Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite
Erste Vorlesung.


Indem ich, m. h. H. heute zu einem neuen Abschnitte der Unter-
suchungen über die Erscheinungen in der Natur übergehe, finde ich
mich veranlaßt, Sie zuerst an Betrachtungen zu erinnern, die uns
schon zu andrer Zeit beschäftigt haben.

Schon bei den ersten Untersuchungen, die wir über die we-
sentlichen Eigenschaften der Körper anstellten, wurden wir auf die
Betrachtung einer anziehenden Kraft geleitet, welche in jedem Theil-
chen der Materie wirksam ist, durch welche diese Theilchen zusam-
mengehalten werden, und oft mit solcher Gewalt zusammengehal-
ten werden, daß sie den zu ihrer Trennung wirksamen Kräften mit
großer Stärke widerstehen, und uns gewisse Körper als sehr fest,
als schwer zerbrechlich, als hart, kennen lehren. Diese anziehende
Kraft der Materie fanden wir nachher auch da wieder, wo große
Massen auf entfernte Körper einwirken, und das Fallen der Körper
gegen die Erde zu, der Kreislauf der Planeten um die Sonne und
mehrere ähnliche Erscheinungen zeigten uns die Gesetze, nach welchen
diese Anziehungskraft auch in größere Fernen hinaus wirkt. Eben
diese anziehende Kraft, diese Attractionskraft, zeigt sich uns aber
auch in einer Reihe anderer Erscheinungen, und sie ist es, die --
freilich auf eine schwer zu ergründende Weise -- die Verbindungen
und Trennungen der Körper bewirkt, mit welchen die Chemie sich
beschäftiget.

Um die Wirkungs-Art der anziehenden Kräfte da, wo sie bei
inniger Berührung der Theilchen auf einander wirksam sind, etwas
deutlicher zu übersehen, wird es zweckmäßig sein, von den Erschei-

II. A
Erſte Vorleſung.


Indem ich, m. h. H. heute zu einem neuen Abſchnitte der Unter-
ſuchungen uͤber die Erſcheinungen in der Natur uͤbergehe, finde ich
mich veranlaßt, Sie zuerſt an Betrachtungen zu erinnern, die uns
ſchon zu andrer Zeit beſchaͤftigt haben.

Schon bei den erſten Unterſuchungen, die wir uͤber die we-
ſentlichen Eigenſchaften der Koͤrper anſtellten, wurden wir auf die
Betrachtung einer anziehenden Kraft geleitet, welche in jedem Theil-
chen der Materie wirkſam iſt, durch welche dieſe Theilchen zuſam-
mengehalten werden, und oft mit ſolcher Gewalt zuſammengehal-
ten werden, daß ſie den zu ihrer Trennung wirkſamen Kraͤften mit
großer Staͤrke widerſtehen, und uns gewiſſe Koͤrper als ſehr feſt,
als ſchwer zerbrechlich, als hart, kennen lehren. Dieſe anziehende
Kraft der Materie fanden wir nachher auch da wieder, wo große
Maſſen auf entfernte Koͤrper einwirken, und das Fallen der Koͤrper
gegen die Erde zu, der Kreislauf der Planeten um die Sonne und
mehrere aͤhnliche Erſcheinungen zeigten uns die Geſetze, nach welchen
dieſe Anziehungskraft auch in groͤßere Fernen hinaus wirkt. Eben
dieſe anziehende Kraft, dieſe Attractionskraft, zeigt ſich uns aber
auch in einer Reihe anderer Erſcheinungen, und ſie iſt es, die —
freilich auf eine ſchwer zu ergruͤndende Weiſe — die Verbindungen
und Trennungen der Koͤrper bewirkt, mit welchen die Chemie ſich
beſchaͤftiget.

Um die Wirkungs-Art der anziehenden Kraͤfte da, wo ſie bei
inniger Beruͤhrung der Theilchen auf einander wirkſam ſind, etwas
deutlicher zu uͤberſehen, wird es zweckmaͤßig ſein, von den Erſchei-

