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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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durch vollkommen dichte Hähne a, b, an beiden Enden geschlossen
werden kann. Läßt man beide Hähne offen und füllt die Röhre
CD bis an den Nullpunct, so ergiebt sich auch an der engen Röhre
EF der richtige Nullpunct. Jetzt schließt man den Hahn a, füllt
die andre Röhre bis zur Höhe von einigen Zollen über den Null-
punct, und schließt den Hahn b. Es ist gewiß, daß jetzt das Wasser
im Gefäße diejenige Dichtigkeit angenommen hat, die dem Drucke
der Wassersäule in CD entspricht, und daß es diese Dichtigkeit,
durch die Hähne von allen Seiten eingeschlossen, auch behält; öffnet
man aber den Hahn a, so leidet das Wasser an der Mündung der
engen Röhre E nicht den ebenso großen Druck, wie vom Innern
des Gefäßes her, und wird daher, obgleich aller Zufluß durch den
Hahn b gehindert wird, ein wenig in dem engen Röhrchen hinauf-
steigen, wenn irgend die Compression dazu erheblich genug war.
Diese Versuche erlauben eine große Genauigkeit, weil eine Linie der
engen Röhre nur wenig über ein Milliontel der im Gefäße AB ent-
haltenen Wassermasse enthält, und daher ein Steigen von 4 Linien,
wie Pfaff es bei einer durch 20 Zoll Wasserhöhe bewirkten Com-
pression beobachtete, einer Zusammendrückung, die nur ungefehr
ist, entspricht. Stärkere Pressungen haben Derstädt,
Perkins, Sturm und Colladon angewandt, und sich dabei
des Piezometers bedient, eines Instrumentes, das aus einer sehr
feinen, überall gleich weiten Röhre AB (Fig. 114.) und einem
daran angeschmelzten Gefäße BC besteht. Dieses Instrument wird
bis zu seinem Nullpuncte mit der zu prüfenden Flüssigkeit gefüllt,
und dann in einer Röhre DFE von starkem Glase, in welcher die
Luft durch eine Compressionspumpe bei E verdichtet werden kann,
eingeschlossen. Indem man nun durch den bei E angebrachten Kolben
die das Instrument ABC umgebende Luft zusammenpreßt, so leidet
auch die in diesem offenen Gefäße ABC enthaltene Flüssigkeit eben
den Druck und geht in eineu engern Raum, den man an der Scale
wahrnimmt*), zusammen; das Gefäß ABC aber, welches von
innen und außen gleichen Druck leidet, kann weder zersprengt wer-

*) Sind die Wände der Röhre EFD nicht durchsichtig, so muß
man in dem Röhrchen AB ein Mittel anbringen, den Ort zu bezeich-
nen, den die Flüssigkeit bei der Compression erreicht hatte.

durch vollkommen dichte Haͤhne a, b, an beiden Enden geſchloſſen
werden kann. Laͤßt man beide Haͤhne offen und fuͤllt die Roͤhre
CD bis an den Nullpunct, ſo ergiebt ſich auch an der engen Roͤhre
EF der richtige Nullpunct. Jetzt ſchließt man den Hahn a, fuͤllt
die andre Roͤhre bis zur Hoͤhe von einigen Zollen uͤber den Null-
punct, und ſchließt den Hahn b. Es iſt gewiß, daß jetzt das Waſſer
im Gefaͤße diejenige Dichtigkeit angenommen hat, die dem Drucke
der Waſſerſaͤule in CD entſpricht, und daß es dieſe Dichtigkeit,
durch die Haͤhne von allen Seiten eingeſchloſſen, auch behaͤlt; oͤffnet
man aber den Hahn a, ſo leidet das Waſſer an der Muͤndung der
engen Roͤhre E nicht den ebenſo großen Druck, wie vom Innern
des Gefaͤßes her, und wird daher, obgleich aller Zufluß durch den
Hahn b gehindert wird, ein wenig in dem engen Roͤhrchen hinauf-
ſteigen, wenn irgend die Compreſſion dazu erheblich genug war.
Dieſe Verſuche erlauben eine große Genauigkeit, weil eine Linie der
engen Roͤhre nur wenig uͤber ein Milliontel der im Gefaͤße AB ent-
haltenen Waſſermaſſe enthaͤlt, und daher ein Steigen von 4 Linien,
wie Pfaff es bei einer durch 20 Zoll Waſſerhoͤhe bewirkten Com-
preſſion beobachtete, einer Zuſammendruͤckung, die nur ungefehr
iſt, entſpricht. Staͤrkere Preſſungen haben Derſtaͤdt,
Perkins, Sturm und Colladon angewandt, und ſich dabei
des Piezometers bedient, eines Inſtrumentes, das aus einer ſehr
feinen, uͤberall gleich weiten Roͤhre AB (Fig. 114.) und einem
daran angeſchmelzten Gefaͤße BC beſteht. Dieſes Inſtrument wird
bis zu ſeinem Nullpuncte mit der zu pruͤfenden Fluͤſſigkeit gefuͤllt,
und dann in einer Roͤhre DFE von ſtarkem Glaſe, in welcher die
Luft durch eine Compreſſionspumpe bei E verdichtet werden kann,
eingeſchloſſen. Indem man nun durch den bei E angebrachten Kolben
die das Inſtrument ABC umgebende Luft zuſammenpreßt, ſo leidet
auch die in dieſem offenen Gefaͤße ABC enthaltene Fluͤſſigkeit eben
den Druck und geht in eineu engern Raum, den man an der Scale
wahrnimmt*), zuſammen; das Gefaͤß ABC aber, welches von
innen und außen gleichen Druck leidet, kann weder zerſprengt wer-

