hat man den Einwurf gefunden, daß diese seit Jahrtausenden von der Sonne ausgehenden Lichttheilchen die Masse derselben müßten vermindert haben, und daß die von irdischen Körpern, vorzüglich von den undurchsichtigen und das Licht wenig zurückwerfenden Kör- pern aufgefangenen und gleichsam absorbirten Lichtstrahlen Verän- derungen in diesen hervorbringen müßten, die wir gleichwohl nicht wahrnehmen. Diesen Einwürfen läßt sich die ungemeine Feinheit der Lichttheilchen entgegensetzen, und die Vermuthung, daß nur wenige Körper (denn einige leiden eine Veränderung durch das Licht,) fähig sind, durch diese feine Materie verändert zu werden. Von der großen Feinheit dieser Theilchen können wir den überzeugendsten Beweis darin finden, daß die alle Vorstellung übersteigende Schnel- ligkeit der Lichttheilchen doch nirgends einen mechanischen Effect weder auf andre Körper noch auch auf unser so zartes Auge hervor- bringt; nach den Principien der Mechanik kann dies nur bei einer unermeßlichen Feinheit der so schnell bewegten Theilchen statt finden. Ein andrer Einwurf, der aber auf eine ähnliche Art auch die zweite Hypothese trifft, ist der, daß diese zahllosen, schnell fortbewegten Lichttheilchen den Weltraum in einigem Grade erfüllen, und einen Widerstand für die Bewegung der Himmelskörper hervorbringen, vor allem aber durch ihr Zusammentreffen ihre Bewegung gegenseitig stören müßten. Diesen Einwurf räumt einigermaßen die Voraus- setzung, daß die Lichttheilchen nur in sehr weiten Zwischenräumen sich einander folgen, weg; denn allerdings dauert der Licht-Ein- druck in unserm Auge so lange, daß wenn auch nur in jeder Vier- telsecunde ein neues Lichttheilchen ankäme, uns keine Unterbre- chung merkbar werden würde, und es könnten folglich die Licht- theilchen um zehntausend Meilen von einander entfernt sein. Daß aber diese längere Dauer des Licht-Eindruckes statt finde, davon überzeugt uns der bekannte Versuch, wo man einen leuchtenden oder glänzenden Körper im Kreise herumschwingt und den ganzen Kreis leuchtend sieht, obgleich der leuchtende Körper doch in jedem Augenblicke nur von einem bestimmten Puncte her Licht aussendet.
Erklärung der gradlinigen Fortpflanzung des Lichts.
Der grade Fortgang der Lichtstrahlen versteht sich nach dieser Hypothese von selbst, indem, so lange der Fortgang in einem ganz
hat man den Einwurf gefunden, daß dieſe ſeit Jahrtauſenden von der Sonne ausgehenden Lichttheilchen die Maſſe derſelben muͤßten vermindert haben, und daß die von irdiſchen Koͤrpern, vorzuͤglich von den undurchſichtigen und das Licht wenig zuruͤckwerfenden Koͤr- pern aufgefangenen und gleichſam abſorbirten Lichtſtrahlen Veraͤn- derungen in dieſen hervorbringen muͤßten, die wir gleichwohl nicht wahrnehmen. Dieſen Einwuͤrfen laͤßt ſich die ungemeine Feinheit der Lichttheilchen entgegenſetzen, und die Vermuthung, daß nur wenige Koͤrper (denn einige leiden eine Veraͤnderung durch das Licht,) faͤhig ſind, durch dieſe feine Materie veraͤndert zu werden. Von der großen Feinheit dieſer Theilchen koͤnnen wir den uͤberzeugendſten Beweis darin finden, daß die alle Vorſtellung uͤberſteigende Schnel- ligkeit der Lichttheilchen doch nirgends einen mechaniſchen Effect weder auf andre Koͤrper noch auch auf unſer ſo zartes Auge hervor- bringt; nach den Principien der Mechanik kann dies