II. A
<TEI>
  <text>
    <pb facs="#f0015" n="[1]"/>
    <body>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Er&#x017F;te                         Vorle&#x017F;ung</hi>.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">I</hi>ndem ich, m. h. H. heute zu einem neuen                     Ab&#x017F;chnitte der Unter-<lb/>
&#x017F;uchungen u&#x0364;ber die                     Er&#x017F;cheinungen in der Natur u&#x0364;bergehe, finde ich<lb/>
mich                     veranlaßt, Sie zuer&#x017F;t an Betrachtungen zu erinnern, die                     uns<lb/>
&#x017F;chon zu andrer Zeit be&#x017F;cha&#x0364;ftigt                     haben.</p><lb/>
        <p>Schon bei den er&#x017F;ten Unter&#x017F;uchungen, die wir                     u&#x0364;ber die we-<lb/>
&#x017F;entlichen Eigen&#x017F;chaften der                     Ko&#x0364;rper an&#x017F;tellten, wurden wir auf die<lb/>
Betrachtung                     einer anziehenden Kraft geleitet, welche in jedem Theil-<lb/>
chen der Materie                     wirk&#x017F;am i&#x017F;t, durch welche die&#x017F;e Theilchen                     zu&#x017F;am-<lb/>
mengehalten werden, und oft mit &#x017F;olcher Gewalt                     zu&#x017F;ammengehal-<lb/>
ten werden, daß &#x017F;ie den zu ihrer                     Trennung wirk&#x017F;amen Kra&#x0364;ften mit<lb/>
großer                     Sta&#x0364;rke wider&#x017F;tehen, und uns gewi&#x017F;&#x017F;e                     Ko&#x0364;rper als &#x017F;ehr fe&#x017F;t,<lb/>
als                     &#x017F;chwer zerbrechlich, als hart, kennen lehren. Die&#x017F;e                     anziehende<lb/>
Kraft der Materie fanden wir nachher auch da wieder, wo                     große<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;en auf entfernte Ko&#x0364;rper                     einwirken, und das Fallen der Ko&#x0364;rper<lb/>
gegen die Erde zu, der                     Kreislauf der Planeten um die Sonne und<lb/>
mehrere a&#x0364;hnliche                     Er&#x017F;cheinungen zeigten uns die Ge&#x017F;etze, nach                     welchen<lb/>
die&#x017F;e Anziehungskraft auch in gro&#x0364;ßere Fernen                     hinaus wirkt. Eben<lb/>
die&#x017F;e anziehende Kraft, die&#x017F;e                     Attractionskraft, zeigt &#x017F;ich uns aber<lb/>
auch in einer Reihe anderer                     Er&#x017F;cheinungen, und &#x017F;ie i&#x017F;t es, die                     &#x2014;<lb/>
freilich auf eine &#x017F;chwer zu ergru&#x0364;ndende                     Wei&#x017F;e &#x2014; die Verbindungen<lb/>
und Trennungen der                     Ko&#x0364;rper bewirkt, mit welchen die <hi rendition="#g">Chemie</hi> &#x017F;ich<lb/>
be&#x017F;cha&#x0364;ftiget.</p><lb/>
        <p>Um die Wirkungs-Art der anziehenden Kra&#x0364;fte da, wo &#x017F;ie                     bei<lb/>
inniger Beru&#x0364;hrung der Theilchen auf einander                     wirk&#x017F;am &#x017F;ind, etwas<lb/>
deutlicher zu                     u&#x0364;ber&#x017F;ehen, wird es zweckma&#x0364;ßig                     &#x017F;ein, von den Er&#x017F;chei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">II.</hi></hi> A</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[1]/0015] Erſte Vorleſung. Indem ich, m. h. H. heute zu einem neuen Abſchnitte der Unter- ſuchungen uͤber die Erſcheinungen in der Natur uͤbergehe, finde ich mich veranlaßt, Sie zuerſt an Betrachtungen zu erinnern, die uns ſchon zu andrer Zeit beſchaͤftigt haben. Schon bei den erſten Unterſuchungen, die wir uͤber die we- ſentlichen Eigenſchaften der Koͤrper anſtellten, wurden wir auf die Betrachtung einer anziehenden Kraft geleitet, welche in jedem Theil- chen der Materie wirkſam iſt, durch welche dieſe Theilchen zuſam- mengehalten werden, und oft mit ſolcher Gewalt zuſammengehal- ten werden, daß ſie den zu ihrer Trennung wirkſamen Kraͤften mit großer Staͤrke widerſtehen, und uns gewiſſe Koͤrper als ſehr feſt, als ſchwer zerbrechlich, als hart, kennen lehren. Dieſe anziehende Kraft der Materie fanden wir nachher auch da wieder, wo große Maſſen auf entfernte Koͤrper einwirken, und das Fallen der Koͤrper gegen die Erde zu, der Kreislauf der Planeten um die Sonne und mehrere aͤhnliche Erſcheinungen zeigten uns die Geſetze, nach welchen dieſe Anziehungskraft auch in groͤßere Fernen hinaus wirkt. Eben dieſe anziehende Kraft, dieſe Attractionskraft, zeigt ſich uns aber auch in einer Reihe anderer Erſcheinungen, und ſie iſt es, die — freilich auf eine ſchwer zu ergruͤndende Weiſe — die Verbindungen und Trennungen der Koͤrper bewirkt, mit welchen die Chemie ſich beſchaͤftiget. Um die Wirkungs-Art der anziehenden Kraͤfte da, wo ſie bei inniger Beruͤhrung der Theilchen auf einander wirkſam ſind, etwas deutlicher zu uͤberſehen, wird es zweckmaͤßig ſein, von den Erſchei- II. A

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/15
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/15>, abgerufen am 28.03.2024.