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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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des Brennglases zusammentreffen und so ferner. Ob wir es mit
Recht so ansehen, ob alle Erscheinungen dieser Emissionstheo-
rie, welche ein Ausgehen der Lichttheilchen von dem leuchtenden
Körper annimmt, gemäß erklärt werden können; -- das zu ent-
scheiden, wird eine vollständigere Kenntniß der Erscheinungen erfor-
dert, und diese zu erlangen, muß daher zuerst unser Bestreben sein.
Und so wie wir in der Erzählung der täglichen Erscheinungen des
Himmels von einer Umdrehung der Himmelskugel um ihre Axe
reden, unbekümmert darum, ob dieser Schein einer sich drehenden
Sphäre in der That das sei, was unser Auge darin zu erkennen
glaubt, ebenso wollen wir hier unbedenklich von Lichttheilchen reden,
welche die Erleuchtung der Körper, die sie treffen, welche in un-
serm Auge die Empfindung des Sehens bewirken, ohne für jetzt
die Bedenklichkeiten hervorzuheben, zu welchen die Veranlassung
uns jetzt noch ferne liegt.

Die Frage, welche Körper es sind, die sich uns als leuchtend
zeigen, unter welchen Umständen sie leuchten, und was sich daraus
über das Wesen des Leuchtens, des Licht-Erzeugens, schließen
lasse, könnte hier vielleicht den ersten Platz einnehmen; aber da
die Umstände des Leuchtens so mannigfaltig sind, da die Erklärung
der Entstehung des Leuchtens sich an die Theorieen von der Natur
des Lichtes anknüpft, so verschiebe ich die Mittheilung dieser Be-
obachtungen über Leuchten, Brennen und Phosphorescenz, um
zuerst Sie mit den optischen Erscheinungen, mit dem Wege der
Lichtstrahlen bekannt zu machen. Und um hier sogleich einige Kunst-
Ausdrücke zu erklären, mag hier die Bemerkung voranstehen, daß
man Optik im Allgemeinen die ganze Lehre von dem Wege, den
die Lichtstrahlen durchlaufen, nennt; daß man aber im engern
Sinne nur diejenigen Erscheinungen zur Optik rechnet, wo dieser
Weg gerade ist, und hingegen zur Catoptrik die Erscheinungen
der Spiegelung, der Reflexion des Lichtes, zur Dioptrik die
Erscheinungen, die durch Brechung des Lichtes entstehen, rechnet.

Gradlinige Fortpflanzung des Lichtes. Schattengrenze.

Das Licht geht in grader Linie von dem leuchtenden Körper
aus zu andern Puncten hin. Dieser Erfahrungssatz ist so bekannt,
daß wir ohne weitere Ueberlegung geneigt sind, den leuchtenden

des Brennglaſes zuſammentreffen und ſo ferner. Ob wir es mit
Recht ſo anſehen, ob alle Erſcheinungen dieſer Emiſſionstheo-
rie, welche ein Ausgehen der Lichttheilchen von dem leuchtenden
Koͤrper annimmt, gemaͤß erklaͤrt werden koͤnnen; — das zu ent-
ſcheiden, wird eine vollſtaͤndigere Kenntniß der Erſcheinungen erfor-
dert, und dieſe zu erlangen, muß daher zuerſt unſer Beſtreben ſein.
Und ſo wie wir in der Erzaͤhlung der taͤglichen Erſcheinungen des
Himmels von einer Umdrehung der Himmelskugel um ihre Axe
reden, unbekuͤmmert darum, ob dieſer Schein einer ſich drehenden
Sphaͤre in der That das ſei, was unſer Auge darin zu erkennen
glaubt, ebenſo wollen wir hier unbedenklich von Lichttheilchen reden,
welche die Erleuchtung der Koͤrper, die ſie treffen, welche in un-
ſerm Auge die Empfindung des Sehens bewirken, ohne fuͤr jetzt
die Bedenklichkeiten hervorzuheben, zu welchen die Veranlaſſung
uns jetzt noch ferne liegt.

