Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Welt ein göttlicher Lehrer.
Die Welt,
ein göttlicher Lehrer.
Stral der unsichtbaren Sonne! Weltkreis, der noch mehr,
als sich

Unsern Augen, unserm Geist,
Jn der Schönheit, Pracht und Ordnung, die verborgne Gott-
heit weist!

Man kann durch dich bloß allein, und wahrhaftig, ohne dich,
Keinen Gott verstehn und finden!
Wesen! worin unsre Seelen, durch die Sinnen, ihn empfinden,
Worin wir, durch hören, riechen, fühlen, auch durch sehn und
schmecken,

Eine Weisheit, Liebe, Macht, so die Gottheit selbst, entdecken,
Und worin, wenn wir mit Freuden nnd Bewundrung dich
besehn,

Als ein würdig Werk des Schöpfers, wir den Schöpfer selbst
erhöhn.

Aller Himmel Himmel Heere, alle Welt hat Gott gemacht,
Wie er wollt, daß sie entstünden. Es entdecket ihre Pracht
Seinen überall verborgnen, überall vorhandnen Schein.
Laß doch deine Seele dann, liebster Mensch, nicht Sinn-los seyn!
Weil, wenn du die Creatur, und die schöne Welt nicht spürest,
Du, nicht deine Lust allein, dich, ja selber Gott, verlierest.


Kur-
Die Welt ein goͤttlicher Lehrer.
Die Welt,
ein goͤttlicher Lehrer.
Stral der unſichtbaren Sonne! Weltkreis, der noch mehr,
als ſich

Unſern Augen, unſerm Geiſt,
Jn der Schoͤnheit, Pracht und Ordnung, die verborgne Gott-
heit weiſt!

Man kann durch dich bloß allein, und wahrhaftig, ohne dich,
Keinen Gott verſtehn und finden!
Weſen! worin unſre Seelen, durch die Sinnen, ihn empfinden,
Worin wir, durch hoͤren, riechen, fuͤhlen, auch durch ſehn und
ſchmecken,

Eine Weisheit, Liebe, Macht, ſo die Gottheit ſelbſt, entdecken,
Und worin, wenn wir mit Freuden nnd Bewundrung dich
beſehn,

Als ein wuͤrdig Werk des Schoͤpfers, wir den Schoͤpfer ſelbſt
erhoͤhn.

Aller Himmel Himmel Heere, alle Welt hat Gott gemacht,
Wie er wollt, daß ſie entſtuͤnden. Es entdecket ihre Pracht
Seinen uͤberall verborgnen, uͤberall vorhandnen Schein.
Laß doch deine Seele dann, liebſter Menſch, nicht Sinn-los ſeyn!
Weil, wenn du die Creatur, und die ſchoͤne Welt nicht ſpuͤreſt,
Du, nicht deine Luſt allein, dich, ja ſelber Gott, verliereſt.


Kur-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0348" n="324"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Welt ein go&#x0364;ttlicher Lehrer.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die Welt,<lb/>
ein go&#x0364;ttlicher Lehrer.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">S</hi>tral der un&#x017F;ichtbaren Sonne! Weltkreis, der noch mehr,<lb/><hi rendition="#et">als &#x017F;ich</hi></l><lb/>
            <l>Un&#x017F;ern Augen, un&#x017F;erm Gei&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Jn der Scho&#x0364;nheit, Pracht und Ordnung, die verborgne Gott-<lb/><hi rendition="#et">heit wei&#x017F;t!</hi></l><lb/>
            <l>Man kann durch dich bloß allein, und wahrhaftig, ohne dich,</l><lb/>
            <l>Keinen Gott ver&#x017F;tehn und finden!</l><lb/>
            <l>We&#x017F;en! worin un&#x017F;re Seelen, durch die Sinnen, ihn empfinden,</l><lb/>
            <l>Worin wir, durch ho&#x0364;ren, riechen, fu&#x0364;hlen, auch durch &#x017F;ehn und<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chmecken,</hi></l><lb/>
            <l>Eine Weisheit, Liebe, Macht, &#x017F;o die Gottheit &#x017F;elb&#x017F;t, entdecken,</l><lb/>
            <l>Und worin, wenn wir mit Freuden nnd Bewundrung dich<lb/><hi rendition="#et">be&#x017F;ehn,</hi></l><lb/>
            <l>Als ein wu&#x0364;rdig Werk des Scho&#x0364;pfers, wir den Scho&#x0364;pfer &#x017F;elb&#x017F;t<lb/><hi rendition="#et">erho&#x0364;hn.</hi></l><lb/>
            <l>Aller Himmel Himmel Heere, alle Welt hat Gott gemacht,</l><lb/>
            <l>Wie er wollt, daß &#x017F;ie ent&#x017F;tu&#x0364;nden. Es entdecket ihre Pracht</l><lb/>
            <l>Seinen u&#x0364;berall verborgnen, u&#x0364;berall vorhandnen Schein.</l><lb/>
            <l>Laß doch deine Seele dann, lieb&#x017F;ter Men&#x017F;ch, nicht Sinn-los &#x017F;eyn!</l><lb/>
            <l>Weil, wenn du die Creatur, und die &#x017F;cho&#x0364;ne Welt nicht &#x017F;pu&#x0364;re&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Du, nicht deine Lu&#x017F;t allein, dich, ja &#x017F;elber Gott, verliere&#x017F;t.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Kur-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[324/0348] Die Welt ein goͤttlicher Lehrer. Die Welt, ein goͤttlicher Lehrer. Stral der unſichtbaren Sonne! Weltkreis, der noch mehr, als ſich Unſern Augen, unſerm Geiſt, Jn der Schoͤnheit, Pracht und Ordnung, die verborgne Gott- heit weiſt! Man kann durch dich bloß allein, und wahrhaftig, ohne dich, Keinen Gott verſtehn und finden! Weſen! worin unſre Seelen, durch die Sinnen, ihn empfinden, Worin wir, durch hoͤren, riechen, fuͤhlen, auch durch ſehn und ſchmecken, Eine Weisheit, Liebe, Macht, ſo die Gottheit ſelbſt, entdecken, Und worin, wenn wir mit Freuden nnd Bewundrung dich beſehn, Als ein wuͤrdig Werk des Schoͤpfers, wir den Schoͤpfer ſelbſt erhoͤhn. Aller Himmel Himmel Heere, alle Welt hat Gott gemacht, Wie er wollt, daß ſie entſtuͤnden. Es entdecket ihre Pracht Seinen uͤberall verborgnen, uͤberall vorhandnen Schein. Laß doch deine Seele dann, liebſter Menſch, nicht Sinn-los ſeyn! Weil, wenn du die Creatur, und die ſchoͤne Welt nicht ſpuͤreſt, Du, nicht deine Luſt allein, dich, ja ſelber Gott, verliereſt. Kur-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/348
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/348>, abgerufen am 28.03.2024.