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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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ungefehr zu einer dreifach so großen Dichtigkeit, als die natürliche
Dichtigkeit ist, comprimirt wäre, nicht wohl mehr ausdauern
können, wenn auch nicht die andre Unbequemlichkeit, daß man die
durch das Ausathmen verdorbene Luft immer durch frische Luft er-
setzen muß, in so großen Tiefen unüberwindliche Schwierigkeiten in
den Weg stellte. Wie nützlich übrigens der Gebrauch der Tau-
cherglocke da, wo man den Boden tiefer Gewässer untersuchen
will, werden kann, brauche ich kaum zu erwähnen, da Ihnen
gewiß aus öffentlichen Nachrichten bekannt ist, wie man bei dem
großen Bau eines Weges unter der Themse sich der Taucher-
glocke bedient hat, um die Oeffnungen genau kennen zu lernen
und zu verstopfen, durch welche vom Boden der Themse her sich
dieser Weg einigemal mit Wasser angefüllt hatte.

Die Elasticität der Luft zeigt sich uns nicht allein da, wo
eine Aenderung des Druckes statt findet, oder wo man durch eine
Zurückziehung des Kolbens ihr Gelegenheit giebt, einen größern
Raum einzunehmen, sondern auch da, wo die Luft eine größere
Wärme erlangt. Die Wärme nämlich giebt der Luft eine stär-
kere Elasticität, so daß sie bei stärkerer Erwärmung den Druck
überwindet, der sie bei geringerer Wärme in einem gewissen Zu-
stande von Verdichtung erhielt. Um nur einen Fall, wo sich dies
zeigen läßt, anzuführen, will ich die Erscheinungen erzählen, die
sich an dem Gefäße B (Fig. 81.) beobachten lassen, wenn dieses
bei C eine sehr enge Röhre hat. Fülle ich hier das Gefäß B
mit Wasser, so zeigt die Erfahrung, daß eine sehr enge Röhre C
das Hervordringen der Luft aus dem untern Gefäße nicht ge-
stattet, weil der doppelte Strom der heraufgehenden Luft und des
hinabfließenden Wassers hier nicht Raum genug findet. Die in
dem untern Theile A des Gefäßes enthaltene Luft bleibt daher
dort eingeschlossen. Erwärmt man nun diesen unteren Theil des
Gefäßes mit der Hand, so dringt eine Luftblase nach der andern
durch das Wasser hervor, und dennoch bleibt das untere Gefäß
mit Luft, die nun offenbar verdünnt ist, erfüllt, bis man die
erwärmende Hand wegnimmt, wo bei der Abkühlung die Ver-
minderung der Luft sich dadurch zeigt, daß Wasser durch die
enge Röhre in den untern Raum eindringt.


ungefehr zu einer dreifach ſo großen Dichtigkeit, als die natuͤrliche
Dichtigkeit iſt, comprimirt waͤre, nicht wohl mehr ausdauern
koͤnnen, wenn auch nicht die andre Unbequemlichkeit, daß man die
durch das Ausathmen verdorbene Luft immer durch friſche Luft er-
ſetzen muß, in ſo großen Tiefen unuͤberwindliche Schwierigkeiten in
den Weg ſtellte. Wie nuͤtzlich uͤbrigens der Gebrauch der Tau-
cherglocke da, wo man den Boden tiefer Gewaͤſſer unterſuchen
will, werden kann, brauche ich kaum zu erwaͤhnen, da Ihnen
gewiß aus oͤffentlichen Nachrichten bekannt iſt, wie man bei dem
großen Bau eines Weges unter der Themſe ſich der Taucher-
glocke bedient hat, um die Oeffnungen genau kennen zu lernen
und zu verſtopfen, durch welche vom Boden der Themſe her ſich
dieſer Weg einigemal mit Waſſer angefuͤllt hatte.

