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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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rücktreten mit ziemlicher Leichtigkeit, eben darum aber auch ohne
Funken, geschehen wird. Hierin scheint mir der Grund zu liegen,
daß kein Fall bekannt ist, wo diese Rückschläge Unglück bewirkt
hätten. Rückschläge von der Erde gegen eine Wolke scheinen mir
noch weniger gefährlich. Man braucht daher, glaube ich, auf sie
weiter keine Aufmerksamkeit zu richten, da die Regel, so viel als
möglich solche nur wenig unterbrochene Leiter in Gebäuden zu ver-
meiden, schon aus dem Grunde, damit der Blitz nicht zum Theil
auf A, zum Theil auf L falle, als nothwendig angesehen werden
mußte.

Ueber die übrigen Sicherungsmittel gegen die Gefahren des
Gewitters brauche ich nur wenig zu sagen. Für ein durch Ge-
witter-Ableiter nicht gesichertes Gebäude kann man bei einem
herannahenden Gewitter wohl gar nichts weiter thun, als daß man
alle Feuer auslöscht, damit nicht der aus den Schornsteinen her-
vorgehende Rauch eine Blitz-Zuleitung bilde. Diese Vorsicht ist
sehr zu empfehlen, da man viele Beispiele hat, wo der Blitz einen
rauchenden Schornstein selbst dann getroffen hat, wenn höhere
Gegenstände in der Nähe waren. Dagegen scheint Zugluft, ein
geöffnetes Fenster zum Beispiel, keinen Einfluß auf den Weg des
Blitzes zu haben, und das Schließen der Fenster scheint mir in
Beziehung auf den Blitz nicht nothwendig zu sein.

Was die Sicherung unserer Person gegen den Blitz betrifft, so
ist zwar ein ängstliches Berechnen, wo wir etwa am gesichertsten
sein mögen, zuweilen bis zum Lächerlichen getrieben werden, indeß
lassen sich doch folgende Regeln geben. Da der Blitz immer beim
Einschlagen die besseren Leiter vorzieht, und den Erfahrungen zu
Folge der menschliche Körper besser als trockenes Holz, trockene
Wände, lebendige Bäume u. s. w. leitet, so muß man die Nähe
dieser Gegenstände, so fern sie durch ihre Höhe den Blitz wohl her-
anziehen könnten, vermeiden. Hohe Bäume, vorzüglich wenn sie
einzeln stehen, werden nicht selten vom Blitze getroffen, der Blitz
fährt an ihnen sehr gern an der nassen Oberfläche zwischen Rinde
und Holz herunter und sprengt dabei die Rinde ab; befindet sich
aber ein Mensch ganz in der Nähe, so springt er sehr oft vom
Baume ab und tödtet den Menschen, durch dessen Körper er zur
Erde hinabgeht. Etwas Aehnliches würde erfolgen, wenn ein

ruͤcktreten mit ziemlicher Leichtigkeit, eben darum aber auch ohne
Funken, geſchehen wird. Hierin ſcheint mir der Grund zu liegen,
daß kein Fall bekannt iſt, wo dieſe Ruͤckſchlaͤge Ungluͤck bewirkt
haͤtten. Ruͤckſchlaͤge von der Erde gegen eine Wolke ſcheinen mir
noch weniger gefaͤhrlich. Man braucht daher, glaube ich, auf ſie
weiter keine Aufmerkſamkeit zu richten, da die Regel, ſo viel als
moͤglich ſolche nur wenig unterbrochene Leiter in Gebaͤuden zu ver-
meiden, ſchon aus dem Grunde, damit der Blitz nicht zum Theil
auf A, zum Theil auf L falle, als nothwendig angeſehen werden
mußte.

Ueber die uͤbrigen Sicherungsmittel gegen die Gefahren des
Gewitters brauche ich nur wenig zu ſagen. Fuͤr ein durch Ge-
witter-Ableiter nicht geſichertes Gebaͤude kann man bei einem
herannahenden Gewitter wohl gar nichts weiter thun, als daß man
alle Feuer ausloͤſcht, damit nicht der aus den Schornſteinen her-
vorgehende Rauch eine Blitz-Zuleitung bilde. Dieſe Vorſicht iſt
ſehr zu empfehlen, da man viele Beiſpiele hat, wo der Blitz einen
rauchenden Schornſtein ſelbſt dann getroffen hat, wenn hoͤhere
Gegenſtaͤnde in der Naͤhe waren. Dagegen ſcheint Zugluft, ein
geoͤffnetes Fenſter zum Beiſpiel, keinen Einfluß auf den Weg des
Blitzes zu haben, und das Schließen der Fenſter ſcheint mir in
Beziehung auf den Blitz nicht nothwendig zu ſein.

