Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

noch ein violetter Bogen anschließt. Es ist ungewiß, ob dies von
der nicht genau kugelförmigen Gestalt der Tropfen kommen kann,
oder ob es mit den Erscheinungen der Beugung des Lichtes in
Verbindung steht. Diese Farbenwiederholung ist gewöhnlich nur
an dem höchsten Theile des innern Bogens kenntlich und verliert
sich da, wo der Bogen gegen den Horizont herabgeht.

Leichter zu erklären ist dagegen die zuweilen beobachtete Er-
scheinung von vier Regenbogen, die sich durchschneiden. Sie kom-
men, so viel mir bekannt ist, nur da vor, wo man ein hinreichend
großes stilles Wasser hinter sich hat, indem man nach dem Regen-
bogen sieht. Da nämlich haben die aus dem Wasser auf die
Regentropfen zurückgeworfenen Strahlen eben die Wirkung, als
ob noch eine zweite Sonne unterhalb des Horizontes stände, und
es erscheint ein farbiger Kreis, dessen Mittelpunct da liegt, wo die
von der abgespiegelten Sonne durch den Kopf des Beobachters
gezogene Linie hinweiset. Auch hier sieht man, wenn das aus dem
Wasser zurückgeworfene Licht lebhaft genug ist, einen Hauptregen-
bogen und einen Nebenregenbogen. Das Wasser, aus welchem
die Sonnenstrahlen reflectirt werden, muß groß genug sein, damit
alle in der gehörigen Lage befindlichen Regentropfen von den zurück-
geworfenen Strahlen getroffen werden.

Die Ringe um Sonne und Mond, Nebensonnen u. s. w.

Ein viel zusammengesetzteres Phänomen, nämlich die Erschei-
nung der Nebensonnen, der Ringe um Sonne und Mond, der
hellen, durch die Sonne oder den Mond gehenden Kreise, hängt
auch von Brechung und Zurückwerfung des Lichtes ab. Die klei-
nen Höfe um den Mond dagegen entstehen durch Beugung des
Lichtes und gehören nicht hieher. Jene Erscheinungen kommen in
sehr zusammengesetzter Form vor; ich fange indeß mit den einfa-
chern, gar nicht seltenen Erscheinungen an, und gebe die Erklä-
rung, die ich für die richtigste halte, mit Bemerkung der Puncte,
die noch zweifelhaft scheinen.

Helle durch die Sonne gehende Kreise.

Man sieht sehr oft, am besten im Winter bei starkem Froste,
bei Sonnen-Aufgang oder Sonnen-Untergang einen feurigen

noch ein violetter Bogen anſchließt. Es iſt ungewiß, ob dies von
der nicht genau kugelfoͤrmigen Geſtalt der Tropfen kommen kann,
oder ob es mit den Erſcheinungen der Beugung des Lichtes in
Verbindung ſteht. Dieſe Farbenwiederholung iſt gewoͤhnlich nur
an dem hoͤchſten Theile des innern Bogens kenntlich und verliert
ſich da, wo der Bogen gegen den Horizont herabgeht.

Leichter zu erklaͤren iſt dagegen die zuweilen beobachtete Er-
ſcheinung von vier Regenbogen, die ſich durchſchneiden. Sie kom-
men, ſo viel mir bekannt iſt, nur da vor, wo man ein hinreichend
großes ſtilles Waſſer hinter ſich hat, indem man nach dem Regen-
bogen ſieht. Da naͤmlich haben die aus dem Waſſer auf die
Regentropfen zuruͤckgeworfenen Strahlen eben die Wirkung, als
ob noch eine zweite Sonne unterhalb des Horizontes ſtaͤnde, und
es erſcheint ein farbiger Kreis, deſſen Mittelpunct da liegt, wo die
von der abgeſpiegelten Sonne durch den Kopf des Beobachters
gezogene Linie hinweiſet. Auch hier ſieht man, wenn das aus dem
Waſſer zuruͤckgeworfene Licht lebhaft genug iſt, einen Hauptregen-
bogen und einen Nebenregenbogen. Das Waſſer, aus welchem
die Sonnenſtrahlen reflectirt werden, muß groß genug ſein, damit
alle in der gehoͤrigen Lage befindlichen Regentropfen von den zuruͤck-
geworfenen Strahlen getroffen werden.