nur bei einer unermeßlichen Feinheit der ſo ſchnell bewegten Theilchen ſtatt finden. Ein andrer Einwurf, der aber auf eine aͤhnliche Art auch die zweite Hypotheſe trifft, iſt der, daß dieſe zahlloſen, ſchnell fortbewegten Lichttheilchen den Weltraum in einigem Grade erfuͤllen, und einen Widerſtand fuͤr die Bewegung der Himmelskoͤrper hervorbringen, vor allem aber durch ihr Zuſammentreffen ihre Bewegung gegenſeitig ſtoͤren muͤßten. Dieſen Einwurf raͤumt einigermaßen die Voraus- ſetzung, daß die Lichttheilchen nur in ſehr weiten Zwiſchenraͤumen ſich einander folgen, weg; denn allerdings dauert der Licht-Ein- druck in unſerm Auge ſo lange, daß wenn auch nur in jeder Vier- telſecunde ein neues Lichttheilchen ankaͤme, uns keine Unterbre- chung merkbar werden wuͤrde, und es koͤnnten folglich die Licht- theilchen um zehntauſend Meilen von einander entfernt ſein. Daß aber dieſe laͤngere Dauer des Licht-Eindruckes ſtatt finde, davon uͤberzeugt uns der bekannte Verſuch, wo man einen leuchtenden oder glaͤnzenden Koͤrper im Kreiſe herumſchwingt und den ganzen Kreis leuchtend ſieht, obgleich der leuchtende Koͤrper doch in jedem Augenblicke nur von einem beſtimmten Puncte her Licht ausſendet.
Erklaͤrung der gradlinigen Fortpflanzung des Lichts.
Der grade Fortgang der Lichtſtrahlen verſteht ſich nach dieſer Hypotheſe von ſelbſt, indem, ſo lange der Fortgang in einem ganz
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0246"n="232"/>
hat man den Einwurf gefunden, daß dieſe ſeit Jahrtauſenden von<lb/>
der Sonne ausgehenden Lichttheilchen die Maſſe derſelben muͤßten<lb/>
vermindert haben, und daß die von irdiſchen Koͤrpern, vorzuͤglich<lb/>
von den undurchſichtigen und das Licht wenig zuruͤckwerfenden Koͤr-<lb/>
pern aufgefangenen und gleichſam abſorbirten Lichtſtrahlen Veraͤn-<lb/>
derungen in dieſen hervorbringen muͤßten, die wir gleichwohl nicht<lb/>
wahrnehmen. Dieſen Einwuͤrfen laͤßt ſich die ungemeine Feinheit<lb/>
der Lichttheilchen entgegenſetzen, und die Vermuthung, daß nur<lb/>
wenige Koͤrper (denn einige leiden eine Veraͤnderung durch das Licht,)<lb/>
faͤhig ſind, durch dieſe feine Materie veraͤndert zu werden. Von<lb/>
der großen Feinheit dieſer Theilchen koͤnnen wir den uͤberzeugendſten<lb/>
Beweis darin finden, daß die alle Vorſtellung uͤberſteigende Schnel-<lb/>
ligkeit der Lichttheilchen doch nirgends einen mechaniſchen Effect<lb/>
weder auf andre Koͤrper noch auch auf unſer ſo zartes Auge hervor-<lb/>
bringt; nach den Principien der Mechanik kann dies nur bei einer<lb/>
unermeßlichen Feinheit der ſo ſchnell bewegten Theilchen ſtatt finden.<lb/>
Ein andrer Einwurf, der aber auf eine aͤhnliche Art auch die zweite<lb/>
Hypotheſe trifft, iſt der, daß dieſe zahlloſen, ſchnell fortbewegten<lb/>
Lichttheilchen den Weltraum in einigem Grade erfuͤllen, und einen<lb/>
Widerſtand fuͤr die Bewegung der Himmelskoͤrper hervorbringen,<lb/>
vor allem aber durch ihr Zuſammentreffen ihre Bewegung gegenſeitig<lb/>ſtoͤren muͤßten. Dieſen Einwurf raͤumt einigermaßen die Voraus-<lb/>ſetzung, daß die Lichttheilchen nur in ſehr weiten Zwiſchenraͤumen<lb/>ſich einander folgen, weg; denn allerdings dauert der Licht-Ein-<lb/>
druck in unſerm Auge ſo lange, daß wenn auch nur in jeder Vier-<lb/>
telſecunde <hirendition="#g">ein</hi> neues Lichttheilchen ankaͤme, uns keine Unterbre-<lb/>
