Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

Wärme durchließ; ferner daß kochendes Quecksilber von 356° C.
(285° R.) ohne Schirm ein Steigen von 16 Gr., mit dem Schirme
von 1,2 Graden, hervorbrachte, daß also in diesem Falle reichlich
der auffallenden Wärme durchgelassen wurde; Eisen, dessen
Wärme 427° C. (342° R.) betrug, brachte eine doppelt so große
Wärme ohne Schirm hervor und von dieser ward beinahe durch-
gelassen; glühendes Kupfer, dessen Wärme man 960° C. annimmt,
gab eine Wärme, wovon durchgelassen wurden, und von der
Erwärmung vermittelst einer Argandschen Lampe ward die Hälfte
durch den Schirm durchgelassen. Wir sind also berechtiget zu sagen,
daß die auf einen Glasschirm auftreffenden Wärmestrahlen in sehr
geschwächtem Verhältnisse durchgelassen werden, wenn die Grade
der Wärme geringer sind, daß also die an sich größere Wärme
gleichsam mit größerer Gewalt das Glas trifft, so daß sie wenig
geschwächt durchgelassen wird, während eine schwache Wärme fast
ganz und gar aufgehalten wird. Ob wir daraus auf eine ungleiche
Geschwindigkeit der stärkern und der schwächern Wärme schließen
sollen, ist ganz unentschieden, und die gleich anzuführenden Ver-
suche machen unser Urtheil noch unsicherer.

Nach den eben angeführten Versuchen sollte man nämlich
erwarten, daß in dem Falle, wo durch einen Schirm etwa der
Wärme durchgelassen ward, durch zwei Schirme nur durch-
gehen sollte, weil von dem zuerst durchgelassenen Siebtel ja wieder
nur der siebte Theil scheint durchgehen zu können, ja noch weniger,
weil schwächere Wärme in noch schwächerem Maaße durchgelassen
wird; aber so verhielt es sich bei diesen Versuchen nicht, sondern
durch zwei Schirme ging der ganzen Wärme, also die volle
Hälfte der vom ersten Schirme durchgelassenen Wärme ging durch
den zweiten Schirm. Es scheint also hier ein ähnliches Einwirken
des Glases, wie bei der Polarisirung des Lichtes statt zu finden, daß
nämlich, so wie dort das durch ein Glas gegangene Licht nun
am zweiten Glase nicht mehr so viel durch Zurückwerfung an der
Oberfläche verliert, so auch hier die durch ein Glas gegangenen
Wärmestrahlen fähiger werden das zweite zu durchdringen. Wir
weichen also nicht von der Erscheinung ab, wenn wir es als eine
Vermuthung aufstellen, ob nicht die Wärmetheilchen ebenso in
verschiedenem Zustande ankommen, und indem einige aufgehalten,

Waͤrme durchließ; ferner daß kochendes Queckſilber von 356° C.
(285° R.) ohne Schirm ein Steigen von 16 Gr., mit dem Schirme
von 1,2 Graden, hervorbrachte, daß alſo in dieſem Falle reichlich
der auffallenden Waͤrme durchgelaſſen wurde; Eiſen, deſſen
Waͤrme 427° C. (342° R.) betrug, brachte eine doppelt ſo große
Waͤrme ohne Schirm hervor und von dieſer ward beinahe durch-
gelaſſen; gluͤhendes Kupfer, deſſen Waͤrme man 960° C. annimmt,
gab eine Waͤrme, wovon durchgelaſſen wurden, und von der
Erwaͤrmung vermittelſt einer Argandſchen Lampe ward die Haͤlfte
durch den Schirm durchgelaſſen. Wir ſind alſo berechtiget zu ſagen,
daß die auf einen Glasſchirm auftreffenden Waͤrmeſtrahlen in ſehr
geſchwaͤchtem Verhaͤltniſſe durchgelaſſen werden, wenn die Grade
der Waͤrme geringer ſind, daß alſo die an ſich groͤßere Waͤrme
gleichſam mit groͤßerer Gewalt das Glas trifft, ſo daß ſie wenig
geſchwaͤcht durchgelaſſen wird, waͤhrend eine ſchwache Waͤrme faſt
ganz und gar aufgehalten wird. Ob wir daraus auf eine ungleiche
Geſchwindigkeit der ſtaͤrkern und der ſchwaͤchern Waͤrme ſchließen
ſollen, iſt ganz unentſchieden, und die gleich anzufuͤhrenden Ver-
ſuche machen unſer Urtheil noch unſicherer.

