Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Suppe.
Von seiner Tafel sandt' Amintas einst an drey un-
terschiedne Kranken,

Zum Labsal, angewürzte Suppen, so niedlich, als es
möglich war.

Nun nahmen sie dieselbe zwar:
Doch, weil sie von verschiednem Geist, und ganz ver-
schiedenen Gedanken;

So nahm der erste seine Schaale, und soffe sie, als wie
ein Schwein,

Ohn' etwas, was daran, zu kosten, in einem starken
Zug', hinein.
Der andre sah die Schüssel an, durchsuchte alles,
nahm die Stücken;

Besahe Wurzeln, Kräuter, Fleisch: besah, mit aufmerk-
samen Blicken,

Ein jedes Körnchen vom Gewürze; bemühete sich, das
Gewicht,

Und das Verhältniß, auszufinden. Jndem er nun
von allen spricht,

Der Wärterinn gelehrt erklärt, wo Jngber und der
Pfeffer wachsen,

Jn Java nämlich, und der Kümmel an manchem Ort,
und auch in Sachsen;

Da war die schöne Suppe kalt, und zum Genuß nicht
ferner nütz.

Und kurz darauf befiel, aufs neue, ihn seines wilden
Fiebers Hitz.
Der
Die Suppe.
Von ſeiner Tafel ſandt’ Amintas einſt an drey un-
terſchiedne Kranken,

Zum Labſal, angewuͤrzte Suppen, ſo niedlich, als es
moͤglich war.

Nun nahmen ſie dieſelbe zwar:
Doch, weil ſie von verſchiednem Geiſt, und ganz ver-
ſchiedenen Gedanken;

So nahm der erſte ſeine Schaale, und ſoffe ſie, als wie
ein Schwein,

Ohn’ etwas, was daran, zu koſten, in einem ſtarken
Zug’, hinein.
Der andre ſah die Schuͤſſel an, durchſuchte alles,
nahm die Stuͤcken;

Beſahe Wurzeln, Kraͤuter, Fleiſch: beſah, mit aufmerk-
ſamen Blicken,

Ein jedes Koͤrnchen vom Gewuͤrze; bemuͤhete ſich, das
Gewicht,

Und das Verhaͤltniß, auszufinden. Jndem er nun
von allen ſpricht,

Der Waͤrterinn gelehrt erklaͤrt, wo Jngber und der
Pfeffer wachſen,

Jn Java naͤmlich, und der Kuͤmmel an manchem Ort,
und auch in Sachſen;

Da war die ſchoͤne Suppe kalt, und zum Genuß nicht
ferner nuͤtz.

Und kurz darauf befiel, aufs neue, ihn ſeines wilden
Fiebers Hitz.
Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0468" n="454"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Die Suppe.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">V</hi>on &#x017F;einer Tafel &#x017F;andt&#x2019; <hi rendition="#fr">Amintas</hi> ein&#x017F;t an drey un-<lb/><hi rendition="#et">ter&#x017F;chiedne Kranken,</hi></l><lb/>
                <l>Zum Lab&#x017F;al, angewu&#x0364;rzte Suppen, &#x017F;o niedlich, als es<lb/><hi rendition="#et">mo&#x0364;glich war.</hi></l><lb/>
                <l>Nun nahmen &#x017F;ie die&#x017F;elbe zwar:</l><lb/>
                <l>Doch, weil &#x017F;ie von ver&#x017F;chiednem Gei&#x017F;t, und ganz ver-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chiedenen Gedanken;</hi></l><lb/>
                <l>So nahm der er&#x017F;te &#x017F;eine Schaale, und &#x017F;offe &#x017F;ie, als wie<lb/><hi rendition="#et">ein Schwein,</hi></l><lb/>
                <l>Ohn&#x2019; etwas, was daran, zu ko&#x017F;ten, in einem &#x017F;tarken<lb/><hi rendition="#et">Zug&#x2019;, hinein.</hi></l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Der andre &#x017F;ah die Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el an, durch&#x017F;uchte alles,<lb/><hi rendition="#et">nahm die Stu&#x0364;cken;</hi></l><lb/>
                <l>Be&#x017F;ahe Wurzeln, Kra&#x0364;uter, Flei&#x017F;ch: be&#x017F;ah, mit aufmerk-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;amen Blicken,</hi></l><lb/>
                <l>Ein jedes Ko&#x0364;rnchen vom Gewu&#x0364;rze; bemu&#x0364;hete &#x017F;ich, das<lb/><hi rendition="#et">Gewicht,</hi></l><lb/>
                <l>Und das Verha&#x0364;ltniß, auszufinden. Jndem er nun<lb/><hi rendition="#et">von allen &#x017F;pricht,</hi></l><lb/>
                <l>Der Wa&#x0364;rterinn gelehrt erkla&#x0364;rt, wo Jngber und der<lb/><hi rendition="#et">Pfeffer wach&#x017F;en,</hi></l><lb/>
                <l>Jn Java na&#x0364;mlich, und der Ku&#x0364;mmel an manchem Ort,<lb/><hi rendition="#et">und auch in Sach&#x017F;en;</hi></l><lb/>
                <l>Da war die &#x017F;cho&#x0364;ne Suppe kalt, und zum Genuß nicht<lb/><hi rendition="#et">ferner nu&#x0364;tz.</hi></l><lb/>
                <l>Und kurz darauf befiel, aufs neue, ihn &#x017F;eines wilden<lb/><hi rendition="#et">Fiebers Hitz.</hi></l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[454/0468] Die Suppe. Von ſeiner Tafel ſandt’ Amintas einſt an drey un- terſchiedne Kranken, Zum Labſal, angewuͤrzte Suppen, ſo niedlich, als es moͤglich war. Nun nahmen ſie dieſelbe zwar: Doch, weil ſie von verſchiednem Geiſt, und ganz ver- ſchiedenen Gedanken; So nahm der erſte ſeine Schaale, und ſoffe ſie, als wie ein Schwein, Ohn’ etwas, was daran, zu koſten, in einem ſtarken Zug’, hinein. Der andre ſah die Schuͤſſel an, durchſuchte alles, nahm die Stuͤcken; Beſahe Wurzeln, Kraͤuter, Fleiſch: beſah, mit aufmerk- ſamen Blicken, Ein jedes Koͤrnchen vom Gewuͤrze; bemuͤhete ſich, das Gewicht, Und das Verhaͤltniß, auszufinden. Jndem er nun von allen ſpricht, Der Waͤrterinn gelehrt erklaͤrt, wo Jngber und der Pfeffer wachſen, Jn Java naͤmlich, und der Kuͤmmel an manchem Ort, und auch in Sachſen; Da war die ſchoͤne Suppe kalt, und zum Genuß nicht ferner nuͤtz. Und kurz darauf befiel, aufs neue, ihn ſeines wilden Fiebers Hitz. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/468
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/468>, abgerufen am 20.04.2024.