Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 5. 6. Aufl. Leipzig, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite


[Spaltenumbruch]

Pan
nasium absolvierte und gleichzeitig
von der Bewegung für Richard Wag-
ner mächtig angezogen wurde. Nach
einigen, teils dem Musikstudium,
teils dem Militärdienst gewidmeten
Jahren bezog P. 1876 die Universi-
tät München, studierte Medizin und
erlangte 1880 die Würde eines Dr.
med.
und seine Bestallung als prak-
tischer Arzt. Er ging dann auf ein
halbes Jahr nach Paris, wo er einige
Spitäler besuchte, mehr noch aber
Theater und Literatur mit Jnteresse
verfolgte, so daß ihm schon hier die
Überzeugung wurde, daß er weniger
für eine praktische Berufstätigkeit als
vielmehr für inneres geistiges Stu-
dium geschaffen sei. Gleichwohl trat
er nach seiner Rückkehr in die von
Dr. Gudden in München geleitete
psychiatrische Anstalt ein und wirkte
in derselben fast zwei Jahre als
Jrrenarzt. Jm Jahre 1884 verließ
er diesen Posten und wandte sich von
jetzt ab ganz der Literatur zu. Als
Ausdruck einer ausgesprochen melan-
cholischen Stimmung und beeinflußt
teils durch Heine, teils durch Tieck
erschienen zuerst seine "Düstere Lie-
der" (1885). Jm folgenden Jahre
ging er nach England, wo er ein Jahr
weilte und sich der englischen Litera-
tur widmete. Jm Jahre 1890 schloß
er sich der von M. G. Conrad, O.
Bierbaum u. a. gegründeten jung-
deutschen Bewegung an, die in Mün-
chen als "Gesellschaft für modernes
Leben" in die Erscheinung trat, und
hielt Vorträge u. veröffentlichte Auf-
sätze ästhetischen und historischen Jn-
halts. Diese Tätigkeit erregte bald das
Mißfallen der Behörde, die ihn vor
die Wahl stellte, entweder seinen lite-
rarisch exponierten Posten oder seine
Stellung als Sanitätsoffizier aufzu-
geben. Er wählte das letztere und
lebte seitdem als unabhängiger
Schriftsteller in München. Seine
nunmehr folgenden Arbeiten bekun-
den eine vorwiegende Neigung zum
[Spaltenumbruch]
Pan
Satirischen, und bekannt ist ja das
Aufsehen, welches sein Drama "Das
"Liebeskonzil" in Deutschland er-
regte. Er wurde deswegen zu ein-
jähriger Gefängnisstrafe verurteilt,
nach deren Verbüßung er im Herbst
1896 nach Zürich ging. Seit 1898
lebte er in Paris. Jm Juli 1901
wegen Majestätsbeleidigung in Mün-
chen in Untersuchungshaft genom-
men, ward er mit Rücksicht auf sei-
nen Geisteszustand in eine Heilanstalt
gebracht, und im Oktober 1904 er-
folgte seine Überweifung an eine
Jrrenanstalt in München. Seine
philosophischen Ansichten hat P. in
der Schrift "Der Jllusionismus und
die Rettung der Persönlichkeit" (1895
niedergelegt.

S:

Düstere Lieder
1885. - Londoner Lieder, 1887.
Legendäres und Fabelhaftes (Ge.),
1889. - Dämmerungsstücke (4 En.),
1890. - Genie und Wahnsinn (Psy-
chol. Studie), 1891. - Aus dem Tage-
buch eines Hundes (Hum.), 1892.
Die unbefleckte Empfängnis der
Päpste (Sat., angeblich a. d. Spani-
schen übers.), 1893. - Visionen (En.),
1893. - Der heilige Staatsanwalt
(Eine moralische Kom.), 1894. - Das
Liebeskonzil (Eine Himmels-Tragö-
die), 1894. 3. A. 1897. - Der teutsche
Michel u. der römische Papst, 1894.
Das Haberfeldtreiben im bayerischen
Hochgebirge (Sittengesch. Studie),
1896. - Dialoge im Geiste Huttens,
1897. - Nero (Trag.), 1898. - Vrenelis
Gärtli (Züricher Begebenheit), 1900.
- Parisiana (Deutsche V. aus Paris),
1901 (wurde in München konsisziert).