*) Sind die Waͤnde der Roͤhre EFD nicht durchſichtig, ſo muß
man in dem Roͤhrchen AB ein Mittel anbringen, den Ort zu bezeich-
nen, den die Fluͤſſigkeit bei der Compreſſion erreicht hatte.
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[201/0223] durch vollkommen dichte Haͤhne a, b, an beiden Enden geſchloſſen werden kann. Laͤßt man beide Haͤhne offen und fuͤllt die Roͤhre CD bis an den Nullpunct, ſo ergiebt ſich auch an der engen Roͤhre EF der richtige Nullpunct. Jetzt ſchließt man den Hahn a, fuͤllt die andre Roͤhre bis zur Hoͤhe von einigen Zollen uͤber den Null- punct, und ſchließt den Hahn b. Es iſt gewiß, daß jetzt das Waſſer im Gefaͤße diejenige Dichtigkeit angenommen hat, die dem Drucke der Waſſerſaͤule in CD entſpricht, und daß es dieſe Dichtigkeit, durch die Haͤhne von allen Seiten eingeſchloſſen, auch behaͤlt; oͤffnet man aber den Hahn a, ſo leidet das Waſſer an der Muͤndung der engen Roͤhre E nicht den ebenſo großen Druck, wie vom Innern des Gefaͤßes her, und wird daher, obgleich aller Zufluß durch den Hahn b gehindert wird, ein wenig in dem engen Roͤhrchen hinauf- ſteigen, wenn irgend die Compreſſion dazu erheblich genug war. Dieſe Verſuche erlauben eine große Genauigkeit, weil eine Linie der engen Roͤhre nur wenig uͤber ein Milliontel der im Gefaͤße AB ent- haltenen Waſſermaſſe enthaͤlt, und daher ein Steigen von 4 Linien, wie Pfaff es bei einer durch 20 Zoll Waſſerhoͤhe bewirkten Com- preſſion beobachtete, einer Zuſammendruͤckung, die nur ungefehr [FORMEL] iſt, entſpricht. Staͤrkere Preſſungen haben Derſtaͤdt, Perkins, Sturm und Colladon angewandt, und ſich dabei des Piezometers bedient, eines Inſtrumentes, das aus einer ſehr feinen, uͤberall gleich weiten Roͤhre AB (Fig. 114.) und einem daran angeſchmelzten Gefaͤße BC beſteht. Dieſes Inſtrument wird bis zu ſeinem Nullpuncte mit der zu pruͤfenden Fluͤſſigkeit gefuͤllt, und dann in einer Roͤhre DFE von ſtarkem Glaſe, in welcher die Luft durch eine Compreſſionspumpe bei E verdichtet werden kann, eingeſchloſſen. Indem man nun durch den bei E angebrachten Kolben die das Inſtrument ABC umgebende Luft zuſammenpreßt, ſo leidet auch die in dieſem offenen Gefaͤße ABC enthaltene Fluͤſſigkeit eben den Druck und geht in eineu engern Raum, den man an der Scale wahrnimmt *), zuſammen; das Gefaͤß ABC aber, welches von innen und außen gleichen Druck leidet, kann weder zerſprengt wer- *) Sind die Waͤnde der Roͤhre EFD nicht durchſichtig, ſo muß man in dem Roͤhrchen AB ein Mittel anbringen, den Ort zu bezeich- nen, den die Fluͤſſigkeit bei der Compreſſion erreicht hatte.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/223>, abgerufen am 24.04.2024.