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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Allgemeines über die Hochflieger.
aus, die armen Hochflieger immer als die Unglücklichen, welche unmittelbar, nachdem sie sich
erhoben haben, von den unzählbaren Schwärmen der Tölpel, Tropikvögel, Fregatten und anderer
gefiederten Feinde angefallen werden, während die wenigen, welche glücklich entkommen und ihr
heimisches Element wiederfinden, unmittelbar darauf Delfinen, Tunen, Boniten und anderen Fischen
zufallen, welche mit aufgesperrtem Rachen ihres Opfers harren -- es muß Einem nach Dem fast
Wunder nehmen, daß die Familie noch nicht ausgerottet ist. "Jch meinestheils", sagt er wörtlich,
"bin geneigt, die Sache zu bezweifeln; denn wenn auch eine derartige Jagd gelegentlich beobachtet
worden sein mag, so habe ich doch große Schwärme von Hochfliegern aus dem Wasser springen sehen,
ohne daß sie hier ein Fisch oder in der Luft ein Vogel verfolgt hätte, während sie unzweifelhaft
beschäftigt waren, Jagd zu machen, also als Angreifer, nicht aber als Opfer erschienen. Bei Unter-
suchung des Mageninhalts der Gefangenen habe ich die Ueberreste kleinerer Fische, Kruster und Weich-
thiere gefunden, und dieser Fund mag erklären, warum der angenommene Ausrottungskrieg ihre
Anzahl bis jetzt noch nicht verringert hat.... Mehr als einmal sahen wir fliegende Fische und
Tune in zahlreicher Menge unser Schiff umschwärmen; wenn wir aber einen von den letzteren fingen,
fanden wir niemals einen Flugfisch in seinem Magen, sondern immer nur verschiedene Kopffüßler
und dergleichen, welche also bewiesen, daß der Hochflieger vollkommen gewandt genug ist, um den
gefräßigen Feindeu zu entgehen. Leicht möglich
ist, daß ein minder sorgsamer Beobachter glauben
mag, der Tun verfolge fliegende Fische, während
er dem gemeinen Kalmar, einem Kopffüßler,
nachstellt.... Zuweilen, obschon selten und
gewöhnlich in der Nähe des Landes geschieht
es allerdings, daß ein Heer von Hochfliegern im
Wasser von Tunen, Delfinen und Boniten und
in der Luft von den geflügelten Feinden ange-
griffen wird."

Diese Auseinandersetzung des gewissen-
haften Bennett hat sicherlich Manches für sich,
ist aber durchaus nicht neu; denn schon Hum-
boldt
sagt: "ich bezweifle, daß sich die fliegen-

[Abbildung] Der Schwalbenfisch (Exocoetus volitans).
Nat. Größe bis 11/2 Fuß.
den Fische allein um der Verfolgung ihrer Feinde zu entgehen, aus dem Wasser schnellen. Gleich den
Schwalben schießen sie zu Tausenden fort, geradeaus und immer gegen die Richtung der Wellen. Jn
unseren Himmelsstrichen sieht man häufig am Ufer eines klaren, von der Sonne beschienenen Flusses
einzeln stehende Fische, die somit Nichts zu fürchten haben können, sich über die Wasserfläche schnellen,
als gewähre es ihnen Vergnügen, Luft zu athmen. Warum sollte dieses Spiel nicht noch häufiger und
länger bei den Hochfliegern vorkommen, welche vermöge der Gestalt ihrer Brustflossen und ihres
geringen spezifischen Gewichtes sich sehr leicht in der Luft halten?" Gewiß, das Fliegen gehört
zum Leben dieser Fische; sie benutzen ihre Fähigkeiten eben auch nicht mehr und nicht minder als
andere Thiere.

So sorgsam und geschickt die Hochflieger bei Tage einem Schiffe ausweichen, so oft fallen sie des
Nachts an Bord derselben, in der Regel wohl angezogen durch das Licht der Schiffslaternen. Auch
sie nämlich lassen sich durch Licht herbeilocken, und die einzige Möglichkeit, sie zu fangen, besteht über-
haupt blos darin, daß man Nachts beim Segeln auf der Windseite des Bootes Feuer zeigt: das Licht
desselben zieht die Hochflieger herbei, und das gespannte Segel setzt ihrem Sprunge jählings eine
Grenze. Auf den meisten Schiffen verzehrt man die zufällig gefangenen, d. h. auf Deck gesprungenen
Flugfische gewöhnlich nicht; an der Küste Süd- und Mittelamerikas aber gilt ihr Fleisch überall und
gewiß mit Recht als eine treffliche Speise. Die Schiffsjungen gefallen sich, wie Humboldt noch
angibt, darin, ein Stück der Brustflossen abzuschneiden, und die Fische wieder ins Wasser zu werfen,

