Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Frösche.
Die Frösche.
Jüngst hört ich von neuen dem lauten Gewäsche,
Dem quarrenden Knarren geschwätziger Frösche,
Jn ihrer ungestöhrten Ruh,
Mit einiger Betrachtung zu.
Mich deucht, daß ihr verwirrt und mancherley Geschrey,
Jn etwan fünf bis sechserley,
Und mehr Verändrungen nicht, einzutheilen sey.
Der größte Haufe scheint, auf Menschen Art, zu murren,
Und, üm ein Nichts, zu lärmen und zu knurren.
Verschiedne sagen: Merks. Und diese kommen mir
Als Philosophen für.
Mit unbescheidnem Trotz, schien mancher, als ein Lehrer,
Mit einem schärfern Ton, sich über seine Hörer,
Durch nichts, als strengern Schall, sich eifrig zu bestreben,
Hervor zu thun und zu erheben;
Sie schienen mit Gewalt, die andern zu belehren,
Und mit der Lungen mehr, als des Verstandes Kraft,
Verschiedner Sachen Eigenschaft,
Mit gründlichem Bericht, den Hörern zu erklären;
Wovon doch, wie es ließ, verschiedne längst gefunden,
Daß die so wohl, als sie, von allem nichts verstunden.
Ein kurz, doch hell Gequick, als ein Gepfeif, entfuhr
Verschiednen hier und dort. Dieß ließ, als wenn sie nur
Mit jenen, daß sie sich zu sehr erhüben,
Ein laut Gespötte trieben.
Noch andre schienen mir, mit unbesorgtem Lachen,
Jm warmen Sonnenstral, recht lustig sich zu machen.
Und diese Sänger kamen mir,
Von allen, als die Klügsten, für.
Die
Die Froͤſche.
Die Froͤſche.
Juͤngſt hoͤrt ich von neuen dem lauten Gewaͤſche,
Dem quarrenden Knarren geſchwaͤtziger Froͤſche,
Jn ihrer ungeſtoͤhrten Ruh,
Mit einiger Betrachtung zu.
Mich deucht, daß ihr verwirrt und mancherley Geſchrey,
Jn etwan fuͤnf bis ſechſerley,
Und mehr Veraͤndrungen nicht, einzutheilen ſey.
Der groͤßte Haufe ſcheint, auf Menſchen Art, zu murren,
Und, uͤm ein Nichts, zu laͤrmen und zu knurren.
Verſchiedne ſagen: Merks. Und dieſe kommen mir
Als Philoſophen fuͤr.
Mit unbeſcheidnem Trotz, ſchien mancher, als ein Lehrer,
Mit einem ſchaͤrfern Ton, ſich uͤber ſeine Hoͤrer,
Durch nichts, als ſtrengern Schall, ſich eifrig zu beſtreben,
Hervor zu thun und zu erheben;
Sie ſchienen mit Gewalt, die andern zu belehren,
Und mit der Lungen mehr, als des Verſtandes Kraft,
Verſchiedner Sachen Eigenſchaft,
Mit gruͤndlichem Bericht, den Hoͤrern zu erklaͤren;
Wovon doch, wie es ließ, verſchiedne laͤngſt gefunden,
Daß die ſo wohl, als ſie, von allem nichts verſtunden.
Ein kurz, doch hell Gequick, als ein Gepfeif, entfuhr
Verſchiednen hier und dort. Dieß ließ, als wenn ſie nur
Mit jenen, daß ſie ſich zu ſehr erhuͤben,
Ein laut Geſpoͤtte trieben.
Noch andre ſchienen mir, mit unbeſorgtem Lachen,
Jm warmen Sonnenſtral, recht luſtig ſich zu machen.
Und dieſe Saͤnger kamen mir,
Von allen, als die Kluͤgſten, fuͤr.