Die Ringe um Sonne und Mond, Nebenſonnen u. ſ. w.

Ein viel zuſammengeſetzteres Phaͤnomen, naͤmlich die Erſchei-
nung der Nebenſonnen, der Ringe um Sonne und Mond, der
hellen, durch die Sonne oder den Mond gehenden Kreiſe, haͤngt
auch von Brechung und Zuruͤckwerfung des Lichtes ab. Die klei-
nen Hoͤfe um den Mond dagegen entſtehen durch Beugung des
Lichtes und gehoͤren nicht hieher. Jene Erſcheinungen kommen in
ſehr zuſammengeſetzter Form vor; ich fange indeß mit den einfa-
chern, gar nicht ſeltenen Erſcheinungen an, und gebe die Erklaͤ-
rung, die ich fuͤr die richtigſte halte, mit Bemerkung der Puncte,
die noch zweifelhaft ſcheinen.

Helle durch die Sonne gehende Kreiſe.

Man ſieht ſehr oft, am beſten im Winter bei ſtarkem Froſte,
bei Sonnen-Aufgang oder Sonnen-Untergang einen feurigen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0218" n="204"/>
noch ein violetter Bogen an&#x017F;chließt. Es                         i&#x017F;t ungewiß, ob dies von<lb/>
der nicht genau                         kugelfo&#x0364;rmigen Ge&#x017F;talt der Tropfen kommen                         kann,<lb/>
oder ob es mit den Er&#x017F;cheinungen der Beugung des                         Lichtes in<lb/>
Verbindung &#x017F;teht. Die&#x017F;e                         Farbenwiederholung i&#x017F;t gewo&#x0364;hnlich nur<lb/>
an dem                         ho&#x0364;ch&#x017F;ten Theile des innern Bogens kenntlich und                         verliert<lb/>
&#x017F;ich da, wo der Bogen gegen den Horizont                         herabgeht.</p><lb/>
          <p>Leichter zu erkla&#x0364;ren i&#x017F;t dagegen die zuweilen                         beobachtete Er-<lb/>
&#x017F;cheinung von vier Regenbogen, die                         &#x017F;ich durch&#x017F;chneiden. Sie kom-<lb/>
men, &#x017F;o                         viel mir bekannt i&#x017F;t, nur da vor, wo man ein                         hinreichend<lb/>
großes &#x017F;tilles Wa&#x017F;&#x017F;er                         hinter &#x017F;ich hat, indem man nach dem Regen-<lb/>
bogen                         &#x017F;ieht. Da na&#x0364;mlich haben die aus dem                         Wa&#x017F;&#x017F;er auf die<lb/>
Regentropfen                         zuru&#x0364;ckgeworfenen Strahlen eben die Wirkung, als<lb/>
ob noch eine                         zweite Sonne unterhalb des Horizontes &#x017F;ta&#x0364;nde,                         und<lb/>
es er&#x017F;cheint ein farbiger Kreis,                         de&#x017F;&#x017F;en Mittelpunct da liegt, wo die<lb/>
von der                         abge&#x017F;piegelten Sonne durch den Kopf des Beobachters<lb/>
gezogene                         Linie hinwei&#x017F;et. Auch hier &#x017F;ieht man, wenn das aus                         dem<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er zuru&#x0364;ckgeworfene Licht                         lebhaft genug i&#x017F;t, einen Hauptregen-<lb/>
bogen und einen                         Nebenregenbogen. Das Wa&#x017F;&#x017F;er, aus welchem<lb/>
die                         Sonnen&#x017F;trahlen reflectirt werden, muß groß genug &#x017F;ein,                         damit<lb/>
alle in der geho&#x0364;rigen Lage befindlichen Regentropfen                         von den zuru&#x0364;ck-<lb/>
geworfenen Strahlen getroffen werden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Die Ringe um Sonne und Mond</hi>, <hi rendition="#g">Neben&#x017F;onnen</hi> u. &#x017F;. w.</head><lb/>
          <p>Ein viel zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzteres Pha&#x0364;nomen,                         na&#x0364;mlich die Er&#x017F;chei-<lb/>
