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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Tigerpferde.
schwamm, wieder glücklich auf das feste Land gezogen. Hier aber empfing er eine Belehrung von
den Ansichten seines Reitthieres, welche er höchst wahrscheinlich nie wieder vergessen hat. Das Zebra
wandte sich plötzlich um, fuhr mit dem Kopfe nach dem Gesicht seines Bändigers und biß ihm rasch
ein Ohr ab!

Diese und ähnliche andere Versuche haben die Ansiedler am Kap stutzig und sie glauben ge-
macht, daß die Zähmung der Tigerpferde ganz unmöglich wäre: alle verständigen Beobachter aber
zweifeln gar nicht daran, daß wir doch noch die bunten Pferde mit der Zeit zu unserem Dienste
verwenden werden. Der Engländer Barrow behauptet, daß der Erfolg sicher sein müsse, wenn
man mit mehr Geduld und Umsicht, als die holländischen Bauern am Kap, zu Werke gehen und
nicht vergessen wolle, daß ein von Natur stolzes und muthiges Thier eine andere Behandlung ver-
langt, als ein furchtsames, daß jenes durch Schläge und Mißhandlungen wohl zum hartnäckigsten
Widerstande, nicht aber zur demüthigen Unterwerfung gebracht werden könne. Allerdings ist die
Zähmung nicht so leicht: sie ist aber möglich. Dem berühmten Pferdebändiger Rarey haben die
Zebras ungleich mehr Mühe gemacht, als die wildesten Pferde: allein seine Bemühungen wurden
zuletzt doch von Erfolg gekrönt. Auch Cuvier berichtet von einer Zebrastute des pariser Pflan-
zengartens, welche höchst gelehrig und so sanft war, daß man sie reiten konnte. Die großartigen
Anstalten der Neuzeit für Einführung und Einbürgerung nützlicher Thiere geben uns ganz andere
Hilfsmittel zur Hand, als unsere Vorfahren sie besaßen. Man wird in den Thiergärten mehr und
mehr Tigerpferde züchten, und bei den in der Gefangenschaft geborenen Nachkommen schon Halbge-
zähmter sicherlich Das erreichen, was man bei den wilden frischgefangenen vergeblich anstrebte.

Soviel man bisjetzt beobachtet hat, ertragen alle Tigerpferde die Gefangenschaft in Europa
ohne Beschwerde. Wenn sie ihr gutes Futter erhalten, befinden sie sich wohl, und wenn man sie
gut behandelt, pflanzen sie sich wohl ohne besondere Umstände fort. Weinland hat in der früher
von ihm herausgegebenen Zeitschrift "Der zoologische Garten" eine Zusammenstellung der Thiere
gegeben, welche in der Gefangenschaft Nachkommen erzeugten. Dieser wichtigen Liste entnehme ich,
daß Burchell's Tigerpferd seit 1833 bereits sechs Mal, das Zebra wenigstens zwei Mal bei uns
Junge geworfen hat. Zugleich ersehen wir, daß Tigerpferde sich fruchtbar mit anderen Einhufern
vermischen. Schon Buffon erklärte solche Kreuzungen für möglich; die von ihm angestellten Ver-
suche blieben aber erfolglos. Lord Clive wiederholte sie und war glücklicher: er hatte die Zebra-
stute mit einem zebraartig angemalten Eselhengst zusammengebracht. Später erhielt man in Paris
ohne alle derartige Vorbereitung von einem spanischen Esel und einer Zebrastute einen wohlgebildeten
Blendling, welcher leider dem Vater mehr ähnelte, als der Mutter, und sich zudem höchst ungelehrig
erwies. Jn Jtalien kreuzten sich Esel und Zebra im Jahre 1801, in Schönbrunn beide Thiere zwei Mal
in den vierziger Jahren; leider blieben diese Bastarde nicht lange am Leben. Später dehnte man die
Kreuzungen noch weiter aus, und so hat man bisjetzt schon folgende Blendlinge erhalten: Zebra mit
Eselin, Eselhengst mit Zebra, Halbesel mit Zebrastute, Halbesel mit Quagga und mit
Eselin, Bastard von Zebra
und Eselstute und Bastard von Esel und Zebrastute mit
einem Pony.
