der vorigen gleich fortgeht. Da hier dieſelben Tonnamen, C zum Beiſpiel, in jeder Octave vorkommen, ſo unterſcheidet man ſie da- durch, daß man das tiefe Bas C, uͤber welches hinaus noch wohl ein Theil der tiefern Octave, ſelten die ganze Octave, auf dem Fortepiano vorkoͤmmt, durch das große C bezeichnet, das naͤchſte c, durch das kleine ungeſtrichene e; die folgende Octave erhaͤlt einen, die dann folgende Octave zwei Striche uͤber den Buchſtaben und die Toͤne heißen dann das ein geſtrichene, das zwei geſtrichene c, naͤmlich c̅c̿ und ſo fer- ner. In der Octave, die noch tiefer als C iſt, fuͤhren die Toͤne den Namen Contra C und ſo die uͤbrigen. Von C an iſt D der zweite Ton und D heißt daher die obere Se- cunde zu C, wir ſagen D iſt um einen ganzen Ton hoͤher als C; aus aͤhnlichen Gruͤnden giebt der dritte Ton E die hoͤhere große Terze zu C, F giebt die Quarte, G die Quinte an, und wenn wir durch die Toͤne C, E, G, fortſchreiten, ſo geſchieht dieſe Fortſchreitung durch die große Terze von C bis E, durch eine kleine Terze von E bis G, indem, wie nachher erhellt, das Intervall von E. bis F kein ganzer, ſondern nur ein halber Ton iſt, alſo von E bis G nur anderthalb ganze Toͤne. Ebenſo iſt A die große Terze zu F, ferner c iſt die Quinte zu F und ſo weiter. Die Entſtehung der mit Cis, Fis, u. ſ. w. bezeichneten Toͤne koͤmmt nachher vor. Die Anordnung des Notenſchreibens kann man ſich ſo leicht erklaͤ- ren laſſen, daß ich davon hier nichts bemerke.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/317>, abgerufen am 25.04.2024.