nung der                         Neben&#x017F;onnen, der Ringe um Sonne und Mond, der<lb/>
hellen, durch                         die Sonne oder den Mond gehenden Krei&#x017F;e,                         ha&#x0364;ngt<lb/>
auch von Brechung und Zuru&#x0364;ckwerfung des                         Lichtes ab. Die klei-<lb/>
nen Ho&#x0364;fe um den Mond dagegen                         ent&#x017F;tehen durch Beugung des<lb/>
Lichtes und geho&#x0364;ren                         nicht hieher. Jene Er&#x017F;cheinungen kommen in<lb/>
&#x017F;ehr                         zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzter Form vor; ich fange indeß mit den                         einfa-<lb/>
chern, gar nicht &#x017F;eltenen Er&#x017F;cheinungen an,                         und gebe die Erkla&#x0364;-<lb/>
rung, die ich fu&#x0364;r die                         richtig&#x017F;te halte, mit Bemerkung der Puncte,<lb/>
die noch                         zweifelhaft &#x017F;cheinen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Helle durch die Sonne gehende                         Krei&#x017F;e</hi>.</head><lb/>
          <p>Man &#x017F;ieht &#x017F;ehr oft, am be&#x017F;ten im Winter bei                         &#x017F;tarkem Fro&#x017F;te,<lb/>
bei Sonnen-Aufgang oder                         Sonnen-Untergang einen feurigen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0218] noch ein violetter Bogen anſchließt. Es iſt ungewiß, ob dies von der nicht genau kugelfoͤrmigen Geſtalt der Tropfen kommen kann, oder ob es mit den Erſcheinungen der Beugung des Lichtes in Verbindung ſteht. Dieſe Farbenwiederholung iſt gewoͤhnlich nur an dem hoͤchſten Theile des innern Bogens kenntlich und verliert ſich da, wo der Bogen gegen den Horizont herabgeht. Leichter zu erklaͤren iſt dagegen die zuweilen beobachtete Er- ſcheinung von vier Regenbogen, die ſich durchſchneiden. Sie kom- men, ſo viel mir bekannt iſt, nur da vor, wo man ein hinreichend großes ſtilles Waſſer hinter ſich hat, indem man nach dem Regen- bogen ſieht. Da naͤmlich haben die aus dem Waſſer auf die Regentropfen zuruͤckgeworfenen Strahlen eben die Wirkung, als ob noch eine zweite Sonne unterhalb des Horizontes ſtaͤnde, und es erſcheint ein farbiger Kreis, deſſen Mittelpunct da liegt, wo die von der abgeſpiegelten Sonne durch den Kopf des Beobachters gezogene Linie hinweiſet. Auch hier ſieht man, wenn das aus dem Waſſer zuruͤckgeworfene Licht lebhaft genug iſt, einen Hauptregen- bogen und einen Nebenregenbogen. Das Waſſer, aus welchem die Sonnenſtrahlen reflectirt werden, muß groß genug ſein, damit alle in der gehoͤrigen Lage befindlichen Regentropfen von den zuruͤck- geworfenen Strahlen getroffen werden. Die Ringe um Sonne und Mond, Nebenſonnen u. ſ. w. Ein viel zuſammengeſetzteres Phaͤnomen, naͤmlich die Erſchei- nung der Nebenſonnen, der Ringe um Sonne und Mond, der hellen, durch die Sonne oder den Mond gehenden Kreiſe, haͤngt auch von Brechung und Zuruͤckwerfung des Lichtes ab. Die klei- nen Hoͤfe um den Mond dagegen entſtehen durch Beugung des Lichtes und gehoͤren nicht hieher. Jene Erſcheinungen kommen in ſehr zuſammengeſetzter Form vor; ich fange indeß mit den einfa- chern, gar nicht ſeltenen Erſcheinungen an, und gebe die Erklaͤ- rung, die ich fuͤr die richtigſte halte, mit Bemerkung der Puncte, die noch zweifelhaft ſcheinen. Helle durch die Sonne gehende Kreiſe. Man ſieht ſehr oft, am beſten im Winter bei ſtarkem Froſte, bei Sonnen-Aufgang oder Sonnen-Untergang einen feurigen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/218
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/218>, abgerufen am 28.03.2024.