Es ist also auch die Möglichkeit bewiesen, daß Bastarde wiederum fruchtbar sich ver-
mischen. Die Blendlinge ähnelten gewöhnlich dem Vater; einzelne zeigten jedoch deutliche Zebra-
streifen. Ein Dauw- oder Quaggahengst (die Artbestimmung ist nicht genügend) belegte in Eng-
land eine kastanienbraune Stute arabischer Abkunft, und diese warf einen weiblichen Bastard, wel-
cher in seiner Gestalt mehr der Mutter ähnelte, als dem Vater, braun von Farbe war und einen
buschigen Schweif, ein Mittelding zwischen Pferdeschweif und Quaggaschwanz, besaß, aber nur
wenige Querstreifen am Halse, dem Vorderrücken und einem Theile der Vorder- und Hinterbeine
zeigte. Dieser angebliche Quaggabastard vermischte sich wieder fruchtbar mit einem arabischen
Pferdehengste und erzeugte ein Fohlen, welches wenigstens noch die kurze aufgerichtete Halsmähne
und einige Streifen seines Großvaters besaß. Später ließ man die arabische Stute von einem
schwarzen Hengst zu drei verschiedenen Malen belegen, und siehe da, alle geworfenen Fohlen waren

Die Tigerpferde.
ſchwamm, wieder glücklich auf das feſte Land gezogen. Hier aber empfing er eine Belehrung von
den Anſichten ſeines Reitthieres, welche er höchſt wahrſcheinlich nie wieder vergeſſen hat. Das Zebra
wandte ſich plötzlich um, fuhr mit dem Kopfe nach dem Geſicht ſeines Bändigers und biß ihm raſch
ein Ohr ab!

Dieſe und ähnliche andere Verſuche haben die Anſiedler am Kap ſtutzig und ſie glauben ge-
macht, daß die Zähmung der Tigerpferde ganz unmöglich wäre: alle verſtändigen Beobachter aber
zweifeln gar nicht daran, daß wir doch noch die bunten Pferde mit der Zeit zu unſerem Dienſte
verwenden werden. Der Engländer Barrow behauptet, daß der Erfolg ſicher ſein müſſe, wenn
man mit mehr Geduld und Umſicht, als die holländiſchen Bauern am Kap, zu Werke gehen und
nicht vergeſſen wolle, daß ein von Natur ſtolzes und muthiges Thier eine andere Behandlung ver-
langt, als ein furchtſames, daß jenes durch Schläge und Mißhandlungen wohl zum hartnäckigſten
Widerſtande, nicht aber zur demüthigen Unterwerfung gebracht werden könne. Allerdings iſt die
Zähmung nicht ſo leicht: ſie iſt aber möglich. Dem berühmten Pferdebändiger Rarey haben die
Zebras ungleich mehr Mühe gemacht, als die wildeſten Pferde: allein ſeine Bemühungen wurden
zuletzt doch von Erfolg gekrönt. Auch Cuvier berichtet von einer Zebraſtute des pariſer Pflan-
zengartens, welche höchſt gelehrig und ſo ſanft war, daß man ſie reiten konnte. Die großartigen
Anſtalten der Neuzeit für Einführung und Einbürgerung nützlicher Thiere geben uns ganz andere
Hilfsmittel zur Hand, als unſere Vorfahren ſie beſaßen. Man wird in den Thiergärten mehr und
mehr Tigerpferde züchten, und bei den in der Gefangenſchaft geborenen Nachkommen ſchon Halbge-
zähmter ſicherlich Das erreichen, was man bei den wilden friſchgefangenen vergeblich anſtrebte.

