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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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vorkommende Erscheinung, die ich bei dieser Gelegenheit erwähnen
will, nicht ganz hieher zu rechnen. Man sieht nämlich bei sehr
niedrigem Stande der Sonne oft um den Schatten seines eignen
Kopfes einen hellen Schein, der sich besonders über den oberen
Theil des Schattens weiter fort zu erstrecken pflegt. Dieser Schein
ist am besten sichtbar, wenn der Schatten auf eine mit Gras be-
deckte Ebne fällt, vor allem wenn die Gewächse mit Thautropfen
bedeckt sind. Hier scheint die Ursache des Glanzes theils darin zu liegen, daß man den Spiegelglanz von der Oberfläche der Thau-
tropfen und von der Rückseite der Thautropfen sieht, wenn man
in einer der Sonne entgegengesetzten Richtung auf die Thautropfen
blickt, theils trägt auch die Erleuchtung, vorzüglich der cylindrischen
Grashalme zu der Erscheinung bei, indem man die völlig erleuchtete
Seite am besten neben der Stelle sieht, wo der Schatten des
Kopfes hinfällt, statt daß die mehr seitwärts liegenden Halme uns
einen großen Theil ihrer dunkeln Seite zeigen, und da die oberhalb
unsers Schattens liegenden cylindrischen Körper uns alle ihre ganz
erleuchtete Seite zeigen, so erstreckt der Schein sich höher über das
Ende unsers Schattens hinauf. Wenn man an höhern Gegen-
ständen, zum Beispiel an den Halmen eines Strohdaches, diesen
Schein sieht, so kann der zurückgeworfene Glanz der Sonne vom
bethauten Grase bewirken, daß er sich noch höher über den Schatten
des Kopfes hinauf erstreckt. Diese Erklärung scheint mir für die
allermeisten Fälle ganz ausreichend; möglich ist es indeß, daß auch
hier, wenn sehr zahlreiche feine Thautropfen an den Härchen der
Pflanzen haften, ein Hof durch Beugung der Lichtstrahlen entstan-
den, sich mit dieser Erscheinung vereinigt. Daß jeder diesen Schein
nur um seines eignen Kopfes Schatten sieht, und allenfalls nur
um den Schatten eines dem eignen Auge sehr nahen Gegenstandes,
läßt sich leicht erklären.

Nebenbogen am Regenbogen.

Noch eine Erscheinung muß ich hier erwähnen, die hieher zu
gehören scheint, wenn man gleich noch nicht ganz einig über ihre
Ursache ist. Man sieht sehr oft an der unteren Seite des Haupt-
regenbogens die Farben Grün und Violett mehrmals wiederholt,
und diese Wiederholung zeigt sich nur an dem höchsten Theile des

vorkommende Erſcheinung, die ich bei dieſer Gelegenheit erwaͤhnen
will, nicht ganz hieher zu rechnen. Man ſieht naͤmlich bei ſehr
niedrigem Stande der Sonne oft um den Schatten ſeines eignen
Kopfes einen hellen Schein, der ſich beſonders uͤber den oberen
Theil des Schattens weiter fort zu erſtrecken pflegt. Dieſer Schein
iſt am beſten ſichtbar, wenn der Schatten auf eine mit Gras be-
deckte Ebne faͤllt, vor allem wenn die Gewaͤchſe mit Thautropfen
bedeckt ſind. Hier ſcheint die Urſache des Glanzes theils darin zu liegen, daß man den Spiegelglanz von der Oberflaͤche der Thau-
tropfen und von der Ruͤckſeite der Thautropfen ſieht, wenn man
in einer der Sonne entgegengeſetzten Richtung auf die Thautropfen
blickt, theils traͤgt auch die Erleuchtung, vorzuͤglich der cylindriſchen
Grashalme zu der Erſcheinung bei, indem man die voͤllig erleuchtete
Seite am beſten neben der Stelle ſieht, wo der Schatten des
Kopfes hinfaͤllt, ſtatt daß die mehr ſeitwaͤrts liegenden Halme uns
einen großen Theil ihrer dunkeln Seite zeigen, und da die oberhalb
unſers Schattens liegenden cylindriſchen Koͤrper uns alle ihre ganz
erleuchtete Seite zeigen, ſo erſtreckt der Schein ſich hoͤher uͤber das
Ende unſers Schattens hinauf. Wenn man an hoͤhern Gegen-
ſtaͤnden, zum Beiſpiel an den Halmen eines Strohdaches, dieſen
Schein ſieht, ſo kann der zuruͤckgeworfene Glanz der Sonne vom
bethauten Graſe bewirken, daß er ſich noch hoͤher uͤber den Schatten
des Kopfes hinauf erſtreckt. Dieſe Erklaͤrung ſcheint mir fuͤr die
allermeiſten Faͤlle ganz ausreichend; moͤglich iſt es indeß, daß auch
hier, wenn ſehr zahlreiche feine Thautropfen an den Haͤrchen der
Pflanzen haften, ein Hof durch Beugung der Lichtſtrahlen entſtan-
den, ſich mit dieſer Erſcheinung vereinigt. Daß jeder dieſen Schein
nur um ſeines eignen Kopfes Schatten ſieht, und allenfalls nur
um den Schatten eines dem eignen Auge ſehr nahen Gegenſtandes,
laͤßt ſich leicht erklaͤren.

