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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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Die wichtigen Entdeckungen andrer Art, zu denen New-
tons
Untersuchungen über das Licht und über die Bewegung der
Himmelskörper Anlaß geben, mögen die Ursache gewesen sein, daß
man die electrischen Untersuchungen in den nächsten 30 Jahren
wenig weiter brachte; denn erst 1709 trat Hawksbee mit neuen
Versuchen auf, unter denen die über das electrische Licht im luft-
leeren Raume, die ich später erzählen werde, die wichtigsten sind.
Ueber das Anziehen und Abstoßen stellte er manche neue Versuche
an. Er bediente sich des Glases als eines leicht und stark electrisch
werdenden Körpers, und nach ihm hat man fast immer nur Glas-
kugeln, Glasröhren, Glasscheiben, als die zu diesem Zwecke taug-
lichsten Körper angewandt. Er bemerkte, daß seitwärts hängende
Fäden alle gegen den Mittelpunct der geriebenen Kugel angezogen
wurden, daß sie dagegen nach allen Richtungen aus einander gin-
gen, wenn sie selbst mit der electrisirten Kugel oder ihrer Axe ver-
bunden waren; ferner daß Fäden innerhalb einer Glaskugel in
Bewegung geriethen, wenn eine andere electrisirte Glaskugel in
die Nähe gebracht wurde. Er bemühete sich, auch Metalle durch
Reibung electrisch zu machen; aber dieses gelang ihm nicht, aus
Gründen, worauf wir sogleich zurückkommen.

Die durch diese Erfahrungen schon klar angedeutete Mitthei-
lung der Electricität wurde erst 1728 von Grey genauer unter-
sucht, und Grey gelangte dadurch zu ganz neuen Aufschlüssen.
Er bediente sich zu seinen Versuchen einer Glasröhre, die an beiden
Enden mit Korkstöpseln geschlossen war und die er durch Reiben
electrisch machte; und hier bemerkte er, daß leichte Körper nicht
allein vom Glase, sondern auch von dem Kork angezogen und
dann wieder abgestoßen wurden, daß also dieser ebenso gut als die
geriebene Röhre selbst die electrischen Wirkungen ausübte. Um
diese Mittheilung weiter zu versuchen, steckte er ein längeres Stäb-
chen mit einer Kugel in den Kork, und auch diese zeigte eben die
Wirkungen.

Leiter und Nichtleiter.

Diese deutlichen Spuren einer Fortleitung der Electricität,
einer Mittheilung auch an entferntere Körper veranlaßten Grey
noch weiter zu gehen, eine längere Schnur an jenen Kork zu
befestigen und eine damit verbundene Kugel, 26 Fuß tief herab-

Die wichtigen Entdeckungen andrer Art, zu denen New-
tons
Unterſuchungen uͤber das Licht und uͤber die Bewegung der
Himmelskoͤrper Anlaß geben, moͤgen die Urſache geweſen ſein, daß
man die electriſchen Unterſuchungen in den naͤchſten 30 Jahren
wenig weiter brachte; denn erſt 1709 trat Hawksbee mit neuen
Verſuchen auf, unter denen die uͤber das electriſche Licht im luft-
leeren Raume, die ich ſpaͤter erzaͤhlen werde, die wichtigſten ſind.
Ueber das Anziehen und Abſtoßen ſtellte er manche neue Verſuche
an. Er bediente ſich des Glaſes als eines leicht und ſtark electriſch
werdenden Koͤrpers, und nach ihm hat man faſt immer nur Glas-
kugeln, Glasroͤhren, Glasſcheiben, als die zu dieſem Zwecke taug-
lichſten Koͤrper angewandt. Er bemerkte, daß ſeitwaͤrts haͤngende
Faͤden alle gegen den Mittelpunct der geriebenen Kugel angezogen
wurden, daß ſie dagegen nach allen Richtungen aus einander gin-
gen, wenn ſie ſelbſt mit der electriſirten Kugel oder ihrer Axe ver-
bunden waren; ferner daß Faͤden innerhalb einer Glaskugel in
Bewegung geriethen, wenn eine andere electriſirte Glaskugel in
die Naͤhe gebracht wurde. Er bemuͤhete ſich, auch Metalle durch
Reibung electriſch zu machen; aber dieſes gelang ihm nicht, aus
Gruͤnden, worauf wir ſogleich zuruͤckkommen.

