Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

Betrübte Fragen.
Jst es wahr, daß eine Seele, die so sorglos hier gelebt,
Die, in ihrer Lust den Schöpfer zu erhöhn, sich nicht
bestrebt,

(Wenn sie sich vom Körper trennet, und zugleich von
allem dem,

Was ihr hier so lieb gewesen, so beliebt, so angenehm)
Müß', erstaunet, nur allein ob den Unterlassungs-Sünden,
Jn ihr selbst, ein schreckend Leer, eine tiefe Wüste, finden?

"Jst dieß, sag' ich, alles wahr; ach! wie kann es
möglich seyn,

"Daß wir uns der schönen Welt nicht gebrauchen
Gott zu Ehren,

"Daß wir nicht, in unsrer Lust, Seines Namens Ruhm
vermehren:

"Da wir, durch so schnöden Wandel, nicht allein in
irdschen Dingen,

"Aller Freuden uns berauben; sondern uns, nach die-
ser Zeit,

"Um die uns, zum Lohn der Lust, dort verheißne Se-
ligkeit,

"Ja zugleich, so viel an uns, Gott um Seine Ehre,
bringen?


Unter-

Betruͤbte Fragen.
Jſt es wahr, daß eine Seele, die ſo ſorglos hier gelebt,
Die, in ihrer Luſt den Schoͤpfer zu erhoͤhn, ſich nicht
beſtrebt,

(Wenn ſie ſich vom Koͤrper trennet, und zugleich von
allem dem,

Was ihr hier ſo lieb geweſen, ſo beliebt, ſo angenehm)
Muͤß’, erſtaunet, nur allein ob den Unterlaſſungs-Suͤnden,
Jn ihr ſelbſt, ein ſchreckend Leer, eine tiefe Wuͤſte, finden?

“Jſt dieß, ſag’ ich, alles wahr; ach! wie kann es
moͤglich ſeyn,

“Daß wir uns der ſchoͤnen Welt nicht gebrauchen
Gott zu Ehren,

“Daß wir nicht, in unſrer Luſt, Seines Namens Ruhm
vermehren:

“Da wir, durch ſo ſchnoͤden Wandel, nicht allein in
irdſchen Dingen,

“Aller Freuden uns berauben; ſondern uns, nach die-
ſer Zeit,

“Um die uns, zum Lohn der Luſt, dort verheißne Se-
ligkeit,

“Ja zugleich, ſo viel an uns, Gott um Seine Ehre,
bringen?


Unter-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <pb facs="#f0521" n="507"/>
                <fw place="top" type="header">Betru&#x0364;bte Fragen.</fw><lb/>
                <l>J&#x017F;t es wahr, daß eine Seele, die &#x017F;o &#x017F;orglos hier gelebt,</l><lb/>
                <l>Die, in ihrer Lu&#x017F;t den Scho&#x0364;pfer zu erho&#x0364;hn, &#x017F;ich nicht<lb/><hi rendition="#et">be&#x017F;trebt,</hi></l><lb/>
                <l>(Wenn &#x017F;ie &#x017F;ich vom Ko&#x0364;rper trennet, und zugleich von<lb/><hi rendition="#et">allem dem,</hi></l><lb/>
                <l>Was ihr hier &#x017F;o lieb gewe&#x017F;en, &#x017F;o beliebt, &#x017F;o angenehm)</l><lb/>
                <l>Mu&#x0364;ß&#x2019;, er&#x017F;taunet, nur allein ob den Unterla&#x017F;&#x017F;ungs-Su&#x0364;nden,</l><lb/>
                <l>Jn ihr &#x017F;elb&#x017F;t, ein &#x017F;chreckend Leer, eine tiefe Wu&#x0364;&#x017F;te, finden?</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>&#x201C;J&#x017F;t dieß, &#x017F;ag&#x2019; ich, alles wahr; ach! wie kann es<lb/><hi rendition="#et">mo&#x0364;glich &#x017F;eyn,</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Daß wir uns der &#x017F;cho&#x0364;nen Welt nicht gebrauchen<lb/><hi rendition="#et">Gott zu Ehren,</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Daß wir nicht, in un&#x017F;rer Lu&#x017F;t, Seines Namens Ruhm<lb/><hi rendition="#et">vermehren:</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Da wir, durch &#x017F;o &#x017F;chno&#x0364;den Wandel, nicht allein in<lb/><hi rendition="#et">ird&#x017F;chen Dingen,</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Aller Freuden uns berauben; &#x017F;ondern uns, nach die-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;er Zeit,</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Um die uns, zum Lohn der Lu&#x017F;t, dort verheißne Se-<lb/><hi rendition="#et">ligkeit,</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Ja zugleich, &#x017F;o viel an uns, Gott um Seine Ehre,<lb/><hi rendition="#et">bringen?</hi></l>
              </lg>
            </lg>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Unter-</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[507/0521] Betruͤbte Fragen. Jſt es wahr, daß eine Seele, die ſo ſorglos hier gelebt, Die, in ihrer Luſt den Schoͤpfer zu erhoͤhn, ſich nicht beſtrebt, (Wenn ſie ſich vom Koͤrper trennet, und zugleich von allem dem, Was ihr hier ſo lieb geweſen, ſo beliebt, ſo angenehm) Muͤß’, erſtaunet, nur allein ob den Unterlaſſungs-Suͤnden, Jn ihr ſelbſt, ein ſchreckend Leer, eine tiefe Wuͤſte, finden? “Jſt dieß, ſag’ ich, alles wahr; ach! wie kann es moͤglich ſeyn, “Daß wir uns der ſchoͤnen Welt nicht gebrauchen Gott zu Ehren, “Daß wir nicht, in unſrer Luſt, Seines Namens Ruhm vermehren: “Da wir, durch ſo ſchnoͤden Wandel, nicht allein in irdſchen Dingen, “Aller Freuden uns berauben; ſondern uns, nach die- ſer Zeit, “Um die uns, zum Lohn der Luſt, dort verheißne Se- ligkeit, “Ja zugleich, ſo viel an uns, Gott um Seine Ehre, bringen? Unter-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/521
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/521>, abgerufen am 25.04.2024.