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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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daß die Flüssigkeit in der einen Röhre roth, in der andern grün
wird, mit dem auffallendsten Gegensatze.

In allen ähnlichen Versuchen spricht sich ganz unbezweifelt die
Regel aus, daß das Oxygen und die in den Salzen enthaltenen
Säuren mit großer Gewalt zum positiven Pole der Säule, der
Wasserstoff, die Alcalien, die Erden, die Metalle, zum negativen
Pole der Säule hingezogen werden. Auf dieser Zersetzung der
Flüssigkeiten beruht auch der saure Geschmack, den man auf der
Zunge am positiven Drathe, der alcalische, den man am negati-
ven Drathe wahrnimmt.

Diese Wirkung der Säule überwindet die gewöhnlichen che-
mischen Einwirkungen, wenn die Säule mächtig genug ist. Es ist
bekannt, wie leicht sich Zink, Eisen und andre Metalle in ver-
dünnter Schwefelsäure auflösen, aber dennoch bleiben sie in dieser
Säure unangegriffen, wenn sie sich als Leiter von dem negativen
Pole her in dieser Säure befinden; denn da unter diesen Umstän-
den das etwa schon in der Säure aufgelöste Metall an diesem Pole
sich metallisch niederschlägt, so findet eine Sicherung des Metalles
gegen Auflösung offenbar statt. Am positiven Pole dagegen übt
eine auf das Metall ohnehin schon wirkende Säure eine vermehrte
Gewalt aus.

Chemische Wirkungen der einfachen galvanischen
Kette
.

Aber nicht bloß an voltaischen Säulen zeigen sich diese chemi-
schen Wirkungen, sondern selbst an einfachen galvanischen Ketten.
Wenn man in eine Auflösung von Kupfervitriol (schwefelsauerm
Kupfer) in Wasser einen Platindrath bringt, so zeigt dieser keine
Veränderung; aber wenn man einen Platindrath und einen Eisen-
drath nahe an einander liegend und so, daß beide sich in einigen
Puncten berühren, in die Auflösung bringt, so belegt sich der
Platindrath mit einem Ueberzuge von Kupfer. Im letztern Falle
entsteht nämlich ein electrischer Strom, indem die positive Electri-
cität vom Platin zum Eisen in den Puncten, wo die metallische
Berührung statt findet, und dann durch die Auflösung zurück zum
Platin strömt; das in der einfachen galvanischen Kette den nega-
tiven Pol darbietende Platin zieht daher aus der Auflösung das

daß die Fluͤſſigkeit in der einen Roͤhre roth, in der andern gruͤn
wird, mit dem auffallendſten Gegenſatze.

In allen aͤhnlichen Verſuchen ſpricht ſich ganz unbezweifelt die
Regel aus, daß das Oxygen und die in den Salzen enthaltenen
Saͤuren mit großer Gewalt zum poſitiven Pole der Saͤule, der
Waſſerſtoff, die Alcalien, die Erden, die Metalle, zum negativen
Pole der Saͤule hingezogen werden. Auf dieſer Zerſetzung der
Fluͤſſigkeiten beruht auch der ſaure Geſchmack, den man auf der
Zunge am poſitiven Drathe, der alcaliſche, den man am negati-
ven Drathe wahrnimmt.

Dieſe Wirkung der Saͤule uͤberwindet die gewoͤhnlichen che-
miſchen Einwirkungen, wenn die Saͤule maͤchtig genug iſt. Es iſt
bekannt, wie leicht ſich Zink, Eiſen und andre Metalle in ver-
duͤnnter Schwefelſaͤure aufloͤſen, aber dennoch bleiben ſie in dieſer
Saͤure unangegriffen, wenn ſie ſich als Leiter von dem negativen
Pole her in dieſer Saͤure befinden; denn da unter dieſen Umſtaͤn-
den das etwa ſchon in der Saͤure aufgeloͤſte Metall an dieſem Pole
ſich metalliſch niederſchlaͤgt, ſo findet eine Sicherung des Metalles
gegen Aufloͤſung offenbar ſtatt. Am poſitiven Pole dagegen uͤbt
eine auf das Metall ohnehin ſchon wirkende Saͤure eine vermehrte
Gewalt aus.