Die durch dieſe Erfahrungen ſchon klar angedeutete Mitthei-
lung der Electricitaͤt wurde erſt 1728 von Grey genauer unter-
ſucht, und Grey gelangte dadurch zu ganz neuen Aufſchluͤſſen.
Er bediente ſich zu ſeinen Verſuchen einer Glasroͤhre, die an beiden
Enden mit Korkſtoͤpſeln geſchloſſen war und die er durch Reiben
electriſch machte; und hier bemerkte er, daß leichte Koͤrper nicht
allein vom Glaſe, ſondern auch von dem Kork angezogen und
dann wieder abgeſtoßen wurden, daß alſo dieſer ebenſo gut als die
geriebene Roͤhre ſelbſt die electriſchen Wirkungen ausuͤbte. Um
dieſe Mittheilung weiter zu verſuchen, ſteckte er ein laͤngeres Staͤb-
chen mit einer Kugel in den Kork, und auch dieſe zeigte eben die
Wirkungen.

Leiter und Nichtleiter.

Dieſe deutlichen Spuren einer Fortleitung der Electricitaͤt,
einer Mittheilung auch an entferntere Koͤrper veranlaßten Grey
noch weiter zu gehen, eine laͤngere Schnur an jenen Kork zu
befeſtigen und eine damit verbundene Kugel, 26 Fuß tief herab-

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[208/0222] Die wichtigen Entdeckungen andrer Art, zu denen New- tons Unterſuchungen uͤber das Licht und uͤber die Bewegung der Himmelskoͤrper Anlaß geben, moͤgen die Urſache geweſen ſein, daß man die electriſchen Unterſuchungen in den naͤchſten 30 Jahren wenig weiter brachte; denn erſt 1709 trat Hawksbee mit neuen Verſuchen auf, unter denen die uͤber das electriſche Licht im luft- leeren Raume, die ich ſpaͤter erzaͤhlen werde, die wichtigſten ſind. Ueber das Anziehen und Abſtoßen ſtellte er manche neue Verſuche an. Er bediente ſich des Glaſes als eines leicht und ſtark electriſch werdenden Koͤrpers, und nach ihm hat man faſt immer nur Glas- kugeln, Glasroͤhren, Glasſcheiben, als die zu dieſem Zwecke taug- lichſten Koͤrper angewandt. Er bemerkte, daß ſeitwaͤrts haͤngende Faͤden alle gegen den Mittelpunct der geriebenen Kugel angezogen wurden, daß ſie dagegen nach allen Richtungen aus einander gin- gen, wenn ſie ſelbſt mit der electriſirten Kugel oder ihrer Axe ver- bunden waren; ferner daß Faͤden innerhalb einer Glaskugel in Bewegung geriethen, wenn eine andere electriſirte Glaskugel in die Naͤhe gebracht wurde. Er bemuͤhete ſich, auch Metalle durch Reibung electriſch zu machen; aber dieſes gelang ihm nicht, aus Gruͤnden, worauf wir ſogleich zuruͤckkommen. Die durch dieſe Erfahrungen ſchon klar angedeutete Mitthei- lung der Electricitaͤt wurde erſt 1728 von Grey genauer unter- ſucht, und Grey gelangte dadurch zu ganz neuen Aufſchluͤſſen. Er bediente ſich zu ſeinen Verſuchen einer Glasroͤhre, die an beiden Enden mit Korkſtoͤpſeln geſchloſſen war und die er durch Reiben electriſch machte; und hier bemerkte er, daß leichte Koͤrper nicht allein vom Glaſe, ſondern auch von dem Kork angezogen und dann wieder abgeſtoßen wurden, daß alſo dieſer ebenſo gut als die geriebene Roͤhre ſelbſt die electriſchen Wirkungen ausuͤbte. Um dieſe Mittheilung weiter zu verſuchen, ſteckte er ein laͤngeres Staͤb- chen mit einer Kugel in den Kork, und auch dieſe zeigte eben die Wirkungen. Leiter und Nichtleiter. Dieſe deutlichen Spuren einer Fortleitung der Electricitaͤt, einer Mittheilung auch an entferntere Koͤrper veranlaßten Grey noch weiter zu gehen, eine laͤngere Schnur an jenen Kork zu befeſtigen und eine damit verbundene Kugel, 26 Fuß tief herab-

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/222>, abgerufen am 29.03.2024.