Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Betrachtung Göttlicher Werke.
Mein Schöpfer! wie so wunderschön
Jst hier der Erd-Kreis anzusehn!
Von wie viel Farben und Figuren
Seh ich hier schöne Creaturen,
Verherrlicht durch den Sonnen-Strahl,
Fast ohne Maße, sonder Zahl!
Mein Auge sieht sich müd' und matt
An allen Wundern; doch nicht satt.
Hier seh ich schöne Bluhmen prangen,
Dort Bäume voller Früchte hangen:
Da Wiesen, und drauf glattes Vieh
Jm Grase gehn, bis an die Knie,
Viel' auf dem weichen Klee sich strecken;
Da Bluhmen sie fast ganz bedecken.
Hier kann ich schattichte Alleen,
Die nach der Schnur gepflanzt sind, sehen;
Dort ohne Kunst gewachsne Hecken.
Hier seh ich rothe Dächer, zwischen
Bald hohen und bald niedern Büschen;
Hier Thäler, dort beblühmte Hügel:
Und dort, in einem langen Strich,
Die Elbe, die dem Silber glich,
Als einen schönen Himmels-Spiegel,
Bedeckt von vieler Schiffe Last;
Manch rothes Seegel, manchen Mast.
Jch sehe noch, an jenem Strande,
Entfernte Bäum' auf gelbem Sande;
Von welchen ihr auch schönes Grün
Mit etwas Blau gemischet schien.
Um
8 Theil. R
Betrachtung Goͤttlicher Werke.
Mein Schoͤpfer! wie ſo wunderſchoͤn
Jſt hier der Erd-Kreis anzuſehn!
Von wie viel Farben und Figuren
Seh ich hier ſchoͤne Creaturen,
Verherrlicht durch den Sonnen-Strahl,
Faſt ohne Maße, ſonder Zahl!
Mein Auge ſieht ſich muͤd’ und matt
An allen Wundern; doch nicht ſatt.
Hier ſeh ich ſchoͤne Bluhmen prangen,
Dort Baͤume voller Fruͤchte hangen:
Da Wieſen, und drauf glattes Vieh
Jm Graſe gehn, bis an die Knie,
Viel’ auf dem weichen Klee ſich ſtrecken;
Da Bluhmen ſie faſt ganz bedecken.
Hier kann ich ſchattichte Alleen,
Die nach der Schnur gepflanzt ſind, ſehen;
Dort ohne Kunſt gewachſne Hecken.
Hier ſeh ich rothe Daͤcher, zwiſchen
Bald hohen und bald niedern Buͤſchen;
Hier Thaͤler, dort bebluͤhmte Huͤgel:
Und dort, in einem langen Strich,
Die Elbe, die dem Silber glich,
Als einen ſchoͤnen Himmels-Spiegel,
Bedeckt von vieler Schiffe Laſt;
Manch rothes Seegel, manchen Maſt.
Jch ſehe noch, an jenem Strande,
Entfernte Baͤum’ auf gelbem Sande;
Von welchen ihr auch ſchoͤnes Gruͤn
Mit etwas Blau gemiſchet ſchien.