*Pannewitz, Emmy von,

wurde
am 23. März 1865 in Goslar als die
Tochter eines Professors am Gym-
nasium geboren, der es verstand, in
der Tochter das Jnteresse für die
Geschichte der Vaterstadt und damit
des Vaterlandes zu wecken, so daß ihr
schließlich die "Geschichte" das liebste
"Geschichtenbuch" ward. Schon seit
der Jugend hat sie das Leben mit

*


[Spaltenumbruch]

Pan
naſium abſolvierte und gleichzeitig
von der Bewegung für Richard Wag-
ner mächtig angezogen wurde. Nach
einigen, teils dem Muſikſtudium,
teils dem Militärdienſt gewidmeten
Jahren bezog P. 1876 die Univerſi-
tät München, ſtudierte Medizin und
erlangte 1880 die Würde eines Dr.
med.
und ſeine Beſtallung als prak-
tiſcher Arzt. Er ging dann auf ein
halbes Jahr nach Paris, wo er einige
Spitäler beſuchte, mehr noch aber
Theater und Literatur mit Jntereſſe
verfolgte, ſo daß ihm ſchon hier die
Überzeugung wurde, daß er weniger
für eine praktiſche Berufstätigkeit als
vielmehr für inneres geiſtiges Stu-
dium geſchaffen ſei. Gleichwohl trat
er nach ſeiner Rückkehr in die von
Dr. Gudden in München geleitete
pſychiatriſche Anſtalt ein und wirkte
in derſelben faſt zwei Jahre als
Jrrenarzt. Jm Jahre 1884 verließ
er dieſen Poſten und wandte ſich von
jetzt ab ganz der Literatur zu. Als
Ausdruck einer ausgeſprochen melan-
choliſchen Stimmung und beeinflußt
teils durch Heine, teils durch Tieck
erſchienen zuerſt ſeine „Düſtere Lie-
der“ (1885). Jm folgenden Jahre
ging er nach England, wo er ein Jahr
weilte und ſich der engliſchen Litera-
tur widmete. Jm Jahre 1890 ſchloß
er ſich der von M. G. Conrad, O.
Bierbaum u. a. gegründeten jung-
deutſchen Bewegung an, die in Mün-
chen als „Geſellſchaft für modernes
Leben“ in die Erſcheinung trat, und
hielt Vorträge u. veröffentlichte Auf-
ſätze äſthetiſchen und hiſtoriſchen Jn-
halts. Dieſe Tätigkeit erregte bald das
Mißfallen der Behörde, die ihn vor
die Wahl ſtellte, entweder ſeinen lite-
rariſch exponierten Poſten oder ſeine
Stellung als Sanitätsoffizier aufzu-
geben. Er wählte das letztere und
lebte ſeitdem als unabhängiger
Schriftſteller in München. Seine
nunmehr folgenden Arbeiten bekun-
den eine vorwiegende Neigung zum
[Spaltenumbruch]
Pan
Satiriſchen, und bekannt iſt ja das
Aufſehen, welches ſein Drama „Das
„Liebeskonzil“ in Deutſchland er-
regte. Er wurde deswegen zu ein-
jähriger Gefängnisſtrafe verurteilt,
nach deren Verbüßung er im Herbſt
1896 nach Zürich ging. Seit 1898
lebte er in Paris. Jm Juli 1901
wegen Majeſtätsbeleidigung in Mün-
chen in Unterſuchungshaft genom-
men, ward er mit Rückſicht auf ſei-
nen Geiſteszuſtand in eine Heilanſtalt
gebracht, und im Oktober 1904 er-
folgte ſeine Überweifung an eine
Jrrenanſtalt in München. Seine
philoſophiſchen Anſichten hat P. in
der Schrift „Der Jlluſionismus und
die Rettung der Perſönlichkeit“ (1895
niedergelegt.

