Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Gedanken zur Zeit der Erndte,
1735.
Mein GOtt, in diesem warmen Theile der Frucht-
erfüllten Sommer-Zeit,
Da eben Rocken, Gersten, Weizen, zu meinem Nutzen,
abgemeyt,
Betracht' ich, mit gerührtem Geiste, die Wunder Deiner
Gütigkeit.
Hier kann ich ein gemähet Feld, bedeckt mit gelben Stop-
peln, sehn;
Dort seh' ich ungezählte Garben, als wärens kleine Zelte,
stehn,
Die, da sie eine grosse Weite mit ihren kleinen Höhen
zieren,
Ein recht natürlich Friedens-Lager, in langen Linien, for-
mieren,
Jn Strichen, deren weites Ziel der schnelle Blick kaum
kann erreichen,
Die alle fast dem Golde gleichen,
Scheint zwischen grüner Bohnen Feldern der milden Mut-
ter grünes Kleid,
Mit güldnen Borten als bebrähmet, in einer prächt'gen
Lieblichkeit,
Die ausgespannte reine Luft, mit hellem Licht und Wärm'
erfüllet,
Jst, ganz von Duft, Gewölk und Nebel befreyt, erheitert
und enthüllet.
Die Wärme wird von dichten Bäumen gemildert, und,
durch Schatten, kühl,
Und alles, was man sieht und fühlet, vergnügt das Aug'
und das Gefühl.
Jch
Gedanken zur Zeit der Erndte,
1735.
Mein GOtt, in dieſem warmen Theile der Frucht-
erfuͤllten Sommer-Zeit,
Da eben Rocken, Gerſten, Weizen, zu meinem Nutzen,
abgemeyt,
Betracht’ ich, mit geruͤhrtem Geiſte, die Wunder Deiner
Guͤtigkeit.
Hier kann ich ein gemaͤhet Feld, bedeckt mit gelben Stop-
peln, ſehn;
Dort ſeh’ ich ungezaͤhlte Garben, als waͤrens kleine Zelte,
ſtehn,
Die, da ſie eine groſſe Weite mit ihren kleinen Hoͤhen
zieren,
Ein recht natuͤrlich Friedens-Lager, in langen Linien, for-
mieren,
Jn Strichen, deren weites Ziel der ſchnelle Blick kaum
kann erreichen,
Die alle faſt dem Golde gleichen,
Scheint zwiſchen gruͤner Bohnen Feldern der milden Mut-
ter gruͤnes Kleid,
Mit guͤldnen Borten als bebraͤhmet, in einer praͤcht’gen
Lieblichkeit,
Die ausgeſpannte reine Luft, mit hellem Licht und Waͤrm’
erfuͤllet,
Jſt, ganz von Duft, Gewoͤlk und Nebel befreyt, erheitert
und enthuͤllet.
Die Waͤrme wird von dichten Baͤumen gemildert, und,
durch Schatten, kuͤhl,
Und alles, was man ſieht und fuͤhlet, vergnuͤgt das Aug’
und das Gefuͤhl.
Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0260" n="242"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Gedanken zur Zeit der Erndte,<lb/>
1735.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <l><hi rendition="#in">M</hi>ein GOtt, in die&#x017F;em warmen Theile der Frucht-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">erfu&#x0364;llten Sommer-Zeit,</hi> </l><lb/>
              <l>Da eben Rocken, Ger&#x017F;ten, Weizen, zu meinem Nutzen,</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">abgemeyt,</hi> </l><lb/>
              <l>Betracht&#x2019; ich, mit geru&#x0364;hrtem Gei&#x017F;te, die Wunder Deiner</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Gu&#x0364;tigkeit.</hi> </l><lb/>
              <l>Hier kann ich ein gema&#x0364;het Feld, bedeckt mit gelben Stop-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">peln, &#x017F;ehn;</hi> </l><lb/>
              <l>Dort &#x017F;eh&#x2019; ich ungeza&#x0364;hlte Garben, als wa&#x0364;rens kleine Zelte,</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;tehn,</hi> </l><lb/>
              <l>Die, da &#x017F;ie eine gro&#x017F;&#x017F;e Weite mit ihren kleinen Ho&#x0364;hen</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">zieren,</hi> </l><lb/>
              <l>Ein recht natu&#x0364;rlich Friedens-Lager, in langen Linien, for-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">mieren,</hi> </l><lb/>
              <l>Jn Strichen, deren weites Ziel der &#x017F;chnelle Blick kaum</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">kann erreichen,</hi> </l><lb/>
              <l>Die alle fa&#x017F;t dem Golde gleichen,</l><lb/>
              <l>Scheint zwi&#x017F;chen gru&#x0364;ner Bohnen Feldern der milden Mut-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">ter gru&#x0364;nes Kleid,</hi> </l><lb/>
              <l>Mit gu&#x0364;ldnen Borten als bebra&#x0364;hmet, in einer pra&#x0364;cht&#x2019;gen</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Lieblichkeit,</hi> </l><lb/>
              <l>Die ausge&#x017F;pannte reine Luft, mit hellem Licht und Wa&#x0364;rm&#x2019;</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">erfu&#x0364;llet,</hi> </l><lb/>
              <l>J&#x017F;t, ganz von Duft, Gewo&#x0364;lk und Nebel befreyt, erheitert</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">und enthu&#x0364;llet.</hi> </l><lb/>
              <l>Die Wa&#x0364;rme wird von dichten Ba&#x0364;umen gemildert, und,</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">durch Schatten, ku&#x0364;hl,</hi> </l><lb/>
              <l>Und alles, was man &#x017F;ieht und fu&#x0364;hlet, vergnu&#x0364;gt das Aug&#x2019;</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">und das Gefu&#x0364;hl.</hi> </l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0260] Gedanken zur Zeit der Erndte, 1735. Mein GOtt, in dieſem warmen Theile der Frucht- erfuͤllten Sommer-Zeit, Da eben Rocken, Gerſten, Weizen, zu meinem Nutzen, abgemeyt, Betracht’ ich, mit geruͤhrtem Geiſte, die Wunder Deiner Guͤtigkeit. Hier kann ich ein gemaͤhet Feld, bedeckt mit gelben Stop- peln, ſehn; Dort ſeh’ ich ungezaͤhlte Garben, als waͤrens kleine Zelte, ſtehn, Die, da ſie eine groſſe Weite mit ihren kleinen Hoͤhen zieren, Ein recht natuͤrlich Friedens-Lager, in langen Linien, for- mieren, Jn Strichen, deren weites Ziel der ſchnelle Blick kaum kann erreichen, Die alle faſt dem Golde gleichen, Scheint zwiſchen gruͤner Bohnen Feldern der milden Mut- ter gruͤnes Kleid, Mit guͤldnen Borten als bebraͤhmet, in einer praͤcht’gen Lieblichkeit, Die ausgeſpannte reine Luft, mit hellem Licht und Waͤrm’ erfuͤllet, Jſt, ganz von Duft, Gewoͤlk und Nebel befreyt, erheitert und enthuͤllet. Die Waͤrme wird von dichten Baͤumen gemildert, und, durch Schatten, kuͤhl, Und alles, was man ſieht und fuͤhlet, vergnuͤgt das Aug’ und das Gefuͤhl. Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/260
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/260>, abgerufen am 19.04.2024.