So wie, wenn mans erwegt, jedwede Jahreszeit, Jn einer eignen Pracht, und eigner Lieblichkeit, Zu unsern Freuden, prangt: So wird jetzt wunderschön Die Welt im Herbst, auf eine neue Weise, Zu unsrer Lust, und Gott zum Preise, Jn einer eignen Art geschmückt gesehn; Jndem ich jetzt, in stark vermehrter Pracht, Durch der nunmehro längern Nacht Vermehrte Feuchtigkeit im Thau, Des Feldes grüne Gras, wie Silbertuch von weiten, Und nahe bey, mit Glanz, der grün und roth und blau, Und der des Diamants gepriesne Kostbarkeiten, An Feur und Fluth, beschämt, weit mehr als sonsten schau.
Jch stutze vor Vergnügen jedesmal, Wenn ich den wunderschön gefärbten Sonnenstral, Jn Millionen runden Spiegeln, Zumal an dicht-begrast- und hell-bestralten Hügeln, Nachdem ich meine Blicke drehe, Auf Millionen Art gebrochen sehe.
Jch brach ein Spierchen Gras, woran ein Tropfen hing, Das viele Theilchen Licht vor andern noch empfing, Mit spitzen Fingern ab, So mir zu folgender Betrachtung Anlaß gab:
Jch seh in diesem Tröpfchen hier, Von Demant und Rubin, Smaragd und von Saphier, Jn weiß- und roth-in grün- und blauer Zier, Die Flammen-reichen Farben scheinen, So eben insgesammt, wie Neuton spricht, Die Farben sind, die sich im Sonnenlicht Befinden und darin vereinen.
Wenn
Herbſt-Ueberlegungen.
Herbſt-Ueberlegungen.
So wie, wenn mans erwegt, jedwede Jahreszeit, Jn einer eignen Pracht, und eigner Lieblichkeit, Zu unſern Freuden, prangt: So wird jetzt wunderſchoͤn Die Welt im Herbſt, auf eine neue Weiſe, Zu unſrer Luſt, und Gott zum Preiſe, Jn einer eignen Art geſchmuͤckt geſehn; Jndem ich jetzt, in ſtark vermehrter Pracht, Durch der nunmehro laͤngern Nacht Vermehrte Feuchtigkeit im Thau, Des Feldes gruͤne Gras, wie Silbertuch von weiten, Und nahe bey, mit Glanz, der gruͤn und roth und blau, Und der des Diamants gepriesne Koſtbarkeiten, An Feur und Fluth, beſchaͤmt, weit mehr als ſonſten ſchau.
Jch ſtutze vor Vergnuͤgen jedesmal, Wenn ich den wunderſchoͤn gefaͤrbten Sonnenſtral, Jn Millionen runden Spiegeln, Zumal an dicht-begraſt- und hell-beſtralten Huͤgeln, Nachdem ich meine Blicke drehe, Auf Millionen Art gebrochen ſehe.
Jch brach ein Spierchen Gras, woran ein Tropfen hing, Das viele Theilchen Licht vor andern noch empfing, Mit ſpitzen Fingern ab, So mir zu folgender Betrachtung Anlaß gab:
Jch ſeh in dieſem Troͤpfchen hier, Von Demant und Rubin, Smaragd und von Saphier, Jn weiß- und roth-in gruͤn- und blauer Zier, Die Flammen-reichen Farben ſcheinen, So eben insgeſammt, wie Neuton ſpricht, Die Farben ſind, die ſich im Sonnenlicht Befinden und darin vereinen.
Wenn
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Herbſt-Ueberlegungen.
Herbſt-Ueberlegungen.
So wie, wenn mans erwegt, jedwede Jahreszeit,
Jn einer eignen Pracht, und eigner Lieblichkeit,
Zu unſern Freuden, prangt: So wird jetzt wunderſchoͤn
Die Welt im Herbſt, auf eine neue Weiſe,
Zu unſrer Luſt, und Gott zum Preiſe,
Jn einer eignen Art geſchmuͤckt geſehn;
Jndem ich jetzt, in ſtark vermehrter Pracht,
Durch der nunmehro laͤngern Nacht
Vermehrte Feuchtigkeit im Thau,
Des Feldes gruͤne Gras, wie Silbertuch von weiten,
Und nahe bey, mit Glanz, der gruͤn und roth und blau,
Und der des Diamants gepriesne Koſtbarkeiten,
An Feur und Fluth, beſchaͤmt, weit mehr als ſonſten ſchau.
Jch ſtutze vor Vergnuͤgen jedesmal,
Wenn ich den wunderſchoͤn gefaͤrbten Sonnenſtral,
Jn Millionen runden Spiegeln,
Zumal an dicht-begraſt- und hell-beſtralten Huͤgeln,
Nachdem ich meine Blicke drehe,
Auf Millionen Art gebrochen ſehe.
Jch brach ein Spierchen Gras, woran ein Tropfen hing,
Das viele Theilchen Licht vor andern noch empfing,
Mit ſpitzen Fingern ab,
So mir zu folgender Betrachtung Anlaß gab:
Jch ſeh in dieſem Troͤpfchen hier,
Von Demant und Rubin, Smaragd und von Saphier,
Jn weiß- und roth-in gruͤn- und blauer Zier,
Die Flammen-reichen Farben ſcheinen,
So eben insgeſammt, wie Neuton ſpricht,
Die Farben ſind, die ſich im Sonnenlicht
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/198>, abgerufen am 18.04.2024.
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