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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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eines Eisenstabes mit einem Magnete in Berührung bringt, so ist,
wie Sie wissen, bis zu bedeutenden Längen des Stabes das an-
dere Ende desselben magnetisch; aber wenn man das eine Ende
einer mit Eisenfeile gefüllten Glasröhre mit einem starken Ma-
gnete in Berührung bringt, so zeigt schon bei sehr mäßiger Länge
der Eisenfeilsäule, diese am andern Ende gar keine von jener Be-
rührung abhängende, polarische Einwirkung auf die Magnetnadel;
die unter Einfluß jenes Magnetes entstehende magnetische Dispo-
sition der Theilchen erstreckt sich also in der Eisenfeile nur bis auf
geringe Entfernung. Diese Erfahrung erklärt die oben angege-
bene Erscheinung. Ist nämlich a (Fig. 152.) zwischen zwei un-
gleichen Polen, so hat sich nach der Querrichtung der Nadel oder
der mit Eisenfeile gefüllten Röhre ein kurzer Magnet gebildet,
oder vielmehr, so weit die Wirkung reicht, eine Reihe kurzer ver-
ticaler Magnete, die vom obern Magnetpole so gut als vom untern
angezogen werden; diese halten also das Ende der Nadel zwischen
sich fest. Sind dagegen die oberhalb und unterhalb liegenden Pole
gleichnamig, so zerstören sie gegenseitig die in verticaler Richtung
entstehenden Wirkungen, das heißt, die obere Seite der Nadel
kann nicht südpolarisch werden durch Einwirkung des oberhalb an-
gebrachten Nordpols, wenn der untere Nordpol aus der obern
Seite einen Nordpol zu machen strebt; wendet sich aber die Nadel
seitwärts, so entstehen in horizontaler Querrichtung kurze Ma-
gnete, die ihre Südpole jenen beiden Nordpolen zuwenden, und
diese Wirkung ist weit merklicher, weil die Zahl dieser kleinen Ma-
gnete sn, sn, sn, (Fig. 153.) größer ist, als sie bei der Stellung
ab (Fig. 154.) sein würde, wo nur ein sehr beschränkter Theil
der nicht fest verbundenen Eisentheilchen die polarische Einwirkung
erleidet.

Einwirkung rotirender Körper auf den Magnet.

Diese von andern Körpern uns dargebotenen Zeichen magne-
tischer Einwirkung ließen sich alle auf eine wahrscheinliche Bei-
mischung von Eisen zurückführen; aber eine ziemlich unbedeutend
aussehende Erscheinung, auf welche Arago zuerst aufmerksam
wurde, leitete diesen zu einer Reihe ganz neuer und wichtiger Ent-
deckungen. Jene geringfügig zu nennende Erscheinung ist folgende.

eines Eiſenſtabes mit einem Magnete in Beruͤhrung bringt, ſo iſt,
wie Sie wiſſen, bis zu bedeutenden Laͤngen des Stabes das an-
dere Ende deſſelben magnetiſch; aber wenn man das eine Ende
einer mit Eiſenfeile gefuͤllten Glasroͤhre mit einem ſtarken Ma-
gnete in Beruͤhrung bringt, ſo zeigt ſchon bei ſehr maͤßiger Laͤnge
der Eiſenfeilſaͤule, dieſe am andern Ende gar keine von jener Be-
ruͤhrung abhaͤngende, polariſche Einwirkung auf die Magnetnadel;
die unter Einfluß jenes Magnetes entſtehende magnetiſche Dispo-
ſition der Theilchen erſtreckt ſich alſo in der Eiſenfeile nur bis auf
geringe Entfernung. Dieſe Erfahrung erklaͤrt die oben angege-
bene Erſcheinung. Iſt naͤmlich a (Fig. 152.) zwiſchen zwei un-
gleichen Polen, ſo hat ſich nach der Querrichtung der Nadel oder
der mit Eiſenfeile gefuͤllten Roͤhre ein kurzer Magnet gebildet,
oder vielmehr, ſo weit die Wirkung reicht, eine Reihe kurzer ver-
ticaler Magnete, die vom obern Magnetpole ſo gut als vom untern
angezogen werden; dieſe halten alſo das Ende der Nadel zwiſchen
ſich feſt. Sind dagegen die oberhalb und unterhalb liegenden Pole
gleichnamig, ſo zerſtoͤren ſie gegenſeitig die in verticaler Richtung
entſtehenden Wirkungen, das heißt, die obere Seite der Nadel
kann nicht ſuͤdpolariſch werden durch Einwirkung des oberhalb an-
gebrachten Nordpols, wenn der untere Nordpol aus der obern
Seite einen Nordpol zu machen ſtrebt; wendet ſich aber die Nadel
ſeitwaͤrts, ſo entſtehen in horizontaler Querrichtung kurze Ma-
gnete, die ihre Suͤdpole jenen beiden Nordpolen zuwenden, und
dieſe Wirkung iſt weit merklicher, weil die Zahl dieſer kleinen Ma-
gnete sn, sn, sn, (Fig. 153.) groͤßer iſt, als ſie bei der Stellung
ab (Fig. 154.) ſein wuͤrde, wo nur ein ſehr beſchraͤnkter Theil
der nicht feſt verbundenen Eiſentheilchen die polariſche Einwirkung
erleidet.

