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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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Schlank schaut auf der Felsenwand
Sich die Glockenblume um,
Denn verspätet über Land
Will ein Bienchen mit Gesumm
Sich zur Nachtherberge melden
In den blauen zarten Zelten,
Schlüpft hinein und wird ganz stumm.
Gute Nacht, Heiapopeia!
Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia.
Vöglein, euer schwaches Nest,
Ist das Abendlied vollbracht,
Wird wie eine Burg so fest;
Fromme Vöglein schützt zur Nacht
Gegen Katz und Marderkrallen,
Die im Schlaf sie überfallen,
Gott, der über alle wacht.
Gute Nacht, Heiapopeia!
Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia.
Treuer Gott, du bist nicht weit,
Und so ziehn wir ohne Harm
In die wilde Einsamkeit
Aus des Hofes eitelm Schwarm.
Du wirst uns die Hütte bauen,
Daß wir fromm und voll Vertrauen
Sicher ruhn in deinem Arm.
Gute Nacht, Heiapopeia!
Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia.

Als dieß Lied zu Ende war, ward der hohe Eichenwald
lichter. Sie hörten ein Geklapper, und Gackeleia blickte in
die Höhe und schrie: "ach, der Klapperstorch, der Klapper¬
storch mit seinen Jungen, da oben steht er auf der hohen
Mauer, ach, was hat der aber ein großes Nest, o da will
ich mich auch einmal hineinsetzen und mit ihm klappern!"

Nun waren die Reisenden an dem ganz verwilderten
Raugräflich Gockelschen Schloßgarten angekommen. Da war

Schlank ſchaut auf der Felſenwand
Sich die Glockenblume um,
Denn verſpaͤtet uͤber Land
Will ein Bienchen mit Geſumm
Sich zur Nachtherberge melden
In den blauen zarten Zelten,
Schluͤpft hinein und wird ganz ſtumm.
Gute Nacht, Heiapopeia!
Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia.
Voͤglein, euer ſchwaches Neſt,
Iſt das Abendlied vollbracht,
Wird wie eine Burg ſo feſt;
Fromme Voͤglein ſchuͤtzt zur Nacht
Gegen Katz und Marderkrallen,
Die im Schlaf ſie uͤberfallen,
Gott, der uͤber alle wacht.
Gute Nacht, Heiapopeia!
Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia.
Treuer Gott, du biſt nicht weit,
Und ſo ziehn wir ohne Harm
In die wilde Einſamkeit
Aus des Hofes eitelm Schwarm.
Du wirſt uns die Huͤtte bauen,
Daß wir fromm und voll Vertrauen
Sicher ruhn in deinem Arm.
Gute Nacht, Heiapopeia!
Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia.

Als dieß Lied zu Ende war, ward der hohe Eichenwald
lichter. Sie hoͤrten ein Geklapper, und Gackeleia blickte in
die Hoͤhe und ſchrie: „ach, der Klapperſtorch, der Klapper¬
ſtorch mit ſeinen Jungen, da oben ſteht er auf der hohen
Mauer, ach, was hat der aber ein großes Neſt, o da will
ich mich auch einmal hineinſetzen und mit ihm klappern!“

Nun waren die Reiſenden an dem ganz verwilderten
Raugraͤflich Gockelſchen Schloßgarten angekommen. Da war

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[15/0037] Schlank ſchaut auf der Felſenwand Sich die Glockenblume um, Denn verſpaͤtet uͤber Land Will ein Bienchen mit Geſumm Sich zur Nachtherberge melden In den blauen zarten Zelten, Schluͤpft hinein und wird ganz ſtumm. Gute Nacht, Heiapopeia! Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia. Voͤglein, euer ſchwaches Neſt, Iſt das Abendlied vollbracht, Wird wie eine Burg ſo feſt; Fromme Voͤglein ſchuͤtzt zur Nacht Gegen Katz und Marderkrallen, Die im Schlaf ſie uͤberfallen, Gott, der uͤber alle wacht. Gute Nacht, Heiapopeia! Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia. Treuer Gott, du biſt nicht weit, Und ſo ziehn wir ohne Harm In die wilde Einſamkeit Aus des Hofes eitelm Schwarm. Du wirſt uns die Huͤtte bauen, Daß wir fromm und voll Vertrauen Sicher ruhn in deinem Arm. Gute Nacht, Heiapopeia! Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia. Als dieß Lied zu Ende war, ward der hohe Eichenwald lichter. Sie hoͤrten ein Geklapper, und Gackeleia blickte in die Hoͤhe und ſchrie: „ach, der Klapperſtorch, der Klapper¬ ſtorch mit ſeinen Jungen, da oben ſteht er auf der hohen Mauer, ach, was hat der aber ein großes Neſt, o da will ich mich auch einmal hineinſetzen und mit ihm klappern!“ Nun waren die Reiſenden an dem ganz verwilderten Raugraͤflich Gockelſchen Schloßgarten angekommen. Da war

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/37>, abgerufen am 28.03.2024.