Um
8 Theil. R
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0271" n="257"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Betrachtung Go&#x0364;ttlicher Werke.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">M</hi>ein Scho&#x0364;pfer! wie &#x017F;o wunder&#x017F;cho&#x0364;n</l><lb/>
                <l>J&#x017F;t hier der Erd-Kreis anzu&#x017F;ehn!</l><lb/>
                <l>Von wie viel Farben und Figuren</l><lb/>
                <l>Seh ich hier &#x017F;cho&#x0364;ne Creaturen,</l><lb/>
                <l>Verherrlicht durch den Sonnen-Strahl,</l><lb/>
                <l>Fa&#x017F;t ohne Maße, &#x017F;onder Zahl!</l><lb/>
                <l>Mein Auge &#x017F;ieht &#x017F;ich mu&#x0364;d&#x2019; und matt</l><lb/>
                <l>An allen Wundern; doch nicht &#x017F;att.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Hier &#x017F;eh ich &#x017F;cho&#x0364;ne Bluhmen prangen,</l><lb/>
                <l>Dort Ba&#x0364;ume voller Fru&#x0364;chte hangen:</l><lb/>
                <l>Da Wie&#x017F;en, und drauf glattes Vieh</l><lb/>
                <l>Jm Gra&#x017F;e gehn, bis an die Knie,</l><lb/>
                <l>Viel&#x2019; auf dem weichen Klee &#x017F;ich &#x017F;trecken;</l><lb/>
                <l>Da Bluhmen &#x017F;ie fa&#x017F;t ganz bedecken.</l><lb/>
                <l>Hier kann ich &#x017F;chattichte Alleen,</l><lb/>
                <l>Die nach der Schnur gepflanzt &#x017F;ind, &#x017F;ehen;</l><lb/>
                <l>Dort ohne Kun&#x017F;t gewach&#x017F;ne Hecken.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Hier &#x017F;eh ich rothe Da&#x0364;cher, zwi&#x017F;chen</l><lb/>
                <l>Bald hohen und bald niedern Bu&#x0364;&#x017F;chen;</l><lb/>
                <l>Hier Tha&#x0364;ler, dort beblu&#x0364;hmte Hu&#x0364;gel:</l><lb/>
                <l>Und dort, in einem langen Strich,</l><lb/>
                <l>Die Elbe, die dem Silber glich,</l><lb/>
                <l>Als einen &#x017F;cho&#x0364;nen Himmels-Spiegel,</l><lb/>
                <l>Bedeckt von vieler Schiffe La&#x017F;t;</l><lb/>
                <l>Manch rothes Seegel, manchen Ma&#x017F;t.</l><lb/>
                <l>Jch &#x017F;ehe noch, an jenem Strande,</l><lb/>
                <l>Entfernte Ba&#x0364;um&#x2019; auf gelbem Sande;</l><lb/>
                <l>Von welchen ihr auch &#x017F;cho&#x0364;nes Gru&#x0364;n</l><lb/>
                <l>Mit etwas Blau gemi&#x017F;chet &#x017F;chien.</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">8 Theil. R</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Um</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[257/0271] Betrachtung Goͤttlicher Werke. Mein Schoͤpfer! wie ſo wunderſchoͤn Jſt hier der Erd-Kreis anzuſehn! Von wie viel Farben und Figuren Seh ich hier ſchoͤne Creaturen, Verherrlicht durch den Sonnen-Strahl, Faſt ohne Maße, ſonder Zahl! Mein Auge ſieht ſich muͤd’ und matt An allen Wundern; doch nicht ſatt. Hier ſeh ich ſchoͤne Bluhmen prangen, Dort Baͤume voller Fruͤchte hangen: Da Wieſen, und drauf glattes Vieh Jm Graſe gehn, bis an die Knie, Viel’ auf dem weichen Klee ſich ſtrecken; Da Bluhmen ſie faſt ganz bedecken. Hier kann ich ſchattichte Alleen, Die nach der Schnur gepflanzt ſind, ſehen; Dort ohne Kunſt gewachſne Hecken. Hier ſeh ich rothe Daͤcher, zwiſchen Bald hohen und bald niedern Buͤſchen; Hier Thaͤler, dort bebluͤhmte Huͤgel: Und dort, in einem langen Strich, Die Elbe, die dem Silber glich, Als einen ſchoͤnen Himmels-Spiegel, Bedeckt von vieler Schiffe Laſt; Manch rothes Seegel, manchen Maſt. Jch ſehe noch, an jenem Strande, Entfernte Baͤum’ auf gelbem Sande; Von welchen ihr auch ſchoͤnes Gruͤn Mit etwas Blau gemiſchet ſchien. Um 8 Theil. R

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/271
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/271>, abgerufen am 24.04.2024.