Die Frage, welche Koͤrper es ſind, die ſich uns als leuchtend
zeigen, unter welchen Umſtaͤnden ſie leuchten, und was ſich daraus
uͤber das Weſen des Leuchtens, des Licht-Erzeugens, ſchließen
laſſe, koͤnnte hier vielleicht den erſten Platz einnehmen; aber da
die Umſtaͤnde des Leuchtens ſo mannigfaltig ſind, da die Erklaͤrung
der Entſtehung des Leuchtens ſich an die Theorieen von der Natur
des Lichtes anknuͤpft, ſo verſchiebe ich die Mittheilung dieſer Be-
obachtungen uͤber Leuchten, Brennen und Phosphorescenz, um
zuerſt Sie mit den optiſchen Erſcheinungen, mit dem Wege der
Lichtſtrahlen bekannt zu machen. Und um hier ſogleich einige Kunſt-
Ausdruͤcke zu erklaͤren, mag hier die Bemerkung voranſtehen, daß
man Optik im Allgemeinen die ganze Lehre von dem Wege, den
die Lichtſtrahlen durchlaufen, nennt; daß man aber im engern
Sinne nur diejenigen Erſcheinungen zur Optik rechnet, wo dieſer
Weg gerade iſt, und hingegen zur Catoptrik die Erſcheinungen
der Spiegelung, der Reflexion des Lichtes, zur Dioptrik die
Erſcheinungen, die durch Brechung des Lichtes entſtehen, rechnet.

Gradlinige Fortpflanzung des Lichtes. Schattengrenze.

Das Licht geht in grader Linie von dem leuchtenden Koͤrper
aus zu andern Puncten hin. Dieſer Erfahrungsſatz iſt ſo bekannt,
daß wir ohne weitere Ueberlegung geneigt ſind, den leuchtenden

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[55/0069] des Brennglaſes zuſammentreffen und ſo ferner. Ob wir es mit Recht ſo anſehen, ob alle Erſcheinungen dieſer Emiſſionstheo- rie, welche ein Ausgehen der Lichttheilchen von dem leuchtenden Koͤrper annimmt, gemaͤß erklaͤrt werden koͤnnen; — das zu ent- ſcheiden, wird eine vollſtaͤndigere Kenntniß der Erſcheinungen erfor- dert, und dieſe zu erlangen, muß daher zuerſt unſer Beſtreben ſein. Und ſo wie wir in der Erzaͤhlung der taͤglichen Erſcheinungen des Himmels von einer Umdrehung der Himmelskugel um ihre Axe reden, unbekuͤmmert darum, ob dieſer Schein einer ſich drehenden Sphaͤre in der That das ſei, was unſer Auge darin zu erkennen glaubt, ebenſo wollen wir hier unbedenklich von Lichttheilchen reden, welche die Erleuchtung der Koͤrper, die ſie treffen, welche in un- ſerm Auge die Empfindung des Sehens bewirken, ohne fuͤr jetzt die Bedenklichkeiten hervorzuheben, zu welchen die Veranlaſſung uns jetzt noch ferne liegt. Die Frage, welche Koͤrper es ſind, die ſich uns als leuchtend zeigen, unter welchen Umſtaͤnden ſie leuchten, und was ſich daraus uͤber das Weſen des Leuchtens, des Licht-Erzeugens, ſchließen laſſe, koͤnnte hier vielleicht den erſten Platz einnehmen; aber da die Umſtaͤnde des Leuchtens ſo mannigfaltig ſind, da die Erklaͤrung der Entſtehung des Leuchtens ſich an die Theorieen von der Natur des Lichtes anknuͤpft, ſo verſchiebe ich die Mittheilung dieſer Be- obachtungen uͤber Leuchten, Brennen und Phosphorescenz, um zuerſt Sie mit den optiſchen Erſcheinungen, mit dem Wege der Lichtſtrahlen bekannt zu machen. Und um hier ſogleich einige Kunſt- Ausdruͤcke zu erklaͤren, mag hier die Bemerkung voranſtehen, daß man Optik im Allgemeinen die ganze Lehre von dem Wege, den die Lichtſtrahlen durchlaufen, nennt; daß man aber im engern Sinne nur diejenigen Erſcheinungen zur Optik rechnet, wo dieſer Weg gerade iſt, und hingegen zur Catoptrik die Erſcheinungen der Spiegelung, der Reflexion des Lichtes, zur Dioptrik die Erſcheinungen, die durch Brechung des Lichtes entſtehen, rechnet. Gradlinige Fortpflanzung des Lichtes. Schattengrenze. Das Licht geht in grader Linie von dem leuchtenden Koͤrper aus zu andern Puncten hin. Dieſer Erfahrungsſatz iſt ſo bekannt, daß wir ohne weitere Ueberlegung geneigt ſind, den leuchtenden

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/69>, abgerufen am 25.04.2024.