Nach den eben angefuͤhrten Verſuchen ſollte man naͤmlich
erwarten, daß in dem Falle, wo durch einen Schirm etwa der
Waͤrme durchgelaſſen ward, durch zwei Schirme nur durch-
gehen ſollte, weil von dem zuerſt durchgelaſſenen Siebtel ja wieder
nur der ſiebte Theil ſcheint durchgehen zu koͤnnen, ja noch weniger,
weil ſchwaͤchere Waͤrme in noch ſchwaͤcherem Maaße durchgelaſſen
wird; aber ſo verhielt es ſich bei dieſen Verſuchen nicht, ſondern
durch zwei Schirme ging der ganzen Waͤrme, alſo die volle
Haͤlfte der vom erſten Schirme durchgelaſſenen Waͤrme ging durch
den zweiten Schirm. Es ſcheint alſo hier ein aͤhnliches Einwirken
des Glaſes, wie bei der Polariſirung des Lichtes ſtatt zu finden, daß
naͤmlich, ſo wie dort das durch ein Glas gegangene Licht nun
am zweiten Glaſe nicht mehr ſo viel durch Zuruͤckwerfung an der
Oberflaͤche verliert, ſo auch hier die durch ein Glas gegangenen
Waͤrmeſtrahlen faͤhiger werden das zweite zu durchdringen. Wir
weichen alſo nicht von der Erſcheinung ab, wenn wir es als eine
Vermuthung aufſtellen, ob nicht die Waͤrmetheilchen ebenſo in
verſchiedenem Zuſtande ankommen, und indem einige aufgehalten,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0052" n="38"/>
Wa&#x0364;rme durchließ; ferner daß kochendes Queck&#x017F;ilber von 356° C.<lb/>
(285° <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">R.</hi></hi>) ohne Schirm ein Steigen von 16 Gr., mit dem Schirme<lb/>
von 1,2 Graden, hervorbrachte, daß al&#x017F;o in die&#x017F;em Falle reichlich<lb/><formula notation="TeX">\frac{1}{14}</formula> der auffallenden Wa&#x0364;rme durchgela&#x017F;&#x017F;en wurde; Ei&#x017F;en, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Wa&#x0364;rme 427° C. (342° <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">R.</hi></hi>) betrug, brachte eine doppelt &#x017F;o große<lb/>
Wa&#x0364;rme ohne Schirm hervor und von die&#x017F;er ward beinahe <formula notation="TeX">\frac{1}{7}</formula> durch-<lb/>
gela&#x017F;&#x017F;en; glu&#x0364;hendes Kupfer, de&#x017F;&#x017F;en Wa&#x0364;rme man 960° C. annimmt,<lb/>
gab eine Wa&#x0364;rme, wovon <formula notation="TeX">\frac{2}{7}</formula> durchgela&#x017F;&#x017F;en wurden, und von der<lb/>
Erwa&#x0364;rmung vermittel&#x017F;t einer Argand&#x017F;chen Lampe ward die Ha&#x0364;lfte<lb/>
durch den Schirm durchgela&#x017F;&#x017F;en. Wir &#x017F;ind al&#x017F;o berechtiget zu &#x017F;agen,<lb/>
daß die auf einen Glas&#x017F;chirm auftreffenden Wa&#x0364;rme&#x017F;trahlen in &#x017F;ehr<lb/>
ge&#x017F;chwa&#x0364;chtem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e durchgela&#x017F;&#x017F;en werden, wenn die Grade<lb/>
der Wa&#x0364;rme geringer &#x017F;ind, daß al&#x017F;o die an &#x017F;ich gro&#x0364;ßere Wa&#x0364;rme<lb/>
gleich&#x017F;am mit gro&#x0364;ßerer Gewalt das Glas trifft, &#x017F;o daß &#x017F;ie wenig<lb/>
ge&#x017F;chwa&#x0364;cht durchgela&#x017F;&#x017F;en wird, wa&#x0364;hrend eine &#x017F;chwache Wa&#x0364;rme fa&#x017F;t<lb/>
ganz und gar aufgehalten wird. Ob wir daraus auf eine ungleiche<lb/>
Ge&#x017F;chwindigkeit der &#x017F;ta&#x0364;rkern und der &#x017F;chwa&#x0364;chern Wa&#x0364;rme &#x017F;chließen<lb/>
&#x017F;ollen, i&#x017F;t ganz unent&#x017F;chieden, und die gleich anzufu&#x0364;hrenden Ver-<lb/>
&#x017F;uche machen un&#x017F;er Urtheil noch un&#x017F;icherer.</p><lb/>
          <p>Nach den eben angefu&#x0364;hrten Ver&#x017F;uchen &#x017F;ollte man na&#x0364;mlich<lb/>
erwarten, daß in dem Falle, wo durch <hi rendition="#g">einen</hi> Schirm etwa <formula notation="TeX">\frac{1}{7}</formula> der<lb/>
Wa&#x0364;rme durchgela&#x017F;&#x017F;en ward, durch zwei Schirme nur <formula notation="TeX">\frac{1}{49}</formula> durch-<lb/>
gehen &#x017F;ollte, weil von dem zuer&#x017F;t durchgela&#x017F;&#x017F;enen Siebtel ja wieder<lb/>
nur der &#x017F;iebte Theil &#x017F;cheint durchgehen zu ko&#x0364;nnen, ja noch weniger,<lb/>
