Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

des zweiten schönen Farbenringes) gab, die man bei Newton's
Farbenringen da erhält, wo die Luftschichte doppelt so dick ist, als
bei jenem Blau; oder allgemein, daß man das Verhältniß der
Dicke eines zweiten Blättchens zu jenem ersten nur zu kennen
brauchte, um die der Polarisirung entzogene Farbe zu bestimmen,
welche immer diejenige war, die dem Verhältnisse der Dicken der
Luftschichten bei Newton's Versuchen entspricht. Nach Newton
ist 14 die Dicke der Luftschichte für jenes Blau, und diese Zahl nimmt
also eben die Stelle ein, wie 82 Tausendtel Millimeter bei Biot's
Versuchen; 21 ist die Zahl, die bei Newton dem Purpur des
nächsten Ringes entspricht, also 123 als Dicke der Blättchen gäbe
eben dieses Purpur in den Biot'schen Versuchen; 28 ist bei
Newton dem Orange desselben nächsten Ringes entsprechend,
also 164 muß eben die Farbe bei Biot geben; 35 dort und 205
hier müssen das Grün der folgenden Ordnung geben, und so
weiter. Und dieses findet, nach Biot's Messungen, so statt, daß
sowohl ein einzelnes Blättchen von diesen Dicken, als mehrere, die
zusammen diese Dicke haben, und mit parallelen Axen auf einan-
der gelegt werden, die hiernach berechneten Farben zeigen; weshalb
denn Gypsstückchen von sehr bedeutender Dicke keine Farben mehr
zeigen, sondern weißes Licht.

Biot's Theorie der beweglichen Polarisation.

Diese Farben stehen also mit den Anwandelungen in einer
sehr nahen Beziehung, und diese Betrachtung hat Biot zu seiner
Theorie der beweglichen Polarisation geführt. Es scheint näm-
lich sich als unmittelbares Ergebniß der Erscheinungen auszuspre-
chen, daß zwar in einem dickeren Crystalle bei gehöriger Lage dessel-
ben alle Farbenstrahlen ihre Polarisation verlieren, daß dies aber
beim Durchgange durch sehr dünne Schichten in Beziehung auf
jeden Farbenstrahl bald geschehen, bald wieder nicht geschehen ist,
also ein Wechsel der Polarisation, ähnlich dem Wechsel der Anwande-
lungen, statt findet. Um bei einem Farbenstrahle stehen zu bleiben,
würde man von dem von Biot angeführten blauen Farbenstrahle
sagen müssen, daß er bei einer Dicke von 27 Tausendteln des
Millimeters zum ersten Male, bei einer Dicke von 3 mal 27,
von 5 mal 27 zum zweiten Male, zum dritten Male der Polari-

des zweiten ſchoͤnen Farbenringes) gab, die man bei Newton's
Farbenringen da erhaͤlt, wo die Luftſchichte doppelt ſo dick iſt, als
bei jenem Blau; oder allgemein, daß man das Verhaͤltniß der
Dicke eines zweiten Blaͤttchens zu jenem erſten nur zu kennen
brauchte, um die der Polariſirung entzogene Farbe zu beſtimmen,
welche immer diejenige war, die dem Verhaͤltniſſe der Dicken der
Luftſchichten bei Newton's Verſuchen entſpricht. Nach Newton
iſt 14 die Dicke der Luftſchichte fuͤr jenes Blau, und dieſe Zahl nimmt
alſo eben die Stelle ein, wie 82 Tauſendtel Millimeter bei Biot's
Verſuchen; 21 iſt die Zahl, die bei Newton dem Purpur des
naͤchſten Ringes entſpricht, alſo 123 als Dicke der Blaͤttchen gaͤbe
eben dieſes Purpur in den Biot'ſchen Verſuchen; 28 iſt bei
Newton dem Orange deſſelben naͤchſten Ringes entſprechend,
alſo 164 muß eben die Farbe bei Biot geben; 35 dort und 205
hier muͤſſen das Gruͤn der folgenden Ordnung geben, und ſo
weiter. Und dieſes findet, nach Biot's Meſſungen, ſo ſtatt, daß
ſowohl ein einzelnes Blaͤttchen von dieſen Dicken, als mehrere, die
zuſammen dieſe Dicke haben, und mit parallelen Axen auf einan-
der gelegt werden, die hiernach berechneten Farben zeigen; weshalb
denn Gypsſtuͤckchen von ſehr bedeutender Dicke keine Farben mehr
zeigen, ſondern weißes Licht.

Biot's Theorie der beweglichen Polariſation.