S:

Düſtere Lieder
1885. ‒ Londoner Lieder, 1887.
Legendäres und Fabelhaftes (Ge.),
1889. ‒ Dämmerungsſtücke (4 En.),
1890. ‒ Genie und Wahnſinn (Pſy-
chol. Studie), 1891. ‒ Aus dem Tage-
buch eines Hundes (Hum.), 1892.
Die unbefleckte Empfängnis der
Päpſte (Sat., angeblich a. d. Spani-
ſchen überſ.), 1893. ‒ Viſionen (En.),
1893. ‒ Der heilige Staatsanwalt
(Eine moraliſche Kom.), 1894. ‒ Das
Liebeskonzil (Eine Himmels-Tragö-
die), 1894. 3. A. 1897. ‒ Der teutſche
Michel u. der römiſche Papſt, 1894.
Das Haberfeldtreiben im bayeriſchen
Hochgebirge (Sittengeſch. Studie),
1896. ‒ Dialoge im Geiſte Huttens,
1897. ‒ Nero (Trag.), 1898. ‒ Vrenelis
Gärtli (Züricher Begebenheit), 1900.
‒ Pariſiana (Deutſche V. aus Paris),
1901 (wurde in München konſisziert).

*Pannewitz, Emmy von,

wurde
am 23. März 1865 in Goslar als die
Tochter eines Profeſſors am Gym-
naſium geboren, der es verſtand, in
der Tochter das Jntereſſe für die
Geſchichte der Vaterſtadt und damit
des Vaterlandes zu wecken, ſo daß ihr
ſchließlich die „Geſchichte“ das liebſte
„Geſchichtenbuch“ ward. Schon ſeit
der Jugend hat ſie das Leben mit