Nebenbogen am Regenbogen.

Noch eine Erſcheinung muß ich hier erwaͤhnen, die hieher zu
gehoͤren ſcheint, wenn man gleich noch nicht ganz einig uͤber ihre
Urſache iſt. Man ſieht ſehr oft an der unteren Seite des Haupt-
regenbogens die Farben Gruͤn und Violett mehrmals wiederholt,
und dieſe Wiederholung zeigt ſich nur an dem hoͤchſten Theile des

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[293/0307] vorkommende Erſcheinung, die ich bei dieſer Gelegenheit erwaͤhnen will, nicht ganz hieher zu rechnen. Man ſieht naͤmlich bei ſehr niedrigem Stande der Sonne oft um den Schatten ſeines eignen Kopfes einen hellen Schein, der ſich beſonders uͤber den oberen Theil des Schattens weiter fort zu erſtrecken pflegt. Dieſer Schein iſt am beſten ſichtbar, wenn der Schatten auf eine mit Gras be- deckte Ebne faͤllt, vor allem wenn die Gewaͤchſe mit Thautropfen bedeckt ſind. Hier ſcheint die Urſache des Glanzes theils darin zu liegen, daß man den Spiegelglanz von der Oberflaͤche der Thau- tropfen und von der Ruͤckſeite der Thautropfen ſieht, wenn man in einer der Sonne entgegengeſetzten Richtung auf die Thautropfen blickt, theils traͤgt auch die Erleuchtung, vorzuͤglich der cylindriſchen Grashalme zu der Erſcheinung bei, indem man die voͤllig erleuchtete Seite am beſten neben der Stelle ſieht, wo der Schatten des Kopfes hinfaͤllt, ſtatt daß die mehr ſeitwaͤrts liegenden Halme uns einen großen Theil ihrer dunkeln Seite zeigen, und da die oberhalb unſers Schattens liegenden cylindriſchen Koͤrper uns alle ihre ganz erleuchtete Seite zeigen, ſo erſtreckt der Schein ſich hoͤher uͤber das Ende unſers Schattens hinauf. Wenn man an hoͤhern Gegen- ſtaͤnden, zum Beiſpiel an den Halmen eines Strohdaches, dieſen Schein ſieht, ſo kann der zuruͤckgeworfene Glanz der Sonne vom bethauten Graſe bewirken, daß er ſich noch hoͤher uͤber den Schatten des Kopfes hinauf erſtreckt. Dieſe Erklaͤrung ſcheint mir fuͤr die allermeiſten Faͤlle ganz ausreichend; moͤglich iſt es indeß, daß auch hier, wenn ſehr zahlreiche feine Thautropfen an den Haͤrchen der Pflanzen haften, ein Hof durch Beugung der Lichtſtrahlen entſtan- den, ſich mit dieſer Erſcheinung vereinigt. Daß jeder dieſen Schein nur um ſeines eignen Kopfes Schatten ſieht, und allenfalls nur um den Schatten eines dem eignen Auge ſehr nahen Gegenſtandes, laͤßt ſich leicht erklaͤren. Nebenbogen am Regenbogen. Noch eine Erſcheinung muß ich hier erwaͤhnen, die hieher zu gehoͤren ſcheint, wenn man gleich noch nicht ganz einig uͤber ihre Urſache iſt. Man ſieht ſehr oft an der unteren Seite des Haupt- regenbogens die Farben Gruͤn und Violett mehrmals wiederholt, und dieſe Wiederholung zeigt ſich nur an dem hoͤchſten Theile des

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/307>, abgerufen am 19.04.2024.