Dieſe Farben ſtehen alſo mit den Anwandelungen in einer
ſehr nahen Beziehung, und dieſe Betrachtung hat Biot zu ſeiner
Theorie der beweglichen Polariſation gefuͤhrt. Es ſcheint naͤm-
lich ſich als unmittelbares Ergebniß der Erſcheinungen auszuſpre-
chen, daß zwar in einem dickeren Cryſtalle bei gehoͤriger Lage deſſel-
ben alle Farbenſtrahlen ihre Polariſation verlieren, daß dies aber
beim Durchgange durch ſehr duͤnne Schichten in Beziehung auf
jeden Farbenſtrahl bald geſchehen, bald wieder nicht geſchehen iſt,
alſo ein Wechſel der Polariſation, aͤhnlich dem Wechſel der Anwande-
lungen, ſtatt findet. Um bei einem Farbenſtrahle ſtehen zu bleiben,
wuͤrde man von dem von Biot angefuͤhrten blauen Farbenſtrahle
ſagen muͤſſen, daß er bei einer Dicke von 27 Tauſendteln des
Millimeters zum erſten Male, bei einer Dicke von 3 mal 27,
von 5 mal 27 zum zweiten Male, zum dritten Male der Polari-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0358" n="344"/>
des zweiten &#x017F;cho&#x0364;nen                         Farbenringes) gab, die man bei <hi rendition="#g">Newton</hi>'s<lb/>
Farbenringen da erha&#x0364;lt, wo die                         Luft&#x017F;chichte doppelt &#x017F;o dick i&#x017F;t,                         als<lb/>
bei jenem Blau; oder allgemein, daß man das Verha&#x0364;ltniß                         der<lb/>
Dicke eines zweiten Bla&#x0364;ttchens zu jenem                         er&#x017F;ten nur zu kennen<lb/>
brauchte, um die der                         Polari&#x017F;irung entzogene Farbe zu be&#x017F;timmen,<lb/>
welche                         immer diejenige war, die dem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e                         der Dicken der<lb/>
Luft&#x017F;chichten bei <hi rendition="#g">Newton</hi>'s Ver&#x017F;uchen ent&#x017F;pricht. Nach <hi rendition="#g">Newton</hi><lb/>
i&#x017F;t 14 die Dicke der                         Luft&#x017F;chichte fu&#x0364;r jenes Blau, und die&#x017F;e                         Zahl nimmt<lb/>
al&#x017F;o eben die Stelle ein, wie 82                         Tau&#x017F;endtel Millimeter bei <hi rendition="#g">Biot</hi>'s<lb/>
Ver&#x017F;uchen; 21 i&#x017F;t die Zahl, die bei <hi rendition="#g">Newton</hi> dem Purpur                         des<lb/>
na&#x0364;ch&#x017F;ten Ringes ent&#x017F;pricht,                         al&#x017F;o 123 als Dicke der Bla&#x0364;ttchen                         ga&#x0364;be<lb/>
eben die&#x017F;es Purpur in den                         Biot'&#x017F;chen Ver&#x017F;uchen; 28 i&#x017F;t bei<lb/><hi rendition="#g">Newton</hi> dem Orange de&#x017F;&#x017F;elben                         na&#x0364;ch&#x017F;ten Ringes                         ent&#x017F;prechend,<lb/>
al&#x017F;o 164 muß eben die Farbe bei <hi rendition="#g">Biot</hi> geben; 35 dort und 205<lb/>
hier                         mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en das Gru&#x0364;n der folgenden                         Ordnung geben, und &#x017F;o<lb/>
weiter. Und die&#x017F;es findet,                         nach <hi rendition="#g">Biot</hi>'s Me&#x017F;&#x017F;ungen,                         &#x017F;o &#x017F;tatt, daß<lb/>
&#x017F;owohl ein einzelnes                         Bla&#x0364;ttchen von die&#x017F;en Dicken, als mehrere,                         die<lb/>
zu&#x017F;ammen die&#x017F;e Dicke haben, und mit parallelen                         Axen auf einan-<lb/>
der gelegt werden, die hiernach berechneten Farben                         zeigen; weshalb<lb/>
denn Gyps&#x017F;tu&#x0364;ckchen von                         &#x017F;ehr bedeutender Dicke keine Farben mehr<lb/>
zeigen,                         &#x017F;ondern weißes Licht.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Biot</hi>'s <hi rendition="#g">Theorie der beweglichen                             Polari&#x017F;ation</hi>.</head><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Farben &#x017F;tehen al&#x017F;o mit den                         Anwandelungen in einer<lb/>