*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="index" n="1">
        <p><pb facs="#f0226" n="222"/><lb/><cb/><lb/>
<fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Pan</hi></fw><lb/>
na&#x017F;ium ab&#x017F;olvierte und gleichzeitig<lb/>
von der Bewegung für Richard Wag-<lb/>
ner mächtig angezogen wurde. Nach<lb/>
einigen, teils dem Mu&#x017F;ik&#x017F;tudium,<lb/>
teils dem Militärdien&#x017F;t gewidmeten<lb/>
Jahren bezog P. 1876 die Univer&#x017F;i-<lb/>
tät München, &#x017F;tudierte Medizin und<lb/>
erlangte 1880 die Würde eines <hi rendition="#aq">Dr.<lb/>
med.</hi> und &#x017F;eine Be&#x017F;tallung als prak-<lb/>
ti&#x017F;cher Arzt. Er ging dann auf ein<lb/>
halbes Jahr nach Paris, wo er einige<lb/>
Spitäler be&#x017F;uchte, mehr noch aber<lb/>
Theater und Literatur mit Jntere&#x017F;&#x017F;e<lb/>
verfolgte, &#x017F;o daß ihm &#x017F;chon hier die<lb/>
Überzeugung wurde, daß er weniger<lb/>
für eine prakti&#x017F;che Berufstätigkeit als<lb/>
vielmehr für inneres gei&#x017F;tiges Stu-<lb/>
dium ge&#x017F;chaffen &#x017F;ei. Gleichwohl trat<lb/>
er nach &#x017F;einer Rückkehr in die von<lb/><hi rendition="#aq">Dr.</hi> Gudden in München geleitete<lb/>
p&#x017F;ychiatri&#x017F;che An&#x017F;talt ein und wirkte<lb/>
in der&#x017F;elben fa&#x017F;t zwei Jahre als<lb/>
Jrrenarzt. Jm Jahre 1884 verließ<lb/>
er die&#x017F;en Po&#x017F;ten und wandte &#x017F;ich von<lb/>
jetzt ab ganz der Literatur zu. Als<lb/>
Ausdruck einer ausge&#x017F;prochen melan-<lb/>
choli&#x017F;chen Stimmung und beeinflußt<lb/>
teils durch Heine, teils durch Tieck<lb/>
er&#x017F;chienen zuer&#x017F;t &#x017F;eine &#x201E;&#x017F;tere Lie-<lb/>
der&#x201C; (1885). Jm folgenden Jahre<lb/>
ging er nach England, wo er ein Jahr<lb/>
weilte und &#x017F;ich der engli&#x017F;chen Litera-<lb/>
tur widmete. Jm Jahre 1890 &#x017F;chloß<lb/>
er &#x017F;ich der von M. G. Conrad, O.<lb/>
Bierbaum u. a. gegründeten jung-<lb/>
deut&#x017F;chen Bewegung an, die in Mün-<lb/>
chen als &#x201E;Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft für modernes<lb/>
Leben&#x201C; in die Er&#x017F;cheinung trat, und<lb/>
hielt Vorträge u. veröffentlichte Auf-<lb/>
&#x017F;ätze ä&#x017F;theti&#x017F;chen und hi&#x017F;tori&#x017F;chen Jn-<lb/>
halts. Die&#x017F;e Tätigkeit erregte bald das<lb/>
Mißfallen der Behörde, die ihn vor<lb/>
die Wahl &#x017F;tellte, entweder &#x017F;einen lite-<lb/>
rari&#x017F;ch exponierten Po&#x017F;ten oder &#x017F;eine<lb/>
Stellung als Sanitätsoffizier aufzu-<lb/>
geben. Er wählte das letztere und<lb/>
lebte &#x017F;eitdem als unabhängiger<lb/>
Schrift&#x017F;teller in München. Seine<lb/>
nunmehr folgenden Arbeiten bekun-<lb/>
den eine vorwiegende Neigung zum<lb/><cb/><lb/>
<fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Pan</hi></fw><lb/>
Satiri&#x017F;chen, und bekannt i&#x017F;t ja das<lb/>
Auf&#x017F;ehen, welches &#x017F;ein Drama &#x201E;Das<lb/>
&#x201E;Liebeskonzil&#x201C; in Deut&#x017F;chland er-<lb/>
regte. Er wurde deswegen zu ein-<lb/>
jähriger Gefängnis&#x017F;trafe verurteilt,<lb/>
nach deren Verbüßung er im Herb&#x017F;t<lb/>
1896 nach Zürich ging. Seit 1898<lb/>
lebte er in Paris. Jm Juli 1901<lb/>