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Allgemeines über die Hochflieger.
aus, die armen Hochflieger immer als die Unglücklichen, welche unmittelbar, nachdem ſie ſich
erhoben haben, von den unzählbaren Schwärmen der Tölpel, Tropikvögel, Fregatten und anderer
gefiederten Feinde angefallen werden, während die wenigen, welche glücklich entkommen und ihr
heimiſches Element wiederfinden, unmittelbar darauf Delfinen, Tunen, Boniten und anderen Fiſchen
zufallen, welche mit aufgeſperrtem Rachen ihres Opfers harren — es muß Einem nach Dem faſt
Wunder nehmen, daß die Familie noch nicht ausgerottet iſt. „Jch meinestheils“, ſagt er wörtlich,
„bin geneigt, die Sache zu bezweifeln; denn wenn auch eine derartige Jagd gelegentlich beobachtet
worden ſein mag, ſo habe ich doch große Schwärme von Hochfliegern aus dem Waſſer ſpringen ſehen,
ohne daß ſie hier ein Fiſch oder in der Luft ein Vogel verfolgt hätte, während ſie unzweifelhaft
beſchäftigt waren, Jagd zu machen, alſo als Angreifer, nicht aber als Opfer erſchienen. Bei Unter-
ſuchung des Mageninhalts der Gefangenen habe ich die Ueberreſte kleinerer Fiſche, Kruſter und Weich-
thiere gefunden, und dieſer Fund mag erklären, warum der angenommene Ausrottungskrieg ihre
Anzahl bis jetzt noch nicht verringert hat.... Mehr als einmal ſahen wir fliegende Fiſche und
Tune in zahlreicher Menge unſer Schiff umſchwärmen; wenn wir aber einen von den letzteren fingen,
fanden wir niemals einen Flugfiſch in ſeinem Magen, ſondern immer nur verſchiedene Kopffüßler
und dergleichen, welche alſo bewieſen, daß der Hochflieger vollkommen gewandt genug iſt, um den
gefräßigen Feindeu zu entgehen. Leicht möglich
iſt, daß ein minder ſorgſamer Beobachter glauben
mag, der Tun verfolge fliegende Fiſche, während
er dem gemeinen Kalmar, einem Kopffüßler,
nachſtellt.... Zuweilen, obſchon ſelten und
gewöhnlich in der Nähe des Landes geſchieht
es allerdings, daß ein Heer von Hochfliegern im
Waſſer von Tunen, Delfinen und Boniten und
in der Luft von den geflügelten Feinden ange-
griffen wird.“

Dieſe Auseinanderſetzung des gewiſſen-
haften Bennett hat ſicherlich Manches für ſich,
iſt aber durchaus nicht neu; denn ſchon Hum-
boldt
ſagt: „ich bezweifle, daß ſich die fliegen-

[Abbildung] Der Schwalbenfiſch (Exocoetus volitans).
Nat. Größe bis 1½ Fuß.
den Fiſche allein um der Verfolgung ihrer Feinde zu entgehen, aus dem Waſſer ſchnellen. Gleich den
Schwalben ſchießen ſie zu Tauſenden fort, geradeaus und immer gegen die Richtung der Wellen. Jn
unſeren Himmelsſtrichen ſieht man häufig am Ufer eines klaren, von der Sonne beſchienenen Fluſſes
einzeln ſtehende Fiſche, die ſomit Nichts zu fürchten haben können, ſich über die Waſſerfläche ſchnellen,
als gewähre es ihnen Vergnügen, Luft zu athmen. Warum ſollte dieſes Spiel nicht noch häufiger und
länger bei den Hochfliegern vorkommen, welche vermöge der Geſtalt ihrer Bruſtfloſſen und ihres
geringen ſpezifiſchen Gewichtes ſich ſehr leicht in der Luft halten?“ Gewiß, das Fliegen gehört
zum Leben dieſer Fiſche; ſie benutzen ihre Fähigkeiten eben auch nicht mehr und nicht minder als
andere Thiere.

So ſorgſam und geſchickt die Hochflieger bei Tage einem Schiffe ausweichen, ſo oft fallen ſie des
Nachts an Bord derſelben, in der Regel wohl angezogen durch das Licht der Schiffslaternen. Auch
ſie nämlich laſſen ſich durch Licht herbeilocken, und die einzige Möglichkeit, ſie zu fangen, beſteht über-
haupt blos darin, daß man Nachts beim Segeln auf der Windſeite des Bootes Feuer zeigt: das Licht
deſſelben zieht die Hochflieger herbei, und das geſpannte Segel ſetzt ihrem Sprunge jählings eine
Grenze. Auf den meiſten Schiffen verzehrt man die zufällig gefangenen, d. h. auf Deck geſprungenen
Flugfiſche gewöhnlich nicht; an der Küſte Süd- und Mittelamerikas aber gilt ihr Fleiſch überall und
gewiß mit Recht als eine treffliche Speiſe. Die Schiffsjungen gefallen ſich, wie Humboldt noch
angibt, darin, ein Stück der Bruſtfloſſen abzuſchneiden, und die Fiſche wieder ins Waſſer zu werfen,