&#x017F;ehr nahen Beziehung, und                         die&#x017F;e Betrachtung hat <hi rendition="#g">Biot</hi> zu                         &#x017F;einer<lb/>
Theorie der <hi rendition="#g">beweglichen</hi> Polari&#x017F;ation gefu&#x0364;hrt. Es &#x017F;cheint                         na&#x0364;m-<lb/>
lich &#x017F;ich als unmittelbares Ergebniß der                         Er&#x017F;cheinungen auszu&#x017F;pre-<lb/>
chen, daß zwar in einem                         dickeren Cry&#x017F;talle bei geho&#x0364;riger Lage                         de&#x017F;&#x017F;el-<lb/>
ben alle Farben&#x017F;trahlen ihre                         Polari&#x017F;ation verlieren, daß dies aber<lb/>
beim Durchgange durch                         &#x017F;ehr du&#x0364;nne Schichten in Beziehung auf<lb/>
jeden                         Farben&#x017F;trahl bald ge&#x017F;chehen, bald wieder nicht                         ge&#x017F;chehen i&#x017F;t,<lb/>
al&#x017F;o ein                         Wech&#x017F;el der Polari&#x017F;ation, a&#x0364;hnlich dem                         Wech&#x017F;el der Anwande-<lb/>
lungen, &#x017F;tatt findet. Um bei                         einem Farben&#x017F;trahle &#x017F;tehen zu                         bleiben,<lb/>
wu&#x0364;rde man von dem von <hi rendition="#g">Biot</hi> angefu&#x0364;hrten blauen Farben&#x017F;trahle<lb/>
&#x017F;agen                         mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, daß er bei einer Dicke von 27                         Tau&#x017F;endteln des<lb/>
Millimeters zum er&#x017F;ten Male, bei                         einer Dicke von 3 mal 27,<lb/>
von 5 mal 27 zum zweiten Male, zum dritten                         Male der Polari-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0358] des zweiten ſchoͤnen Farbenringes) gab, die man bei Newton's Farbenringen da erhaͤlt, wo die Luftſchichte doppelt ſo dick iſt, als bei jenem Blau; oder allgemein, daß man das Verhaͤltniß der Dicke eines zweiten Blaͤttchens zu jenem erſten nur zu kennen brauchte, um die der Polariſirung entzogene Farbe zu beſtimmen, welche immer diejenige war, die dem Verhaͤltniſſe der Dicken der Luftſchichten bei Newton's Verſuchen entſpricht. Nach Newton iſt 14 die Dicke der Luftſchichte fuͤr jenes Blau, und dieſe Zahl nimmt alſo eben die Stelle ein, wie 82 Tauſendtel Millimeter bei Biot's Verſuchen; 21 iſt die Zahl, die bei Newton dem Purpur des naͤchſten Ringes entſpricht, alſo 123 als Dicke der Blaͤttchen gaͤbe eben dieſes Purpur in den Biot'ſchen Verſuchen; 28 iſt bei Newton dem Orange deſſelben naͤchſten Ringes entſprechend, alſo 164 muß eben die Farbe bei Biot geben; 35 dort und 205 hier muͤſſen das Gruͤn der folgenden Ordnung geben, und ſo weiter. Und dieſes findet, nach Biot's Meſſungen, ſo ſtatt, daß ſowohl ein einzelnes Blaͤttchen von dieſen Dicken, als mehrere, die zuſammen dieſe Dicke haben, und mit parallelen Axen auf einan- der gelegt werden, die hiernach berechneten Farben zeigen; weshalb denn Gypsſtuͤckchen von ſehr bedeutender Dicke keine Farben mehr zeigen, ſondern weißes Licht. Biot's Theorie der beweglichen Polariſation. Dieſe Farben ſtehen alſo mit den Anwandelungen in einer ſehr nahen Beziehung, und dieſe Betrachtung hat Biot zu ſeiner Theorie der beweglichen Polariſation gefuͤhrt. Es ſcheint naͤm- lich ſich als unmittelbares Ergebniß der Erſcheinungen auszuſpre- chen, daß zwar in einem dickeren Cryſtalle bei gehoͤriger Lage deſſel- ben alle Farbenſtrahlen ihre Polariſation verlieren, daß dies aber beim Durchgange durch ſehr duͤnne Schichten in Beziehung auf jeden Farbenſtrahl bald geſchehen, bald wieder nicht geſchehen iſt, alſo ein Wechſel der Polariſation, aͤhnlich dem Wechſel der Anwande- lungen, ſtatt findet. Um bei einem Farbenſtrahle ſtehen zu bleiben, wuͤrde man von dem von Biot angefuͤhrten blauen Farbenſtrahle ſagen muͤſſen, daß er bei einer Dicke von 27 Tauſendteln des Millimeters zum erſten Male, bei einer Dicke von 3 mal 27, von 5 mal 27 zum zweiten Male, zum dritten Male der Polari-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/358
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/358>, abgerufen am 28.03.2024.