chung merkbar werden wuͤrde, und es koͤnnten folglich die Licht-<lb/>
theilchen um zehntauſend Meilen von einander entfernt ſein. Daß<lb/>
aber dieſe laͤngere Dauer des Licht-Eindruckes ſtatt finde, davon<lb/>
uͤberzeugt uns der bekannte Verſuch, wo man einen leuchtenden<lb/>
oder glaͤnzenden Koͤrper im Kreiſe herumſchwingt und den ganzen<lb/>
Kreis leuchtend ſieht, obgleich der leuchtende Koͤrper doch in jedem<lb/>
Augenblicke nur von einem beſtimmten Puncte her Licht ausſendet.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#g">Erklaͤrung der gradlinigen Fortpflanzung des Lichts</hi>.</head><lb/><p>Der grade Fortgang der Lichtſtrahlen verſteht ſich nach dieſer<lb/>
Hypotheſe von ſelbſt, indem, ſo lange der Fortgang in einem ganz<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[232/0246]
hat man den Einwurf gefunden, daß dieſe ſeit Jahrtauſenden von
der Sonne ausgehenden Lichttheilchen die Maſſe derſelben muͤßten
vermindert haben, und daß die von irdiſchen Koͤrpern, vorzuͤglich
von den undurchſichtigen und das Licht wenig zuruͤckwerfenden Koͤr-
pern aufgefangenen und gleichſam abſorbirten Lichtſtrahlen Veraͤn-
derungen in dieſen hervorbringen muͤßten, die wir gleichwohl nicht
wahrnehmen. Dieſen Einwuͤrfen laͤßt ſich die ungemeine Feinheit
der Lichttheilchen entgegenſetzen, und die Vermuthung, daß nur
wenige Koͤrper (denn einige leiden eine Veraͤnderung durch das Licht,)
faͤhig ſind, durch dieſe feine Materie veraͤndert zu werden. Von
der großen Feinheit dieſer Theilchen koͤnnen wir den uͤberzeugendſten
Beweis darin finden, daß die alle Vorſtellung uͤberſteigende Schnel-
ligkeit der Lichttheilchen doch nirgends einen mechaniſchen Effect
weder auf andre Koͤrper noch auch auf unſer ſo zartes Auge hervor-
bringt; nach den Principien der Mechanik kann dies nur bei einer
unermeßlichen Feinheit der ſo ſchnell bewegten Theilchen ſtatt finden.
Ein andrer Einwurf, der aber auf eine aͤhnliche Art auch die zweite
Hypotheſe trifft, iſt der, daß dieſe zahlloſen, ſchnell fortbewegten
Lichttheilchen den Weltraum in einigem Grade erfuͤllen, und einen
Widerſtand fuͤr die Bewegung der Himmelskoͤrper hervorbringen,
vor allem aber durch ihr Zuſammentreffen ihre Bewegung gegenſeitig
ſtoͤren muͤßten. Dieſen Einwurf raͤumt einigermaßen die Voraus-
ſetzung, daß die Lichttheilchen nur in ſehr weiten Zwiſchenraͤumen
ſich einander folgen, weg; denn allerdings dauert der Licht-Ein-
druck in unſerm Auge ſo lange, daß wenn auch nur in jeder Vier-
telſecunde ein neues Lichttheilchen ankaͤme, uns keine Unterbre-
chung merkbar werden wuͤrde, und es koͤnnten folglich die Licht-
theilchen um zehntauſend Meilen von einander entfernt ſein. Daß
aber dieſe laͤngere Dauer des Licht-Eindruckes ſtatt finde, davon
uͤberzeugt uns der bekannte Verſuch, wo man einen leuchtenden
oder glaͤnzenden Koͤrper im Kreiſe herumſchwingt und den ganzen
Kreis leuchtend ſieht, obgleich der leuchtende Koͤrper doch in jedem
Augenblicke nur von einem beſtimmten Puncte her Licht ausſendet.
Erklaͤrung der gradlinigen Fortpflanzung des Lichts.
Der grade Fortgang der Lichtſtrahlen verſteht ſich nach dieſer
Hypotheſe von ſelbſt, indem, ſo lange der Fortgang in einem ganz
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/246>, abgerufen am 24.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.