Chemiſche Wirkungen der einfachen galvaniſchen
Kette
.

Aber nicht bloß an voltaiſchen Saͤulen zeigen ſich dieſe chemi-
ſchen Wirkungen, ſondern ſelbſt an einfachen galvaniſchen Ketten.
Wenn man in eine Aufloͤſung von Kupfervitriol (ſchwefelſauerm
Kupfer) in Waſſer einen Platindrath bringt, ſo zeigt dieſer keine
Veraͤnderung; aber wenn man einen Platindrath und einen Eiſen-
drath nahe an einander liegend und ſo, daß beide ſich in einigen
Puncten beruͤhren, in die Aufloͤſung bringt, ſo belegt ſich der
Platindrath mit einem Ueberzuge von Kupfer. Im letztern Falle
entſteht naͤmlich ein electriſcher Strom, indem die poſitive Electri-
citaͤt vom Platin zum Eiſen in den Puncten, wo die metalliſche
Beruͤhrung ſtatt findet, und dann durch die Aufloͤſung zuruͤck zum
Platin ſtroͤmt; das in der einfachen galvaniſchen Kette den nega-
tiven Pol darbietende Platin zieht daher aus der Aufloͤſung das

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[363/0377] daß die Fluͤſſigkeit in der einen Roͤhre roth, in der andern gruͤn wird, mit dem auffallendſten Gegenſatze. In allen aͤhnlichen Verſuchen ſpricht ſich ganz unbezweifelt die Regel aus, daß das Oxygen und die in den Salzen enthaltenen Saͤuren mit großer Gewalt zum poſitiven Pole der Saͤule, der Waſſerſtoff, die Alcalien, die Erden, die Metalle, zum negativen Pole der Saͤule hingezogen werden. Auf dieſer Zerſetzung der Fluͤſſigkeiten beruht auch der ſaure Geſchmack, den man auf der Zunge am poſitiven Drathe, der alcaliſche, den man am negati- ven Drathe wahrnimmt. Dieſe Wirkung der Saͤule uͤberwindet die gewoͤhnlichen che- miſchen Einwirkungen, wenn die Saͤule maͤchtig genug iſt. Es iſt bekannt, wie leicht ſich Zink, Eiſen und andre Metalle in ver- duͤnnter Schwefelſaͤure aufloͤſen, aber dennoch bleiben ſie in dieſer Saͤure unangegriffen, wenn ſie ſich als Leiter von dem negativen Pole her in dieſer Saͤure befinden; denn da unter dieſen Umſtaͤn- den das etwa ſchon in der Saͤure aufgeloͤſte Metall an dieſem Pole ſich metalliſch niederſchlaͤgt, ſo findet eine Sicherung des Metalles gegen Aufloͤſung offenbar ſtatt. Am poſitiven Pole dagegen uͤbt eine auf das Metall ohnehin ſchon wirkende Saͤure eine vermehrte Gewalt aus. Chemiſche Wirkungen der einfachen galvaniſchen Kette. Aber nicht bloß an voltaiſchen Saͤulen zeigen ſich dieſe chemi- ſchen Wirkungen, ſondern ſelbſt an einfachen galvaniſchen Ketten. Wenn man in eine Aufloͤſung von Kupfervitriol (ſchwefelſauerm Kupfer) in Waſſer einen Platindrath bringt, ſo zeigt dieſer keine Veraͤnderung; aber wenn man einen Platindrath und einen Eiſen- drath nahe an einander liegend und ſo, daß beide ſich in einigen Puncten beruͤhren, in die Aufloͤſung bringt, ſo belegt ſich der Platindrath mit einem Ueberzuge von Kupfer. Im letztern Falle entſteht naͤmlich ein electriſcher Strom, indem die poſitive Electri- citaͤt vom Platin zum Eiſen in den Puncten, wo die metalliſche Beruͤhrung ſtatt findet, und dann durch die Aufloͤſung zuruͤck zum Platin ſtroͤmt; das in der einfachen galvaniſchen Kette den nega- tiven Pol darbietende Platin zieht daher aus der Aufloͤſung das

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/377>, abgerufen am 29.03.2024.