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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

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Bluhmen-Schrift.
Bluhmen-Schrift.
Wie wir es wircklich hoch mit vielen Künsten treiben;
So hat man eine Art, üm unbekannt zu schreiben,
Recht Kunst- und Sinn-reich ausgefunden.
Man zeichnet Bluhmen recht nach Schilderer Manier,
An stat der Lettern, auf Papier,
Als wären sie in einem Crantz gebunden.
Wer nun den Schlüssel hat, kann alsobald ersehn,
Nachdem sie bey einander stehn,
Was sie für Worte deuten sollen:
Weil iede Bluhm' und iedes Blat
Das Zeichen einer Letter hat,
So wie man sie bezeichnen wollen.
Auf diese Weise kann man lesen,
Was sonst unleserlich gewesen.
Mich deucht, es sey im Buche dieser Welt,
Bald hie, bald dort
Dergleichen Schrift uns vorgestellt.
An einem ieden Ort
Legt ein beblühmtes Garten-Feld
Dergleichen Schrift uns vor die Augen.
Ach mögte man es doch recht zu entzieffern taugen!
Zuweilen kommt es mir
Nicht anders für,
Als wär von mir der Schlüssel ausgefunden.
Wenn ich von unterschiednen Nahmen
Der Bluhmen, welche sie (wer weiß, ob ungefehr)
Einft überkamen,
Die ersten Lettern nehm', und füge;
So
Bluhmen-Schrift.
Bluhmen-Schrift.
Wie wir es wircklich hoch mit vielen Kuͤnſten treiben;
So hat man eine Art, uͤm unbekannt zu ſchreiben,
Recht Kunſt- und Sinn-reich ausgefunden.
Man zeichnet Bluhmen recht nach Schilderer Manier,
An ſtat der Lettern, auf Papier,
Als waͤren ſie in einem Crantz gebunden.
Wer nun den Schluͤſſel hat, kann alſobald erſehn,
Nachdem ſie bey einander ſtehn,
Was ſie fuͤr Worte deuten ſollen:
Weil iede Bluhm’ und iedes Blat
Das Zeichen einer Letter hat,
So wie man ſie bezeichnen wollen.
Auf dieſe Weiſe kann man leſen,
Was ſonſt unleſerlich geweſen.
Mich deucht, es ſey im Buche dieſer Welt,
Bald hie, bald dort
Dergleichen Schrift uns vorgeſtellt.
An einem ieden Ort
Legt ein bebluͤhmtes Garten-Feld
Dergleichen Schrift uns vor die Augen.
Ach moͤgte man es doch recht zu entzieffern taugen!
Zuweilen kommt es mir
Nicht anders fuͤr,
Als waͤr von mir der Schluͤſſel ausgefunden.
Wenn ich von unterſchiednen Nahmen
Der Bluhmen, welche ſie (wer weiß, ob ungefehr)
Einft uͤberkamen,
Die erſten Lettern nehm’, und fuͤge;
So
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[44/0076] Bluhmen-Schrift. Bluhmen-Schrift. Wie wir es wircklich hoch mit vielen Kuͤnſten treiben; So hat man eine Art, uͤm unbekannt zu ſchreiben, Recht Kunſt- und Sinn-reich ausgefunden. Man zeichnet Bluhmen recht nach Schilderer Manier, An ſtat der Lettern, auf Papier, Als waͤren ſie in einem Crantz gebunden. Wer nun den Schluͤſſel hat, kann alſobald erſehn, Nachdem ſie bey einander ſtehn, Was ſie fuͤr Worte deuten ſollen: Weil iede Bluhm’ und iedes Blat Das Zeichen einer Letter hat, So wie man ſie bezeichnen wollen. Auf dieſe Weiſe kann man leſen, Was ſonſt unleſerlich geweſen. Mich deucht, es ſey im Buche dieſer Welt, Bald hie, bald dort Dergleichen Schrift uns vorgeſtellt. An einem ieden Ort Legt ein bebluͤhmtes Garten-Feld Dergleichen Schrift uns vor die Augen. Ach moͤgte man es doch recht zu entzieffern taugen! Zuweilen kommt es mir Nicht anders fuͤr, Als waͤr von mir der Schluͤſſel ausgefunden. Wenn ich von unterſchiednen Nahmen Der Bluhmen, welche ſie (wer weiß, ob ungefehr) Einft uͤberkamen, Die erſten Lettern nehm’, und fuͤge; So

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/76>, abgerufen am 29.03.2024.