wegen Maje&#x017F;tätsbeleidigung in Mün-<lb/>
chen in Unter&#x017F;uchungshaft genom-<lb/>
men, ward er mit Rück&#x017F;icht auf &#x017F;ei-<lb/>
nen Gei&#x017F;teszu&#x017F;tand in eine Heilan&#x017F;talt<lb/>
gebracht, und im Oktober 1904 er-<lb/>
folgte &#x017F;eine Überweifung an eine<lb/>
Jrrenan&#x017F;talt in München. Seine<lb/>
philo&#x017F;ophi&#x017F;chen An&#x017F;ichten hat P. in<lb/>
der Schrift &#x201E;Der Jllu&#x017F;ionismus und<lb/>
die Rettung der Per&#x017F;önlichkeit&#x201C; (1895<lb/>
niedergelegt. </p><lb/>
        <div type="bibliography" n="2">
          <head> <hi rendition="#i">S:</hi> </head>
          <p>&#x017F;tere Lieder<lb/>
1885. &#x2012; Londoner Lieder, 1887.<lb/>
Legendäres und Fabelhaftes (Ge.),<lb/>
1889. &#x2012; Dämmerungs&#x017F;tücke (4 En.),<lb/>
1890. &#x2012; Genie und Wahn&#x017F;inn (P&#x017F;y-<lb/>
chol. Studie), 1891. &#x2012; Aus dem Tage-<lb/>
buch eines Hundes (Hum.), 1892.<lb/>
Die unbefleckte Empfängnis der<lb/>
Päp&#x017F;te (Sat., angeblich a. d. Spani-<lb/>
&#x017F;chen über&#x017F;.), 1893. &#x2012; Vi&#x017F;ionen (En.),<lb/>
1893. &#x2012; Der heilige Staatsanwalt<lb/>
(Eine morali&#x017F;che Kom.), 1894. &#x2012; Das<lb/>
Liebeskonzil (Eine Himmels-Tragö-<lb/>
die), 1894. 3. A. 1897. &#x2012; Der teut&#x017F;che<lb/>
Michel u. der römi&#x017F;che Pap&#x017F;t, 1894.<lb/>
Das Haberfeldtreiben im bayeri&#x017F;chen<lb/>
Hochgebirge (Sittenge&#x017F;ch. Studie),<lb/>
1896. &#x2012; Dialoge im Gei&#x017F;te Huttens,<lb/>
1897. &#x2012; Nero (Trag.), 1898. &#x2012; Vrenelis<lb/>
Gärtli (Züricher Begebenheit), 1900.<lb/>
&#x2012; Pari&#x017F;iana (Deut&#x017F;che V. aus Paris),<lb/>
1901 (wurde in München kon&#x017F;isziert).</p><lb/>
        </div>
      </div><lb/>
      <div type="index" n="1">
        <head>*<persName><hi rendition="#b">Pannewitz,</hi> Emmy von,</persName></head>
        <p> wurde<lb/>
am 23. März 1865 in Goslar als die<lb/>
Tochter eines Profe&#x017F;&#x017F;ors am Gym-<lb/>
na&#x017F;ium geboren, der es ver&#x017F;tand, in<lb/>
der Tochter das Jntere&#x017F;&#x017F;e für die<lb/>
Ge&#x017F;chichte der Vater&#x017F;tadt und damit<lb/>
des Vaterlandes zu wecken, &#x017F;o daß ihr<lb/>
&#x017F;chließlich die &#x201E;Ge&#x017F;chichte&#x201C; das lieb&#x017F;te<lb/>
&#x201E;Ge&#x017F;chichtenbuch&#x201C; ward. Schon &#x017F;eit<lb/>
der Jugend hat &#x017F;ie das Leben mit<lb/>
<fw type="sig" place="bottom">*</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0226] Pan Pan naſium abſolvierte und gleichzeitig von der Bewegung für Richard Wag- ner mächtig angezogen wurde. Nach einigen, teils dem Muſikſtudium, teils dem Militärdienſt gewidmeten Jahren bezog P. 1876 die Univerſi- tät München, ſtudierte Medizin und erlangte 1880 die Würde eines Dr. med. und ſeine Beſtallung als prak- tiſcher Arzt. Er ging dann auf ein halbes Jahr nach Paris, wo er einige Spitäler beſuchte, mehr noch aber Theater und Literatur mit Jntereſſe verfolgte, ſo daß ihm ſchon hier die Überzeugung wurde, daß er weniger für eine praktiſche Berufstätigkeit als vielmehr für inneres geiſtiges Stu- dium geſchaffen ſei. Gleichwohl trat er nach ſeiner Rückkehr in