Einwirkung rotirender Koͤrper auf den Magnet.

Dieſe von andern Koͤrpern uns dargebotenen Zeichen magne-
tiſcher Einwirkung ließen ſich alle auf eine wahrſcheinliche Bei-
miſchung von Eiſen zuruͤckfuͤhren; aber eine ziemlich unbedeutend
ausſehende Erſcheinung, auf welche Arago zuerſt aufmerkſam
wurde, leitete dieſen zu einer Reihe ganz neuer und wichtiger Ent-
deckungen. Jene geringfuͤgig zu nennende Erſcheinung iſt folgende.

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[469/0483] eines Eiſenſtabes mit einem Magnete in Beruͤhrung bringt, ſo iſt, wie Sie wiſſen, bis zu bedeutenden Laͤngen des Stabes das an- dere Ende deſſelben magnetiſch; aber wenn man das eine Ende einer mit Eiſenfeile gefuͤllten Glasroͤhre mit einem ſtarken Ma- gnete in Beruͤhrung bringt, ſo zeigt ſchon bei ſehr maͤßiger Laͤnge der Eiſenfeilſaͤule, dieſe am andern Ende gar keine von jener Be- ruͤhrung abhaͤngende, polariſche Einwirkung auf die Magnetnadel; die unter Einfluß jenes Magnetes entſtehende magnetiſche Dispo- ſition der Theilchen erſtreckt ſich alſo in der Eiſenfeile nur bis auf geringe Entfernung. Dieſe Erfahrung erklaͤrt die oben angege- bene Erſcheinung. Iſt naͤmlich a (Fig. 152.) zwiſchen zwei un- gleichen Polen, ſo hat ſich nach der Querrichtung der Nadel oder der mit Eiſenfeile gefuͤllten Roͤhre ein kurzer Magnet gebildet, oder vielmehr, ſo weit die Wirkung reicht, eine Reihe kurzer ver- ticaler Magnete, die vom obern Magnetpole ſo gut als vom untern angezogen werden; dieſe halten alſo das Ende der Nadel zwiſchen ſich feſt. Sind dagegen die oberhalb und unterhalb liegenden Pole gleichnamig, ſo zerſtoͤren ſie gegenſeitig die in verticaler Richtung entſtehenden Wirkungen, das heißt, die obere Seite der Nadel kann nicht ſuͤdpolariſch werden durch Einwirkung des oberhalb an- gebrachten Nordpols, wenn der untere Nordpol aus der obern Seite einen Nordpol zu machen ſtrebt; wendet ſich aber die Nadel ſeitwaͤrts, ſo entſtehen in horizontaler Querrichtung kurze Ma- gnete, die ihre Suͤdpole jenen beiden Nordpolen zuwenden, und dieſe Wirkung iſt weit merklicher, weil die Zahl dieſer kleinen Ma- gnete sn, sn, sn, (Fig. 153.) groͤßer iſt, als ſie bei der Stellung ab (Fig. 154.) ſein wuͤrde, wo nur ein ſehr beſchraͤnkter Theil der nicht feſt verbundenen Eiſentheilchen die polariſche Einwirkung erleidet. Einwirkung rotirender Koͤrper auf den Magnet. Dieſe von andern Koͤrpern uns dargebotenen Zeichen magne- tiſcher Einwirkung ließen ſich alle auf eine wahrſcheinliche Bei- miſchung von Eiſen zuruͤckfuͤhren; aber eine ziemlich unbedeutend ausſehende Erſcheinung, auf welche Arago zuerſt aufmerkſam wurde, leitete dieſen zu einer Reihe ganz neuer und wichtiger Ent- deckungen. Jene geringfuͤgig zu nennende Erſcheinung iſt folgende.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/483>, abgerufen am 28.03.2024.