Die Elaſticitaͤt der Luft zeigt ſich uns nicht allein da, wo
eine Aenderung des Druckes ſtatt findet, oder wo man durch eine
Zuruͤckziehung des Kolbens ihr Gelegenheit giebt, einen groͤßern
Raum einzunehmen, ſondern auch da, wo die Luft eine groͤßere
Waͤrme erlangt. Die Waͤrme naͤmlich giebt der Luft eine ſtaͤr-
kere Elaſticitaͤt, ſo daß ſie bei ſtaͤrkerer Erwaͤrmung den Druck
uͤberwindet, der ſie bei geringerer Waͤrme in einem gewiſſen Zu-
ſtande von Verdichtung erhielt. Um nur einen Fall, wo ſich dies
zeigen laͤßt, anzufuͤhren, will ich die Erſcheinungen erzaͤhlen, die
ſich an dem Gefaͤße B (Fig. 81.) beobachten laſſen, wenn dieſes
bei C eine ſehr enge Roͤhre hat. Fuͤlle ich hier das Gefaͤß B
mit Waſſer, ſo zeigt die Erfahrung, daß eine ſehr enge Roͤhre C
das Hervordringen der Luft aus dem untern Gefaͤße nicht ge-
ſtattet, weil der doppelte Strom der heraufgehenden Luft und des
hinabfließenden Waſſers hier nicht Raum genug findet. Die in
dem untern Theile A des Gefaͤßes enthaltene Luft bleibt daher
dort eingeſchloſſen. Erwaͤrmt man nun dieſen unteren Theil des
Gefaͤßes mit der Hand, ſo dringt eine Luftblaſe nach der andern
durch das Waſſer hervor, und dennoch bleibt das untere Gefaͤß
mit Luft, die nun offenbar verduͤnnt iſt, erfuͤllt, bis man die
erwaͤrmende Hand wegnimmt, wo bei der Abkuͤhlung die Ver-
minderung der Luft ſich dadurch zeigt, daß Waſſer durch die
enge Roͤhre in den untern Raum eindringt.


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[204/0226] ungefehr zu einer dreifach ſo großen Dichtigkeit, als die natuͤrliche Dichtigkeit iſt, comprimirt waͤre, nicht wohl mehr ausdauern koͤnnen, wenn auch nicht die andre Unbequemlichkeit, daß man die durch das Ausathmen verdorbene Luft immer durch friſche Luft er- ſetzen muß, in ſo großen Tiefen unuͤberwindliche Schwierigkeiten in den Weg ſtellte. Wie nuͤtzlich uͤbrigens der Gebrauch der Tau- cherglocke da, wo man den Boden tiefer Gewaͤſſer unterſuchen will, werden kann, brauche ich kaum zu erwaͤhnen, da Ihnen gewiß aus oͤffentlichen Nachrichten bekannt iſt, wie man bei dem großen Bau eines Weges unter der Themſe ſich der Taucher- glocke bedient hat, um die Oeffnungen genau kennen zu lernen und zu verſtopfen, durch welche vom Boden der Themſe her ſich dieſer Weg einigemal mit Waſſer angefuͤllt hatte. Die Elaſticitaͤt der Luft zeigt ſich uns nicht allein da, wo eine Aenderung des Druckes ſtatt findet, oder wo man durch eine Zuruͤckziehung des Kolbens ihr Gelegenheit giebt, einen groͤßern Raum einzunehmen, ſondern auch da, wo die Luft eine groͤßere Waͤrme erlangt. Die Waͤrme naͤmlich giebt der Luft eine ſtaͤr- kere Elaſticitaͤt, ſo daß ſie bei ſtaͤrkerer Erwaͤrmung den Druck uͤberwindet, der ſie bei geringerer Waͤrme in einem gewiſſen Zu- ſtande von Verdichtung erhielt. Um nur einen Fall, wo ſich dies zeigen laͤßt, anzufuͤhren, will ich die Erſcheinungen erzaͤhlen, die ſich an dem Gefaͤße B (Fig. 81.) beobachten laſſen, wenn dieſes bei C eine ſehr enge Roͤhre hat. Fuͤlle ich hier das Gefaͤß B mit Waſſer, ſo zeigt die Erfahrung, daß eine ſehr enge Roͤhre C das Hervordringen der Luft aus dem untern Gefaͤße nicht ge- ſtattet, weil der doppelte Strom der heraufgehenden Luft und des hinabfließenden Waſſers hier nicht Raum genug findet. Die in dem untern Theile A des Gefaͤßes enthaltene Luft bleibt daher dort eingeſchloſſen. Erwaͤrmt man nun dieſen unteren Theil des Gefaͤßes mit der Hand, ſo dringt eine Luftblaſe nach der andern durch das Waſſer hervor, und dennoch bleibt das untere Gefaͤß mit Luft, die nun offenbar verduͤnnt iſt, erfuͤllt, bis man die erwaͤrmende Hand wegnimmt, wo bei der Abkuͤhlung die Ver- minderung der Luft ſich dadurch zeigt, daß Waſſer durch die enge Roͤhre in den untern Raum eindringt.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/226>, abgerufen am 24.04.2024.