Soviel man bisjetzt beobachtet hat, ertragen alle Tigerpferde die Gefangenſchaft in Europa
ohne Beſchwerde. Wenn ſie ihr gutes Futter erhalten, befinden ſie ſich wohl, und wenn man ſie
gut behandelt, pflanzen ſie ſich wohl ohne beſondere Umſtände fort. Weinland hat in der früher
von ihm herausgegebenen Zeitſchrift „Der zoologiſche Garten‟ eine Zuſammenſtellung der Thiere
gegeben, welche in der Gefangenſchaft Nachkommen erzeugten. Dieſer wichtigen Liſte entnehme ich,
daß Burchell’s Tigerpferd ſeit 1833 bereits ſechs Mal, das Zebra wenigſtens zwei Mal bei uns
Junge geworfen hat. Zugleich erſehen wir, daß Tigerpferde ſich fruchtbar mit anderen Einhufern
vermiſchen. Schon Buffon erklärte ſolche Kreuzungen für möglich; die von ihm angeſtellten Ver-
ſuche blieben aber erfolglos. Lord Clive wiederholte ſie und war glücklicher: er hatte die Zebra-
ſtute mit einem zebraartig angemalten Eſelhengſt zuſammengebracht. Später erhielt man in Paris
ohne alle derartige Vorbereitung von einem ſpaniſchen Eſel und einer Zebraſtute einen wohlgebildeten
Blendling, welcher leider dem Vater mehr ähnelte, als der Mutter, und ſich zudem höchſt ungelehrig
erwies. Jn Jtalien kreuzten ſich Eſel und Zebra im Jahre 1801, in Schönbrunn beide Thiere zwei Mal
in den vierziger Jahren; leider blieben dieſe Baſtarde nicht lange am Leben. Später dehnte man die
Kreuzungen noch weiter aus, und ſo hat man bisjetzt ſchon folgende Blendlinge erhalten: Zebra mit
Eſelin, Eſelhengſt mit Zebra, Halbeſel mit Zebraſtute, Halbeſel mit Quagga und mit
Eſelin, Baſtard von Zebra
und Eſelſtute und Baſtard von Eſel und Zebraſtute mit
einem Pony.
Es iſt alſo auch die Möglichkeit bewieſen, daß Baſtarde wiederum fruchtbar ſich ver-
miſchen. Die Blendlinge ähnelten gewöhnlich dem Vater; einzelne zeigten jedoch deutliche Zebra-
ſtreifen. Ein Dauw- oder Quaggahengſt (die Artbeſtimmung iſt nicht genügend) belegte in Eng-
land eine kaſtanienbraune Stute arabiſcher Abkunft, und dieſe warf einen weiblichen Baſtard, wel-
cher in ſeiner Geſtalt mehr der Mutter ähnelte, als dem Vater, braun von Farbe war und einen
buſchigen Schweif, ein Mittelding zwiſchen Pferdeſchweif und Quaggaſchwanz, beſaß, aber nur
wenige Querſtreifen am Halſe, dem Vorderrücken und einem Theile der Vorder- und Hinterbeine
zeigte. Dieſer angebliche Quaggabaſtard vermiſchte ſich wieder fruchtbar mit einem arabiſchen
Pferdehengſte und erzeugte ein Fohlen, welches wenigſtens noch die kurze aufgerichtete Halsmähne
und einige Streifen ſeines Großvaters beſaß. Später ließ man die arabiſche Stute von einem
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[379/0403] Die Tigerpferde. ſchwamm, wieder glücklich auf das feſte Land gezogen. Hier aber empfing er eine Belehrung von den Anſichten ſeines Reitthieres, welche er höchſt wahrſcheinlich nie wieder vergeſſen hat. Das Zebra wandte ſich plötzlich um, fuhr mit dem Kopfe nach dem Geſicht ſeines Bändigers und biß ihm raſch ein Ohr ab! Dieſe und ähnliche andere Verſuche haben die Anſiedler am Kap ſtutzig und ſie glauben ge- macht, daß die Zähmung der Tigerpferde ganz unmöglich wäre: alle verſtändigen Beobachter aber zweifeln gar nicht daran, daß wir doch noch die bunten Pferde mit der Zeit zu unſerem Dienſte verwenden werden. Der Engländer Barrow behauptet, daß der Erfolg ſicher ſein müſſe, wenn man mit mehr Geduld und Umſicht, als die holländiſchen Bauern am Kap, zu Werke gehen und nicht vergeſſen wolle, daß ein von Natur ſtolzes und muthiges Thier eine andere Behandlung ver- langt, als ein furchtſames, daß jenes durch Schläge und Mißhandlungen wohl zum hartnäckigſten