weil &#x017F;chwa&#x0364;chere Wa&#x0364;rme in noch &#x017F;chwa&#x0364;cherem Maaße durchgela&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wird; aber &#x017F;o verhielt es &#x017F;ich bei die&#x017F;en Ver&#x017F;uchen nicht, &#x017F;ondern<lb/>
durch zwei Schirme ging <formula notation="TeX">\frac{1}{14}</formula> der ganzen Wa&#x0364;rme, al&#x017F;o die volle<lb/>
Ha&#x0364;lfte der vom er&#x017F;ten Schirme durchgela&#x017F;&#x017F;enen Wa&#x0364;rme ging durch<lb/>
den zweiten Schirm. Es &#x017F;cheint al&#x017F;o hier ein a&#x0364;hnliches Einwirken<lb/>
des Gla&#x017F;es, wie bei der Polari&#x017F;irung des Lichtes &#x017F;tatt zu finden, daß<lb/>
na&#x0364;mlich, &#x017F;o wie dort das durch <hi rendition="#g">ein</hi> Glas gegangene Licht nun<lb/>
am zweiten Gla&#x017F;e nicht mehr &#x017F;o viel durch Zuru&#x0364;ckwerfung an der<lb/>
Oberfla&#x0364;che verliert, &#x017F;o auch hier die durch <hi rendition="#g">ein</hi> Glas gegangenen<lb/>
Wa&#x0364;rme&#x017F;trahlen fa&#x0364;higer werden das zweite zu durchdringen. Wir<lb/>
weichen al&#x017F;o nicht von der Er&#x017F;cheinung ab, wenn wir es als eine<lb/>
Vermuthung auf&#x017F;tellen, ob nicht die Wa&#x0364;rmetheilchen eben&#x017F;o in<lb/>
ver&#x017F;chiedenem Zu&#x017F;tande ankommen, und indem einige aufgehalten,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0052] Waͤrme durchließ; ferner daß kochendes Queckſilber von 356° C. (285° R.) ohne Schirm ein Steigen von 16 Gr., mit dem Schirme von 1,2 Graden, hervorbrachte, daß alſo in dieſem Falle reichlich [FORMEL] der auffallenden Waͤrme durchgelaſſen wurde; Eiſen, deſſen Waͤrme 427° C. (342° R.) betrug, brachte eine doppelt ſo große Waͤrme ohne Schirm hervor und von dieſer ward beinahe [FORMEL] durch- gelaſſen; gluͤhendes Kupfer, deſſen Waͤrme man 960° C. annimmt, gab eine Waͤrme, wovon [FORMEL] durchgelaſſen wurden, und von der Erwaͤrmung vermittelſt einer Argandſchen Lampe ward die Haͤlfte durch den Schirm durchgelaſſen. Wir ſind alſo berechtiget zu ſagen, daß die auf einen Glasſchirm auftreffenden Waͤrmeſtrahlen in ſehr geſchwaͤchtem Verhaͤltniſſe durchgelaſſen werden, wenn die Grade der Waͤrme geringer ſind, daß alſo die an ſich groͤßere Waͤrme gleichſam mit groͤßerer Gewalt das Glas trifft, ſo daß ſie wenig geſchwaͤcht durchgelaſſen wird, waͤhrend eine ſchwache Waͤrme faſt ganz und gar aufgehalten wird. Ob wir daraus auf eine ungleiche Geſchwindigkeit der ſtaͤrkern und der ſchwaͤchern Waͤrme ſchließen ſollen, iſt ganz unentſchieden, und die gleich anzufuͤhrenden Ver- ſuche machen unſer Urtheil noch unſicherer. Nach den eben angefuͤhrten Verſuchen ſollte man naͤmlich erwarten, daß in dem Falle, wo durch einen Schirm etwa [FORMEL] der Waͤrme durchgelaſſen ward, durch zwei Schirme nur [FORMEL] durch- gehen ſollte, weil von dem zuerſt durchgelaſſenen Siebtel ja wieder nur der ſiebte Theil ſcheint durchgehen zu koͤnnen, ja noch weniger, weil ſchwaͤchere Waͤrme in noch ſchwaͤcherem Maaße durchgelaſſen wird; aber ſo verhielt es ſich bei dieſen Verſuchen nicht, ſondern durch zwei Schirme ging [FORMEL] der ganzen Waͤrme, alſo die volle Haͤlfte der vom erſten Schirme durchgelaſſenen Waͤrme ging durch den zweiten Schirm. Es ſcheint alſo hier ein aͤhnliches Einwirken des Glaſes, wie bei der Polariſirung des Lichtes ſtatt zu finden, daß naͤmlich, ſo wie dort das durch ein Glas gegangene Licht nun am zweiten Glaſe nicht mehr ſo viel durch Zuruͤckwerfung an der Oberflaͤche verliert, ſo auch hier die durch ein Glas gegangenen Waͤrmeſtrahlen faͤhiger werden das zweite zu durchdringen. Wir weichen alſo nicht von der Erſcheinung ab, wenn wir es als eine Vermuthung aufſtellen, ob nicht die Waͤrmetheilchen ebenſo in verſchiedenem Zuſtande ankommen, und indem einige aufgehalten,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/52
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/52>, abgerufen am 20.04.2024.