Was die Sicherung unſerer Perſon gegen den Blitz betrifft, ſo
iſt zwar ein aͤngſtliches Berechnen, wo wir etwa am geſichertſten
ſein moͤgen, zuweilen bis zum Laͤcherlichen getrieben werden, indeß
laſſen ſich doch folgende Regeln geben. Da der Blitz immer beim
Einſchlagen die beſſeren Leiter vorzieht, und den Erfahrungen zu
Folge der menſchliche Koͤrper beſſer als trockenes Holz, trockene
Waͤnde, lebendige Baͤume u. ſ. w. leitet, ſo muß man die Naͤhe
dieſer Gegenſtaͤnde, ſo fern ſie durch ihre Hoͤhe den Blitz wohl her-
anziehen koͤnnten, vermeiden. Hohe Baͤume, vorzuͤglich wenn ſie
einzeln ſtehen, werden nicht ſelten vom Blitze getroffen, der Blitz
faͤhrt an ihnen ſehr gern an der naſſen Oberflaͤche zwiſchen Rinde
und Holz herunter und ſprengt dabei die Rinde ab; befindet ſich
aber ein Menſch ganz in der Naͤhe, ſo ſpringt er ſehr oft vom
Baume ab und toͤdtet den Menſchen, durch deſſen Koͤrper er zur
Erde hinabgeht. Etwas Aehnliches wuͤrde erfolgen, wenn ein

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[314/0328] ruͤcktreten mit ziemlicher Leichtigkeit, eben darum aber auch ohne Funken, geſchehen wird. Hierin ſcheint mir der Grund zu liegen, daß kein Fall bekannt iſt, wo dieſe Ruͤckſchlaͤge Ungluͤck bewirkt haͤtten. Ruͤckſchlaͤge von der Erde gegen eine Wolke ſcheinen mir noch weniger gefaͤhrlich. Man braucht daher, glaube ich, auf ſie weiter keine Aufmerkſamkeit zu richten, da die Regel, ſo viel als moͤglich ſolche nur wenig unterbrochene Leiter in Gebaͤuden zu ver- meiden, ſchon aus dem Grunde, damit der Blitz nicht zum Theil auf A, zum Theil auf L falle, als nothwendig angeſehen werden mußte. Ueber die uͤbrigen Sicherungsmittel gegen die Gefahren des Gewitters brauche ich nur wenig zu ſagen. Fuͤr ein durch Ge- witter-Ableiter nicht geſichertes Gebaͤude kann man bei einem herannahenden Gewitter wohl gar nichts weiter thun, als daß man alle Feuer ausloͤſcht, damit nicht der aus den Schornſteinen her- vorgehende Rauch eine Blitz-Zuleitung bilde. Dieſe Vorſicht iſt ſehr zu empfehlen, da man viele Beiſpiele hat, wo der Blitz einen rauchenden Schornſtein ſelbſt dann getroffen hat, wenn hoͤhere Gegenſtaͤnde in der Naͤhe waren. Dagegen ſcheint Zugluft, ein geoͤffnetes Fenſter zum Beiſpiel, keinen Einfluß auf den Weg des Blitzes zu haben, und das Schließen der Fenſter ſcheint mir in Beziehung auf den Blitz nicht nothwendig zu ſein. Was die Sicherung unſerer Perſon gegen den Blitz betrifft, ſo iſt zwar ein aͤngſtliches Berechnen, wo wir etwa am geſichertſten ſein moͤgen, zuweilen bis zum Laͤcherlichen getrieben werden, indeß laſſen ſich doch folgende Regeln geben. Da der Blitz immer beim Einſchlagen die beſſeren Leiter vorzieht, und den Erfahrungen zu Folge der menſchliche Koͤrper beſſer als trockenes Holz, trockene Waͤnde, lebendige Baͤume u. ſ. w. leitet, ſo muß man die Naͤhe dieſer Gegenſtaͤnde, ſo fern ſie durch ihre Hoͤhe den Blitz wohl her- anziehen koͤnnten, vermeiden. Hohe Baͤume, vorzuͤglich wenn ſie einzeln ſtehen, werden nicht ſelten vom Blitze getroffen, der Blitz faͤhrt an ihnen ſehr gern an der naſſen Oberflaͤche zwiſchen Rinde und Holz herunter und ſprengt dabei die Rinde ab; befindet ſich aber ein Menſch ganz in der Naͤhe, ſo ſpringt er ſehr oft vom Baume ab und toͤdtet den Menſchen, durch deſſen Koͤrper er zur Erde hinabgeht. Etwas Aehnliches wuͤrde erfolgen, wenn ein

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/328>, abgerufen am 29.03.2024.