Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
Betrachtungen
Das Kaninchen.
Dieses Thier gleicht fast den Hasen; aber wohnt in
Gruben meist,
Wie es denn fast jeden Boden theilt, zerwühlet und zer-
reißt.
Sie bereiten gleichfalls künstlich ihren unterirdschen Bau,
Jhr Farb ist weiß entweder, oder sprenklicht, oder grau.
Sie sind mehr als andre Thiere von so großer Frucht-
barkeit,
Daß sie zwölfmal Junge hecken nur in eines Jahres Zeit,
Und fast immer fünf bis sechs. Es giebt ihrer zweyer-
ley,
Wilde nämlich, und auch zahme. Doch ein großer Un-
terscheid
Jst an ihrem Fleisch zu finden. An Geschmack und Nied-
lichkeit
Kömmet der gezähmten Fleisch nie dem Fleisch der wil-
den bey.
Von den wilden wissen Köche, wenn sie sie kunstmäßig
mischen,
Uns so mancherley Gerichte, die sehr niedlich, aufzuti-
schen,
Und von ihrem Fell die Kürschner uns im Frost verschied-
ne Sachen
So zur Wärm' als auch zur Zierde, zur Bequemlichkeit
zu machen.
Daß demnach auch dieses Thier, wie auch Gott in ihm,
uns liebt,
Da es uns erwärmt und nähret, eine klare Probe giebt.


Der
Betrachtungen
Das Kaninchen.
Dieſes Thier gleicht faſt den Haſen; aber wohnt in
Gruben meiſt,
Wie es denn faſt jeden Boden theilt, zerwuͤhlet und zer-
reißt.
Sie bereiten gleichfalls kuͤnſtlich ihren unterirdſchen Bau,
Jhr Farb iſt weiß entweder, oder ſprenklicht, oder grau.
Sie ſind mehr als andre Thiere von ſo großer Frucht-
barkeit,
Daß ſie zwoͤlfmal Junge hecken nur in eines Jahres Zeit,
Und faſt immer fuͤnf bis ſechs. Es giebt ihrer zweyer-
ley,
Wilde naͤmlich, und auch zahme. Doch ein großer Un-
terſcheid
Jſt an ihrem Fleiſch zu finden. An Geſchmack und Nied-
lichkeit
Koͤmmet der gezaͤhmten Fleiſch nie dem Fleiſch der wil-
den bey.
Von den wilden wiſſen Koͤche, wenn ſie ſie kunſtmaͤßig
miſchen,
Uns ſo mancherley Gerichte, die ſehr niedlich, aufzuti-
ſchen,
Und von ihrem Fell die Kuͤrſchner uns im Froſt verſchied-
ne Sachen
So zur Waͤrm’ als auch zur Zierde, zur Bequemlichkeit
zu machen.
Daß demnach auch dieſes Thier, wie auch Gott in ihm,
uns liebt,
Da es uns erwaͤrmt und naͤhret, eine klare Probe giebt.


Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0304" n="284"/>
        <fw place="top" type="header">Betrachtungen</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das Kaninchen.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>ie&#x017F;es Thier gleicht fa&#x017F;t den Ha&#x017F;en; aber wohnt in</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Gruben mei&#x017F;t,</hi> </l><lb/>
            <l>Wie es denn fa&#x017F;t jeden Boden theilt, zerwu&#x0364;hlet und zer-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">reißt.</hi> </l><lb/>
            <l>Sie bereiten gleichfalls ku&#x0364;n&#x017F;tlich ihren unterird&#x017F;chen Bau,</l><lb/>
            <l>Jhr Farb i&#x017F;t weiß entweder, oder &#x017F;prenklicht, oder grau.</l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;ind mehr als andre Thiere von &#x017F;o großer Frucht-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">barkeit,</hi> </l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;ie zwo&#x0364;lfmal Junge hecken nur in eines Jahres Zeit,</l><lb/>
            <l>Und fa&#x017F;t immer fu&#x0364;nf bis &#x017F;echs. Es giebt ihrer zweyer-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">ley,</hi> </l><lb/>
            <l>Wilde na&#x0364;mlich, und auch zahme. Doch ein großer Un-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">ter&#x017F;cheid</hi> </l><lb/>
            <l>J&#x017F;t an ihrem Flei&#x017F;ch zu finden. An Ge&#x017F;chmack und Nied-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">lichkeit</hi> </l><lb/>
            <l>Ko&#x0364;mmet der geza&#x0364;hmten Flei&#x017F;ch nie dem Flei&#x017F;ch der wil-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">den bey.</hi> </l><lb/>
            <l>Von den wilden wi&#x017F;&#x017F;en Ko&#x0364;che, wenn &#x017F;ie &#x017F;ie kun&#x017F;tma&#x0364;ßig</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">mi&#x017F;chen,</hi> </l><lb/>
            <l>Uns &#x017F;o mancherley Gerichte, die &#x017F;ehr niedlich, aufzuti-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chen,</hi> </l><lb/>
            <l>Und von ihrem Fell die Ku&#x0364;r&#x017F;chner uns im Fro&#x017F;t ver&#x017F;chied-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">ne Sachen</hi> </l><lb/>
            <l>So zur Wa&#x0364;rm&#x2019; als auch zur Zierde, zur Bequemlichkeit</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">zu machen.</hi> </l><lb/>
            <l>Daß demnach auch die&#x017F;es Thier, wie auch Gott in ihm,</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">uns liebt,</hi> </l><lb/>
            <l>Da es uns erwa&#x0364;rmt und na&#x0364;hret, eine klare Probe giebt.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0304] Betrachtungen Das Kaninchen. Dieſes Thier gleicht faſt den Haſen; aber wohnt in Gruben meiſt, Wie es denn faſt jeden Boden theilt, zerwuͤhlet und zer- reißt. Sie bereiten gleichfalls kuͤnſtlich ihren unterirdſchen Bau, Jhr Farb iſt weiß entweder, oder ſprenklicht, oder grau. Sie ſind mehr als andre Thiere von ſo großer Frucht- barkeit, Daß ſie zwoͤlfmal Junge hecken nur in eines Jahres Zeit, Und faſt immer fuͤnf bis ſechs. Es giebt ihrer zweyer- ley, Wilde naͤmlich, und auch zahme. Doch ein großer Un- terſcheid Jſt an ihrem Fleiſch zu finden. An Geſchmack und Nied- lichkeit Koͤmmet der gezaͤhmten Fleiſch nie dem Fleiſch der wil- den bey. Von den wilden wiſſen Koͤche, wenn ſie ſie kunſtmaͤßig miſchen, Uns ſo mancherley Gerichte, die ſehr niedlich, aufzuti- ſchen, Und von ihrem Fell die Kuͤrſchner uns im Froſt verſchied- ne Sachen So zur Waͤrm’ als auch zur Zierde, zur Bequemlichkeit zu machen. Daß demnach auch dieſes Thier, wie auch Gott in ihm, uns liebt, Da es uns erwaͤrmt und naͤhret, eine klare Probe giebt. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/304
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/304>, abgerufen am 25.04.2024.