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0036" n="12"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Fro&#x0364;&#x017F;che.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die Fro&#x0364;&#x017F;che.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">J</hi>u&#x0364;ng&#x017F;t ho&#x0364;rt ich von neuen dem lauten Gewa&#x0364;&#x017F;che,</l><lb/>
            <l>Dem quarrenden Knarren ge&#x017F;chwa&#x0364;tziger Fro&#x0364;&#x017F;che,</l><lb/>
            <l>Jn ihrer unge&#x017F;to&#x0364;hrten Ruh,</l><lb/>
            <l>Mit einiger Betrachtung zu.</l><lb/>
            <l>Mich deucht, daß ihr verwirrt und mancherley Ge&#x017F;chrey,</l><lb/>
            <l>Jn etwan fu&#x0364;nf bis &#x017F;ech&#x017F;erley,</l><lb/>
            <l>Und mehr Vera&#x0364;ndrungen nicht, einzutheilen &#x017F;ey.</l><lb/>
            <l>Der gro&#x0364;ßte Haufe &#x017F;cheint, auf Men&#x017F;chen Art, zu murren,</l><lb/>
            <l>Und, u&#x0364;m ein Nichts, zu la&#x0364;rmen und zu knurren.</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;chiedne &#x017F;agen: <hi rendition="#fr">Merks.</hi> Und die&#x017F;e kommen mir</l><lb/>
            <l>Als Philo&#x017F;ophen fu&#x0364;r.</l><lb/>
            <l>Mit unbe&#x017F;cheidnem Trotz, &#x017F;chien mancher, als ein Lehrer,</l><lb/>
            <l>Mit einem &#x017F;cha&#x0364;rfern Ton, &#x017F;ich u&#x0364;ber &#x017F;eine Ho&#x0364;rer,</l><lb/>
            <l>Durch nichts, als &#x017F;trengern Schall, &#x017F;ich eifrig zu be&#x017F;treben,</l><lb/>
            <l>Hervor zu thun und zu erheben;</l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;chienen mit Gewalt, die andern zu belehren,</l><lb/>
            <l>Und mit der Lungen mehr, als des Ver&#x017F;tandes Kraft,</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;chiedner Sachen Eigen&#x017F;chaft,</l><lb/>
            <l>Mit gru&#x0364;ndlichem Bericht, den Ho&#x0364;rern zu erkla&#x0364;ren;</l><lb/>
            <l>Wovon doch, wie es ließ, ver&#x017F;chiedne la&#x0364;ng&#x017F;t gefunden,</l><lb/>
            <l>Daß die &#x017F;o wohl, als &#x017F;ie, von allem nichts ver&#x017F;tunden.</l><lb/>
            <l>Ein kurz, doch hell Gequick, als ein Gepfeif, entfuhr</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;chiednen hier und dort. Dieß ließ, als wenn &#x017F;ie nur</l><lb/>
            <l>Mit jenen, daß &#x017F;ie &#x017F;ich zu &#x017F;ehr erhu&#x0364;ben,</l><lb/>
            <l>Ein laut Ge&#x017F;po&#x0364;tte trieben.</l><lb/>
            <l>Noch andre &#x017F;chienen mir, mit unbe&#x017F;orgtem Lachen,</l><lb/>
            <l>Jm warmen Sonnen&#x017F;tral, recht lu&#x017F;tig &#x017F;ich zu machen.</l><lb/>
            <l>Und die&#x017F;e Sa&#x0364;nger kamen mir,</l><lb/>
            <l>Von allen, als die Klu&#x0364;g&#x017F;ten, fu&#x0364;r.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Die</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0036] Die Froͤſche. Die Froͤſche. Juͤngſt hoͤrt ich von neuen dem lauten Gewaͤſche, Dem quarrenden Knarren geſchwaͤtziger Froͤſche, Jn ihrer ungeſtoͤhrten Ruh, Mit einiger Betrachtung zu. Mich deucht, daß ihr verwirrt und mancherley Geſchrey, Jn etwan fuͤnf bis ſechſerley, Und mehr Veraͤndrungen nicht, einzutheilen ſey. Der groͤßte Haufe ſcheint, auf Menſchen Art, zu murren, Und, uͤm ein Nichts, zu laͤrmen und zu knurren. Verſchiedne ſagen: Merks. Und dieſe kommen mir Als Philoſophen fuͤr. Mit unbeſcheidnem Trotz, ſchien mancher, als ein Lehrer, Mit einem ſchaͤrfern Ton, ſich uͤber ſeine Hoͤrer, Durch nichts, als ſtrengern Schall, ſich eifrig zu beſtreben, Hervor zu thun und zu erheben; Sie ſchienen mit Gewalt, die andern zu belehren, Und mit der Lungen mehr, als des Verſtandes Kraft, Verſchiedner Sachen Eigenſchaft, Mit gruͤndlichem Bericht, den Hoͤrern zu erklaͤren; Wovon doch, wie es ließ, verſchiedne laͤngſt gefunden, Daß die ſo wohl, als ſie, von allem nichts verſtunden. Ein kurz, doch hell Gequick, als ein Gepfeif, entfuhr Verſchiednen hier und dort. Dieß ließ, als wenn ſie nur Mit jenen, daß ſie ſich zu ſehr erhuͤben, Ein laut Geſpoͤtte trieben. Noch andre ſchienen mir, mit unbeſorgtem Lachen, Jm warmen Sonnenſtral, recht luſtig ſich zu machen. Und dieſe Saͤnger kamen mir, Von allen, als die Kluͤgſten, fuͤr. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/36
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/36>, abgerufen am 18.04.2024.