Widerſtande, nicht aber zur demüthigen Unterwerfung gebracht werden könne. Allerdings iſt die Zähmung nicht ſo leicht: ſie iſt aber möglich. Dem berühmten Pferdebändiger Rarey haben die Zebras ungleich mehr Mühe gemacht, als die wildeſten Pferde: allein ſeine Bemühungen wurden zuletzt doch von Erfolg gekrönt. Auch Cuvier berichtet von einer Zebraſtute des pariſer Pflan- zengartens, welche höchſt gelehrig und ſo ſanft war, daß man ſie reiten konnte. Die großartigen Anſtalten der Neuzeit für Einführung und Einbürgerung nützlicher Thiere geben uns ganz andere Hilfsmittel zur Hand, als unſere Vorfahren ſie beſaßen. Man wird in den Thiergärten mehr und mehr Tigerpferde züchten, und bei den in der Gefangenſchaft geborenen Nachkommen ſchon Halbge- zähmter ſicherlich Das erreichen, was man bei den wilden friſchgefangenen vergeblich anſtrebte. Soviel man bisjetzt beobachtet hat, ertragen alle Tigerpferde die Gefangenſchaft in Europa ohne Beſchwerde. Wenn ſie ihr gutes Futter erhalten, befinden ſie ſich wohl, und wenn man ſie gut behandelt, pflanzen ſie ſich wohl ohne beſondere Umſtände fort. Weinland hat in der früher von ihm herausgegebenen Zeitſchrift „Der zoologiſche Garten‟ eine Zuſammenſtellung der Thiere gegeben, welche in der Gefangenſchaft Nachkommen erzeugten. Dieſer wichtigen Liſte entnehme ich, daß Burchell’s Tigerpferd ſeit 1833 bereits ſechs Mal, das Zebra wenigſtens zwei Mal bei uns Junge geworfen hat. Zugleich erſehen wir, daß Tigerpferde ſich fruchtbar mit anderen Einhufern vermiſchen. Schon Buffon erklärte ſolche Kreuzungen für möglich; die von ihm angeſtellten Ver- ſuche blieben aber erfolglos. Lord Clive wiederholte ſie und war glücklicher: er hatte die Zebra- ſtute mit einem zebraartig angemalten Eſelhengſt zuſammengebracht. Später erhielt man in Paris ohne alle derartige Vorbereitung von einem ſpaniſchen Eſel und einer Zebraſtute einen wohlgebildeten Blendling, welcher leider dem Vater mehr ähnelte, als der Mutter, und ſich zudem höchſt ungelehrig erwies. Jn Jtalien kreuzten ſich Eſel und Zebra im Jahre 1801, in Schönbrunn beide Thiere zwei Mal in den vierziger Jahren; leider blieben dieſe Baſtarde nicht lange am Leben. Später dehnte man die Kreuzungen noch weiter aus, und ſo hat man bisjetzt ſchon folgende Blendlinge erhalten: Zebra mit Eſelin, Eſelhengſt mit Zebra, Halbeſel mit Zebraſtute, Halbeſel mit Quagga und mit Eſelin, Baſtard von Zebra und Eſelſtute und Baſtard von Eſel und Zebraſtute mit einem Pony. Es iſt alſo auch die Möglichkeit bewieſen, daß Baſtarde wiederum fruchtbar ſich ver- miſchen. Die Blendlinge ähnelten gewöhnlich dem Vater; einzelne zeigten jedoch deutliche Zebra- ſtreifen. Ein Dauw- oder Quaggahengſt (die Artbeſtimmung iſt nicht genügend) belegte in Eng- land eine kaſtanienbraune Stute arabiſcher Abkunft, und dieſe warf einen weiblichen Baſtard, wel- cher in ſeiner Geſtalt mehr der Mutter ähnelte, als dem Vater, braun von Farbe war und einen buſchigen Schweif, ein Mittelding zwiſchen Pferdeſchweif und Quaggaſchwanz, beſaß, aber nur wenige Querſtreifen am Halſe, dem Vorderrücken und einem Theile der Vorder- und Hinterbeine zeigte. Dieſer angebliche Quaggabaſtard vermiſchte ſich wieder fruchtbar mit einem arabiſchen Pferdehengſte und erzeugte ein Fohlen, welches wenigſtens noch die kurze aufgerichtete Halsmähne und einige Streifen ſeines Großvaters beſaß. Später ließ man die arabiſche Stute von einem ſchwarzen Hengſt zu drei verſchiedenen Malen belegen, und ſiehe da, alle geworfenen Fohlen waren

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/403>, abgerufen am 23.04.2024.