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[627/0665] Allgemeines über die Hochflieger. aus, die armen Hochflieger immer als die Unglücklichen, welche unmittelbar, nachdem ſie ſich erhoben haben, von den unzählbaren Schwärmen der Tölpel, Tropikvögel, Fregatten und anderer gefiederten Feinde angefallen werden, während die wenigen, welche glücklich entkommen und ihr heimiſches Element wiederfinden, unmittelbar darauf Delfinen, Tunen, Boniten und anderen Fiſchen zufallen, welche mit aufgeſperrtem Rachen ihres Opfers harren — es muß Einem nach Dem faſt Wunder nehmen, daß die Familie noch nicht ausgerottet iſt. „Jch meinestheils“, ſagt er wörtlich, „bin geneigt, die Sache zu bezweifeln; denn wenn auch eine derartige Jagd gelegentlich beobachtet worden ſein mag, ſo habe ich doch große Schwärme von Hochfliegern aus dem Waſſer ſpringen ſehen, ohne daß ſie hier ein Fiſch oder in der Luft ein Vogel verfolgt hätte, während ſie unzweifelhaft beſchäftigt waren, Jagd zu machen, alſo als Angreifer, nicht aber als Opfer erſchienen. Bei Unter- ſuchung des Mageninhalts der Gefangenen habe ich die Ueberreſte kleinerer Fiſche, Kruſter und Weich- thiere gefunden, und dieſer Fund mag erklären, warum der angenommene Ausrottungskrieg ihre Anzahl bis jetzt noch nicht verringert hat.... Mehr als einmal ſahen wir fliegende Fiſche und Tune in zahlreicher Menge unſer Schiff umſchwärmen; wenn wir aber einen von den letzteren fingen, fanden wir niemals einen Flugfiſch in ſeinem Magen, ſondern immer nur verſchiedene Kopffüßler und dergleichen, welche alſo bewieſen, daß der Hochflieger vollkommen gewandt genug iſt, um den gefräßigen Feindeu zu entgehen. Leicht möglich iſt, daß ein minder ſorgſamer Beobachter glauben mag, der Tun verfolge fliegende Fiſche, während er dem gemeinen Kalmar, einem Kopffüßler, nachſtellt.... Zuweilen, obſchon ſelten und gewöhnlich in der Nähe des Landes geſchieht es allerdings, daß ein Heer von Hochfliegern im Waſſer von Tunen, Delfinen und Boniten und in der Luft von den geflügelten Feinden ange- griffen wird.“ Dieſe Auseinanderſetzung des gewiſſen- haften Bennett hat ſicherlich Manches für ſich, iſt aber durchaus nicht neu; denn ſchon Hum- boldt ſagt: „ich bezweifle, daß ſich die fliegen- [Abbildung Der Schwalbenfiſch (Exocoetus volitans). Nat. Größe bis 1½ Fuß.] den Fiſche allein um der Verfolgung ihrer Feinde zu entgehen, aus dem Waſſer ſchnellen. Gleich den Schwalben ſchießen ſie zu Tauſenden fort, geradeaus und immer gegen die Richtung der Wellen. Jn unſeren Himmelsſtrichen ſieht man häufig am Ufer eines klaren, von der Sonne beſchienenen Fluſſes einzeln ſtehende Fiſche, die ſomit Nichts zu fürchten haben können, ſich über die Waſſerfläche ſchnellen, als gewähre es ihnen Vergnügen, Luft zu athmen. Warum ſollte dieſes Spiel nicht noch häufiger und länger bei den Hochfliegern vorkommen, welche vermöge der Geſtalt ihrer Bruſtfloſſen und ihres geringen ſpezifiſchen Gewichtes ſich ſehr leicht in der Luft halten?“ Gewiß, das Fliegen gehört zum Leben dieſer Fiſche; ſie benutzen ihre Fähigkeiten eben auch nicht mehr und nicht minder als andere Thiere. So ſorgſam und geſchickt die Hochflieger bei Tage einem Schiffe ausweichen, ſo oft fallen ſie des Nachts an Bord derſelben, in der Regel wohl angezogen durch das Licht der Schiffslaternen. Auch ſie nämlich laſſen ſich durch Licht herbeilocken, und die einzige Möglichkeit, ſie zu fangen, beſteht über- haupt blos darin, daß man Nachts beim Segeln auf der Windſeite des Bootes Feuer zeigt: das Licht deſſelben zieht die Hochflieger herbei, und das geſpannte Segel ſetzt ihrem Sprunge jählings eine Grenze. Auf den meiſten Schiffen verzehrt man die zufällig gefangenen, d. h. auf Deck geſprungenen Flugfiſche gewöhnlich nicht; an der Küſte Süd- und Mittelamerikas aber gilt ihr Fleiſch überall und gewiß mit Recht als eine treffliche Speiſe. Die Schiffsjungen gefallen ſich, wie Humboldt noch angibt, darin, ein Stück der Bruſtfloſſen abzuſchneiden, und die Fiſche wieder ins Waſſer zu werfen, 40*

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 627. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/665>, abgerufen am 25.04.2024.