die von Dr. Gudden in München geleitete pſychiatriſche Anſtalt ein und wirkte in derſelben faſt zwei Jahre als Jrrenarzt. Jm Jahre 1884 verließ er dieſen Poſten und wandte ſich von jetzt ab ganz der Literatur zu. Als Ausdruck einer ausgeſprochen melan- choliſchen Stimmung und beeinflußt teils durch Heine, teils durch Tieck erſchienen zuerſt ſeine „Düſtere Lie- der“ (1885). Jm folgenden Jahre ging er nach England, wo er ein Jahr weilte und ſich der engliſchen Litera- tur widmete. Jm Jahre 1890 ſchloß er ſich der von M. G. Conrad, O. Bierbaum u. a. gegründeten jung- deutſchen Bewegung an, die in Mün- chen als „Geſellſchaft für modernes Leben“ in die Erſcheinung trat, und hielt Vorträge u. veröffentlichte Auf- ſätze äſthetiſchen und hiſtoriſchen Jn- halts. Dieſe Tätigkeit erregte bald das Mißfallen der Behörde, die ihn vor die Wahl ſtellte, entweder ſeinen lite- rariſch exponierten Poſten oder ſeine Stellung als Sanitätsoffizier aufzu- geben. Er wählte das letztere und lebte ſeitdem als unabhängiger Schriftſteller in München. Seine nunmehr folgenden Arbeiten bekun- den eine vorwiegende Neigung zum Satiriſchen, und bekannt iſt ja das Aufſehen, welches ſein Drama „Das „Liebeskonzil“ in Deutſchland er- regte. Er wurde deswegen zu ein- jähriger Gefängnisſtrafe verurteilt, nach deren Verbüßung er im Herbſt 1896 nach Zürich ging. Seit 1898 lebte er in Paris. Jm Juli 1901 wegen Majeſtätsbeleidigung in Mün- chen in Unterſuchungshaft genom- men, ward er mit Rückſicht auf ſei- nen Geiſteszuſtand in eine Heilanſtalt gebracht, und im Oktober 1904 er- folgte ſeine Überweifung an eine Jrrenanſtalt in München. Seine philoſophiſchen Anſichten hat P. in der Schrift „Der Jlluſionismus und die Rettung der Perſönlichkeit“ (1895 niedergelegt. S: Düſtere Lieder 1885. ‒ Londoner Lieder, 1887. Legendäres und Fabelhaftes (Ge.), 1889. ‒ Dämmerungsſtücke (4 En.), 1890. ‒ Genie und Wahnſinn (Pſy- chol. Studie), 1891. ‒ Aus dem Tage- buch eines Hundes (Hum.), 1892. Die unbefleckte Empfängnis der Päpſte (Sat., angeblich a. d. Spani- ſchen überſ.), 1893. ‒ Viſionen (En.), 1893. ‒ Der heilige Staatsanwalt (Eine moraliſche Kom.), 1894. ‒ Das Liebeskonzil (Eine Himmels-Tragö- die), 1894. 3. A. 1897. ‒ Der teutſche Michel u. der römiſche Papſt, 1894. Das Haberfeldtreiben im bayeriſchen Hochgebirge (Sittengeſch. Studie), 1896. ‒ Dialoge im Geiſte Huttens, 1897. ‒ Nero (Trag.), 1898. ‒ Vrenelis Gärtli (Züricher Begebenheit), 1900. ‒ Pariſiana (Deutſche V. aus Paris), 1901 (wurde in München konſisziert). *Pannewitz, Emmy von, wurde am 23. März 1865 in Goslar als die Tochter eines Profeſſors am Gym- naſium geboren, der es verſtand, in der Tochter das Jntereſſe für die Geſchichte der Vaterſtadt und damit des Vaterlandes zu wecken, ſo daß ihr ſchließlich die „Geſchichte“ das liebſte „Geſchichtenbuch“ ward. Schon ſeit der Jugend hat ſie das Leben mit *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon05_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon05_1913/226
Zitationshilfe: Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 5. 6. Aufl. Leipzig, 1913, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon05_1913/226>, abgerufen am 20.04.2024.